Jersbek. Hans Reimann hat an der Romanvorlage des bekannten Films entscheidend mitgewirkt – im Verborgenen. Das hatte Gründe.

Es ist wohl eine der bekanntesten feuchtfröhlichen Zusammenkünfte der Filmgeschichte: Vier ältere Herren erinnern sich bei einer dampfenden Feuerzangenbowle an die Streiche ihrer Schulzeit: Pünktlich zur Weihnachtszeit wird der Kultfilm von 1944, der genauso heißt wie der rotweinhaltige Punsch, wieder über unzählige Fernsehbildschirme flackern.

Der Klassiker basiert auf der gleichnamigen Romanvorlage von 1933. Was kaum jemand weiß: Ein Großhansdorfer hatte bei der Entstehung der Feuerzangenbowle entscheidend seine Finger im Spiel. Hans Reimann war Co-Autor des Rechtsanwalts Heinrich Spoerl, der meist als alleiniger Verfasser des Romans aufgeführt wird. Dass Reimann, der seine letzten 18 Lebensjahre in Großhansdorf verbrachte und auch dort begraben ist, kaum namentlich genannt wird, hat Gründe.

Der Großhansdorfer Hans Reimann schrieb die Romanvorlage der Feuerzangenbowle

1889 in Leipzig geboren, absolvierte Hans Reimann nach seinem Abitur eine Ausbildung zum Grafiker und studierte anschließend Philosophie und Kunstgeschichte in München. In den folgenden Jahren machte er sich einen Namen als Autor, Kabarettist, Parodist und Drehbuchautor. Reimann gründete mehrere Zeitschriften, versuchte sich als Schauspieler, schrieb Drehbücher. Die Liste seiner Veröffentlichungen umfasst rund 100 Titel verschiedener Genres.

Von Großhansdorf aus gab Hans Reimann seine Zeitschrift in Buchform
Von Großhansdorf aus gab Hans Reimann seine Zeitschrift in Buchform "Literazzia" heraus, in der er neue Bücher besprach. © Bettina Albrod | Bettina Albrod

Vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war Reimann in der literarischen Szene Deutschlands unterwegs, verkehrte etwa mit Joachim Ringelnatz, Kurt Tucholsky und Erich Kästner. Doch mit der Machtübernahme der Nazis wurde das Leben als Literat für Reimann zunehmend schwerer. 1931 entwickelte er gemeinsam mit Heinrich Spoerl, den er aus früherer Zusammenarbeit kannte, die Idee für den Roman „Die Feuerzangenbowle“.

Für seine Recherche hat der Autor selbst noch einmal die Schulbank gedrückt

In seiner Autobiografie schreibt Reimann, dass der Entwurf der Geschichte rund einen Monat dauerte. Für die Recherche hat er in einem Gymnasium in Neusalz in Niederschlesien selbst noch einmal die Schulbank gedrückt. Danach hat er den Roman innerhalb von drei Wochen zu Papier gebracht.

Dass er als Mitautor des Textes heute kaum bekannt ist, ist seinem angespannten Verhältnis zu den Nationalsozialisten geschuldet. Der Parodist hatte angekündigt, Adolf Hitler unter dem Titel „Mein Krampf“ zu parodieren. Nachdem er deshalb von den Nazis bedroht worden war, verwarf er zwar sein Vorhaben, hatte aber seitdem unter den Nationalsozialisten kaum noch Chance auf Veröffentlichungen.

Seit der Machtübernahme der Nationalsozialisten hatte Reimann es als Autor schwer

Hätte sein Name neben dem von Heinrich Spoerl gestanden, so seine Befürchtung, hätte auch die „Feuerzangenbowle“ kaum Aussicht auf Erfolg gehabt. Deshalb verzichtete Hans Reimann bewusst auf seine Autorenschaft und überließ Ruhm und Prestige seinem Kollegen.

Präsentieren das neue Jahrbuch des Heimatbundes Stormarn (v. l.): Volker Holm (Vorstand), Oliver Mesch (Vorsitzender), Chefredakteur Burkhard von Hennigs, Verleger Richard Krumm und Ilse Drews (stellvertretende Vorsitzende). 
Präsentieren das neue Jahrbuch des Heimatbundes Stormarn (v. l.): Volker Holm (Vorstand), Oliver Mesch (Vorsitzender), Chefredakteur Burkhard von Hennigs, Verleger Richard Krumm und Ilse Drews (stellvertretende Vorsitzende).  © Juliane Minow | Juliane Minow

Nachdem 17 Verlage das Manuskript abgelehnt hatten, erschien die Geschichte schließlich als Fortsetzungsroman in einer Zeitung, bevor der Droste-Verlag es 1933 als Buch veröffentlichte. Im selben Jahr verfasste Reimann auch das Drehbuch für die Verfilmung „So ein Flegel“ von 1934. Heinrich Spoerl schrieb das Drehbuch für den Film von 1944, der bis heute die bekannteste Adaption des Stoffes ist.

Obwohl er auf den Ruhm verzichten musste, ging Reimann finanziell nicht leer aus

Obwohl Reimann die Lorbeeren für seine Arbeit nicht einheimsen konnte – finanziell ging er keineswegs leer aus, hatten Spoerl und er sich doch die Gewinne geteilt. 1959 erkannte der Bundesgerichtshof die gemeinsame Autorenschaft an. 2010 kam es zu einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Hamburg: Die Nachlassverwaltung Hans Reimann hatte gegen den Droste-Verlag geklagt. Im Nachwort einer Jubiläumsausgabe hat der Verlag Spoerl als alleinigen Autor genannt. Die Nachlassverwaltung verlor den Prozess mit der Begründung, dass juristisch der ursprüngliche Verlagsvertrag zählt, in dem Reimann nicht auftaucht.

Hans Reimann war im Laufe seines Lebens dreimal verheiratet. Aus seiner ersten Ehe gingen zwei Söhne hervor. Sein Enkel Andreas Reimann ist Lyriker und lebt heute in Berlin. Mit seiner letzten Frau, der Schauspielerin Wilma Bekendorf, lebte er von 1951 bis zu seinem Tod im Großhansdorfer Ortsteil Schmalenbeck. Von dort aus gab er zwischen 1952 und 1969 jährlich die Schrift „Literazzia“ heraus, in der er literarische Neuerscheinungen vorstellte. 1959 erschien seine Autobiografie unter dem Titel „Mein blaues Wunder“. Hans Reimann starb am 13. Juni 1969.

Hans Reimann mit seiner dritten Frau Wilma Bekendorf.
Hans Reimann mit seiner dritten Frau Wilma Bekendorf. © Nachlassverwaltung Harald Dzubilla | Nachlassverwaltung Harald Dzubilla

Das Jahrbuch des Heimatbundes Stormarn ist ab sofort erhältlich

Die Geschichte von Hans Reimann ist nachzulesen als einer von 25 spannenden Beiträgen im Jahrbuch 2024 des Heimatbundes Stormarn. Bereits zum 42. Mal erscheint das Werk. Jahrbuchredakteur Burkhard von Hennigs, Verleger Richard Krumm und der Vorsitzende des Heimatbundes, Oliver Mesch, sind stolz. „Das Jahrbuch zeigt die Vielseitigkeit des Lebens in Stormarn und vereint die Bereiche Geschichte, Sprache, Kultur und Natur“, so Mesch.

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Die Aufsätze der 19 Autorinnen und Autoren handeln von neuen Überlegungen zur Gründung des Reinbeker Klosters, einem mittelalterlichen Schatzfund bei der Burg Stegen, dem Naturschutzgebiet Wittmoor, der Gründung des Kreises Stormarn nach dem Zweiten Weltkrieg, einem Großhansdorfer Ein-Mann-Verlag, Weinanbau in Stormarn und vielem mehr. Für 15 Euro ist das 207 Seiten starke Werk ab sofort in Stormarner Buchhandlungen erhältlich.