Ahrensburg. Junges Start-up aus Ahrensburg haucht heiligen Gemäuern multimedial frisches Leben ein. Wie der Mix aus Licht und Musik funktioniert.
Endlich! Der kürzeste Tag des Jahres liegt hinter uns. Seit heute werden die Tage wieder länger. Die Sehnsucht nach Licht ist in diesen Tagen allgegenwärtig. An vielen Häusern und noch mehr Fenstern leuchten Lichterketten und Sterne. Sie symbolisieren zugleich die Vorfreude auf das Weihnachtsfest am 24. Dezember. Mit der Geburt Jesu kam nach christlichem Glauben das Licht in die Welt, als Ort der Erlösung und steter Hoffnung auf Frieden. Licht ist aber nicht nur wichtig für die innere und äußere Orientierung. „Licht hat auch eine ganz eigene Ästhetik. Bewusst eingesetzt, verleiht sie Räumen und Dingen eine ganz neue Faszination und Anziehungskraft, ermöglicht gänzlich andere Impressionen und Interpretationen“, sagt Steffen Kahl, Gründer des Start-ups Music and Light Ahrensburg.
Wie spannend und bereichernd es sein kann, Bekanntes buchstäblich in einem anderen Licht zu sehen und zu erleben, haben gerade wieder die Besucher der 9. Ahrensburger Churchnight in der Schlosskirche erfahren. Denn dort lief eine Multimedia-Show, die das altehrwürdige Gotteshaus aus dem 16. Jahrhundert einmal mehr seinem irdischen Dasein entrückt erscheinen ließ.
Jede Show hat eine Länge von etwa 30 Minuten
Für die rund 30 Minuten langen Shows, die während der Churchnight zu jeder vollen Stunde wiederholt werden, war die Schlosskirche mit drei beweglichen Movingheads, acht Strahlern als seitlicher Wandbeleuchtung, zwei Beamern, sowie im Altarraum zusätzlich mit sechs Lightbars und sechs Leuchten ausgestattet worden. Sogar die Beichtstühle waren illuminiert.
Mal hüllen die Scheinwerfer die Kirche in ein besonderes Licht, mal blitzen sie im Takt der Musik. Ergänzt wird das Lichtkonzept der Shows durch sogenanntes Projection Mapping, also die Projektion von Fotos, Videosequenzen und anderer Bewegtbildmedien auf geeignete Flächen, sowie zwei Nebelmaschinen.
Jedes Teammitglied bringt spezielles Know-how ein
„Die verschiedenen Lichteffekte untermalen, illustrieren und verstärken die Musik, die ein weiteres wesentliches Element unseres Konzepts ist“, erklärt Kahl. So sorgt der Klassiker „Carol of the Bells“ gleich für einen fulminanten Auftakt. In der Folge setzen Stücke wie „Mary, did you know?“ von Pentatonix, ein Remix von „God Rest Ye Merry, Gentlemen“ und eine epische Version von „We Wish You a Merry Christmas“ für weitere Kontrastpunkte zu üblicher Weihnachtsmusik.
„Es geht uns eben nicht darum, vielfach Gesehenes und Gehörtes zu reproduzieren, sondern eigene Akzente zu setzen. Besucher sollen einen ihnen vielleicht altbekannten Raum mit anderen Augen sehen und so neu entdecken“, sagt Bennet Martins, einer von inzwischen sieben Mitstreitern des Start-ups. Jeder Einzelne bringe dabei sein spezielles Know-how ein, etwa als Tontechniker, Programmierer oder Komponist.
Drei Rechner führen Licht, Musik und Nebel zusammen
Wie Valentin Muchow. Für die Churchnights hat das mediale Multitalent, der auf professionelle Erfahrungen als Musik- und Film-Produzent zurückgreifen kann, eigene Stücke komponiert. Das Rohmaterial dafür hat er unter anderem an der Orgel der Schlosskirche selbst eingespielt.
Die Shows werden schon Wochen im Voraus akribisch geplant. Von der Schlosskirche haben sich die Mitglieder dafür maßstabsgetreue Grundrisse besorgt. Liegen solche nicht vor, werden die zu bespielenden Locations zuvor mittels Lasertechnik exakt ausgemessen. Drei Rechner fügen schließlich Licht, Ton, Projektionen und Nebel zu einem ganz eigenen, visuellen und akustischen Erlebnis zusammen.
Benefizaktion der Landwirte mit Spenden unterstützt
„Die Rückmeldungen seitens der Besucher sind eigentlich durchweg positiv“, sagt Martins. Besonders stark sei der Zuspruch am 9. Dezember gewesen. Jenem Tag, als der Trecker-Konvoi der Benefizaktion „Wir bringen euch zum Strahlen“ zugunsten krebskranker Kinder auch durch die größte Stadt Stormarns führte und für die das Start-up ebenfalls Spenden gesammelt hatte.
„Weil wir die Schlosskirche auch von außen illuminiert hatten, hat der Konvoi sogar kurz bei uns gestoppt“, berichtet Martins. Anschließend seien auch viele Schaulustige, die zuvor die Straßen an der Route gesäumt hatten, in die Kirche gekommen, um in die ungewohnte Atmosphäre in dem Gotteshaus einzutauchen.
Interaktives Theaterstück im Halloween-Haus
Nicht minder spektakulär geht es im Halloween-Haus Schmalenbeck zu. Seit einigen Jahren bespielt das Start-up zum Reformationstag das Haus der Großmutter von Valentin Muchow. Zaun und Gebüsch verschwinden dann hinter dichten Spinnweben, zwischen denen sich monströse Ungeheuer und anderes Getier tummeln.
In diesem Jahr stand das Projekt unter dem Motto „Hexe Liliths Prophezeiung“ und wurde gewissermaßen als interaktives Theaterstück zelebriert. Dabei werden die Gäste durch einen Parcours mit mehreren Räumen dirigiert, in denen sie programmierten Figuren, aber auch kostümierten und geschminkten Darstellern begegnen.
Inspiration durch große Freizeitparks
„Das Setting wird von Jahr zu Jahr komplexer“, sagt Muchow. Immer neue Ideen würden einfließen und von den Mitgliedern des Start-ups, die zumeist auch große Fans der heimischen Freizeitparks vom Hansa- bis zum Heidepark sind, sowie weiteren Unterstützern mit beträchtlichem technischem Aufwand und äußerst detailverliebt in Szene gesetzt.
Inzwischen hat das Start-up seit August 2017 mehr als 35 Veranstaltungen mit fast 3000 Besuchern entweder selbst organisiert oder aber unterstützt. Dazu zählen neben den Galas der evangelischen Jugend in anderen Kirchen wie der Auferstehungskirche in Großhansdorf und der St. Johanneskirche in Ahrensburg, Hochzeiten, IT-Conventions und private Feiern.
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„Wir verfügen jetzt über ein beträchtliches technisches Equipment, sodass wir nur noch selten etwas zusätzlich anmieten müssen“, sagt Steffen Kahl. Neben 69, zumeist energiesparenden LED-Strahlern sind das mehrere Beamer, Boxen, Mikrofone und Mischpulte. „Ausbauen wollen wir noch die Lichttechnik für den Einsatz außerhalb von Gebäuden“, wirft der Chef des Ahrensburger Start-ups einen Blick voraus.
Ob das Team irgendwann komplett in die Veranstaltungsbranche einsteigt, sei derweil noch nicht ausgemacht. „Davon leben könnte momentan keiner von uns“, sagt Kahl. Sie seien Medienberater, Werbefilmer, Software- und Webentwickler, ITler, Studenten und Azubis, die zum Teil noch ganz am Anfang ihres Berufswegs stünden. „Noch sind die Multimediashows für uns ein schönes Hobby, mit dem wir vielen Menschen eine Freude bereiten wollen“, sagt Steffen Kahl. Ob sich daraus über kurz oder lang eine professionelle Perspektive ergebe, werde sich in den kommenden Jahren zeigen.