Oststeinbek/Havighorst. Oststeinbek. Schäden in Millionenhöhe richtete das Unwetter an. Keller liefen voll Wasser, die Wassermühle ist einsturzgefährdet.

Martina Camin-Polowski wollte sich gerade an den Kaffeetisch setzen, als das Wasser unter der Eingangstür hindurch über den Holzfußboden im Flur in ihr Wohnzimmer schoss. „Zu fünft haben wir versucht, mit Tüchern und Besen der Lage Herr zu werden. Es war schrecklich. Ich war kurz davor, aufzugeben“, sagt die Oststeinbekerin, die wie viele andere aus dem Ort am Freitagmorgen mit Schrecken auf das Unwetter vom Tag zuvor zurückblickte. Die ganze Gemeinde war schon frühmorgens auf den Beinen, Betroffene legten Keller und Garagen trocken, der Bauhof räumte auch mit auf. Andere hatten gar nicht erst geschlafen.

Martina Camin-Polowski lebt seit 29 Jahren in dem Haus an der Möllner Landstraße 52 und hat immer wieder Probleme mit einem feuchten Keller. „Wir haben vorgesorgt, uns drei Pumpen angeschafft. Doch die haben diese Wassermassen auch nicht geschafft.“ Bauchnabelhoch stand ihr das Wasser, das von der Möllner Landstraße und der Stormarnstraße mit großer Wucht auf ihr Grundstück floss und viel Geröll mitschleppte.

Glücklicherweise versichert

Stunden brauchte Schwiegertochter Dominique Szulereczki nun, allein um den Abwasserschacht zu säubern. Die Schäden im und am Haus kann die Familie noch gar nicht überblicken: „Glücklicherweise haben wir seit vergangenem Jahr eine Elementar-Schaden-Versicherung“, sagt Ehemann Michael Polowski. Allerdings: Seit dem verheerenden Hochwasser am Himmelfahrtstag haben Sohn und Schwiegertochter ihren Plan, auf dem Grundstück der Eltern zu bauen, endgültig begraben.

Nachbar Patrick Hartwig-sen kann das verstehen. Den Inhaber des Einrichtungsgeschäfts und Cafés „Home like living“ an der Möllner Landstraße/Ecke Stormarnstraße hat es bereits zum zweiten Mal innerhalb von nur zwei Jahren hart getroffen. „Wir waren gerade mit der Sanierung fertig, hatten Blumenbeete neu angepflanzt und auf dem Hof drei Kubikmeter Kieselsteine verteilt“, erzählt Hartwigsen. Vergebens. Die Wassermassen haben die Blumen mitgerissen, die Steine müssen ausgetauscht werden.

Kritik an veralteten Entwässerunganlagen

Das Problem: Direkt neben dem Hartwigsen-Grundstück fließt der Forellenbach. Wie schon vor zwei Jahren konnte der die riesigen Regenmengen nicht fassen, der Pegel stieg um zwei Meter an. Der Bach trat über das Ufer und floss direkt in seinen Garten, über den Hof, ins Wohnhaus. Geschätzter Schaden diesmal: 50 000 Euro. Nicht zu vergessen die Zeit, Kraft und Nerven, die der Gartenanlagengestalter in die erneute Sanierung wird stecken müssen.

Dabei hatten die Hartwigsens schon mit einem eigenen Flutschutz vorgesorgt, hatten Schächte gebaut, Pumpen verlegt und eine Mauer um ihr Grundstück errichtet. „Ohne die Maßnahmen wären wir diesmal vollkommen abgesoffen“, ist Hartwigsen sicher und geht mit der Gemeinde hart ins Gericht. „Hätte sie frühzeitiger das Wehr hinter der Feuerwache geöffnet, wäre das Wasser besser abgeflossen.“

Seit Jahren weist der Unternehmer darauf hin, dass die Oberflächenentwässerung der Gemeinde nicht mehr zeitgemäß ist. „Solche dramatischen Unwetter sind keine Jahrhundertereignisse, sondern treten mindestens einmal im Jahr auf.“ Das müsse auch die Politik erkennen und Geld in die Hand nehmen, um den viel zu kleinen Durchfluss unter der Brücke der Stormarnstraße zu vergrößern.

Lob den vielen Einsatzkräften

Welche Maßnahmen zukünftig ergriffen werden sollen, kann Bürgermeister Jürgen Hettwer noch nicht sagen. Dass es aber Klimaanpassungen geben muss, sei sicher. Unterstützung erhielt Hettwer Stunden nach der Wetterkatastrophe von Kreisfeuerwehrchef Gerd Riemann und Landrat Dr. Henning Görtz, die sich ein Bild von der Lage machten.

„Die Einsatzkräfte aus Feuerwehren und THW haben über Grenzen hinaus gearbeitet“, lobte Görtz. Die ganze Nacht hindurch bis Freitagabend waren insgesamt 490 Kräfte abwechselnd im Einsatz und haben Hunderte Keller leer gepumpt – vornehmlich am Südhang und der Mühlenstraße in Oststeinbek, Am Ohlendiek, an der Boberger Straße, Am Turnierplatz und Grüner Bogen in Havighorst.

Einige Anwohner halfen sich selbst. Konrad Goldenbogen schöpfte mit Hausmeister Heiko Meier und Jeremias Wierzchanowski rund 700 Kubikmeter Wasser aus der Tiefgarage des Wohnhauses an der Brückenstraße.

Eine Brücke an der Möllner Landstraße Richtung Glinde musste wegen Unterspülungen gesperrt werden. Am Ohlendiek war ein Trafohäuschen weggeschwemmt, die Bewohner hatten keinen Strom mehr. Elf bleiben deshalb übers Wochenende in einer Flüchtlingsunterkunft, bis der Strom wieder fließt.

Wie groß der Schaden für die Gemeinde ist, steht noch nicht fest. „Allein der Boden in der Walter-Ruckert-Halle wird an die 100 000 Euro kosten“, sagt Hettwer. Der wurde erst vor zwei Jahren nach dem letzten großen Starkregen ausgetauscht. Der Schaden an der 350 Jahre alten Wassermühle ist um einiges höher. Die Chancen aber stehen gut, dass die Eigentümerfamilie Lahtz sie erhalten kann. Erste Gespräche mit einer Baufirma sind geführt. Das Aufräumen und Beseitigen der Schäden auf den Straßen und Wegen wird noch Wochen dauern.