Reinbek/Aumühle/Glinde. Gastwirte geraten in Existenznot. So wollen das Waldhaus Reinbek, Vabali Spa, Il Posto und die Fürst Bismarck Mühle reagieren.
Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie ist seit dem 1. Januar 2024 wieder von sieben auf 19 Prozent gestiegen. Eine Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga Bundesverband) zeigt, dass die Mehrwertsteuererhöhung von 7 auf 19 Prozent auf Speisen schwerwiegende Folgen für die Gastwirte haben wird. Das bestätigt Karl Schlichting, Mitinhaber des Waldhauses Reinbek und Vize des Fachbereichs Hotellerie im Dehoga-Landesverband Hamburg: „Das ist für die gesamte Gastronomie eine extrem schwierige Situation“, erklärt er und mahnt. „Zweifelsohne wird dies dazu führen, dass sich einige Mitbewerber unter diesen Bedingungen vom Markt verabschieden.“
Wegen Corona war die Umsatzsteuer auf Speisen und Getränke am 1. Juli 2020 von 19 auf sieben Prozent gesenkt und anschließend wegen der hohen Inflation niedrig gehalten worden. Das sollte eigentlich noch ein Jahr so bleiben, aber dann brachte das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die Ampelkoalition in Bedrängnis. Es musste eingespart werden, was ging. Das wiederum bringt jetzt viele Gastronomen in Existenznot.
Umsatzsteuer im Restaurant: Hochzeiten und Familienfeiern werden teurer
Hotelier Schlichting erläutert: „Wir werden unsere Gerichte nicht verändern und werden daher unsere Preise anziehen müssen. Deshalb müssen unsere Gäste ab 8. Januar leider höhere Rechnungen bezahlen.“ Bei Firmen- und Tagungskunden spiele dies kaum eine Rolle, aber besonders bei Familienfeiern und Hochzeiten falle dies ins Gewicht.
Karl Schlichting ärgert sich besonders über die Unzuverlässigkeit der Politik: „Ich habe sogar Videos, in denen Bundeskanzler Olaf Scholz verspricht, dass die Mehrwertsteuer nicht erhöht wird“, sagt er enttäuscht. „Damit kann ich als Hanseat überhaupt nicht leben. Wir haben ab 8. Januar ein Hummermenü für 85 Euro im Angebot, das haben wir im November kalkuliert. Die Flyer sind gedruckt, da kann ich nicht plötzlich die Preise erhöhen. Auch die Pauschalen für Hochzeiten und Familienfeiern haben wir bereits angeboten.“ Die Gastronomen blieben auf den Mehrkosten sitzen.
In Nachbarländern zahlt die Gastronomie ermäßigten Mehrwertsteuersatz
„Dabei haben wir gerade eine Corona-Krise überstanden, müssen mit immens gestiegenen Energiekosten und gestiegenen Lohnkosten – wobei das gut und richtig war – arbeiten“, unterstreicht der Inhaber von fünf Hotels. „Hinzu kommt eine heftige Inflationsrate, von der unsere Gäste und alle Verbraucher ebenfalls betroffen sind. Das macht alles keinen Spaß mehr.“ Er erinnert daran, dass die europäischen Nachbarländer üblicherweise für ihre Gastronomie eine ermäßigte Mehrwertsteuer auf Speisen erheben (mit Ausnahme von Dänemark, Estland, Litauen und Malta).
Wie die Gastronomen mit der Erhöhung umgehen werden, hänge aber letztlich von den Betreibenden ab. Einige Gastronomen wollen die höheren Steuern auf den Gast umlegen, während andere weniger Gewinn pro Gericht einkalkulieren. Kritik gibt es auch, weil ein Unterschied zwischen den Speisen im Restaurant und denen zum Mitnehmen gemacht wird. Denn das wird nach wie vor mit sieben Prozent besteuert. Imbisse und Schlachtereien, die Essen zur Abholung anbieten, werden von der Steuererhöhung also verschont.
Restaurant des Vabali Spa nimmt geringere Gewinne in Kauf
Das Vabali Spa in Glinde etwa hat sich anders entschieden. „Wir halten unsere Preise stabil“, sagt Cornelius Riehm, Geschäftsführer des Vabali Spa nicht nur in Glinde, und ergänzt: „Natürlich merken wir die Mehrwertsteuererhöhung empfindlich. Uns ist es aber wichtig, dass unser Preisniveau weiter auf dem ausgeglichenen Niveau bleibt. Unser Angebot ist für alle erschwinglich und der Besuch unserer Wellnessoase kein Luxusprodukt für einige Wenige, so soll es auch bleiben.“
Auf die Frage, wie er die Kosten auffangen will, heißt es aus der Unternehmenskommunikation des Vabali Spa: „Unser gastronomisches Angebot ist ein zusätzliches Angebot, welches den Besuch unserer Wellnessoase abrundet, deshalb nehmen auch Gewinneinbußen in Kauf, um das Preisniveau stabil halten zu können.“
Es geht nicht allein um die Mehrwertsteuer
Mimmo Sahiti, Geschäftsführer des italienischen Restaurants Il Posto in Reinbek, würde das gern genauso handhaben. „Aber mir sind die Hände gebunden“, bedauert er und beschreibt seine Zwickmühle: „Es geht ja nicht allein um die Umsatzsteuer, sondern auch um die Strom- und Energiekosten, denn die Energiepreisbremse fällt doch auch weg. Der Strombedarf in einem Restaurant ist aber mit dem eines normalen Haushalts nicht zu vergleichen.“
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Viele Gäste würden dies nicht bedenken und meinten, die Wirte würden die Steuer nur als Vorwand benutzen, um die Preise zu erhöhen. Sahiti sagt: „Aber im Grunde erwarten uns Kostensteigerungen nicht allein von zwölf Prozentpunkten, sondern von 20 Prozentpunkten.“ Denn auch die Lieferanten hätten wegen der Transportkosten bereits höhere Preise angekündigt. „Ich werde mir das jetzt ein oder zwei Monate anschauen und dann muss ich wohl um fünf bis zehn Prozent erhöhen“, erläutert der Wirt des Il Posto. „Denn zu viel dürfen wir auch nicht verlangen, dann bleiben uns die Gäste weg.“ Dann nehme er lieber Gewinneinbußen in Kauf, als seine Gäste zu verschrecken.
Die Befürchtung: Einige Restaurants werden aufgeben
Kathrin Mallonn, Pächterin der Fürst Bismarck Mühle, hat hingegen sämtliche Preise, auch die der Übernachtungen und der Getränke moderat erhöht. „Ich kann die Preise nicht ins Unermessliche steigern“, sagt sie. Irgendwann gingen die Gäste nicht mehr mit. Außerdem müsse sie auch die anderen Kostensteigerungen irgendwie auffangen. „Die Energiekosten sind noch längst nicht wieder auf ein Normalmaß gefallen.“
Am Einkauf durch neue Lieferanten könne sie nicht sparen. „Denn bei diesen Preisen erwarten die Gäste eine Top-Qualität“, weiß die 54-Jährige, die seit 1986 in der Gastronomie arbeitet und jetzt im zehnten Jahr eigene Hotels mit Restaurantbetrieb führt. „Ob sich das am Ende alles noch so lohnt, müssen Sie mich am Ende des Jahres noch einmal fragen“, erklärt Kathrin Mallonn. „Sicher ist eines: Am Ende werden weniger gastronomische Betriebe übrigbleiben. Das ist alles auf staatliche Entscheidungen zurückzuführen. Irgendwann aber macht das Ganze so keinen Spaß mehr.“ Sie hofft, dass die „Politik noch aufwacht“.