Bargteheide. CDU und die Wählergemeinschaft WfB verweigern geplantem Budget die Zustimmung. Wen sie stattdessen in der Verantwortung sehen.
Bis zum Jahr 2035 will Bargteheide klimaneutral werden. Um das ehrgeizige Ziel zu erreichen, bedarf es nicht zuletzt einer konsequenten Mobilitätswende. Forciert werden soll sie unter anderem mit dem Ausbau von E-Ladesäulen. Doch welche Rolle dabei der Stadt zukommt, darüber herrscht in der Kommunalpolitik alles andere als Konsens. „Der Betrieb von Tankstellen jeglicher Art gehört nicht zu den Pflichtaufgaben der Kommunen“, sagt Gerhard Artinger, Vorsitzender der Wählergemeinschaft WfB. Er sieht hier vor allem den Netzbetreiber, Stromanbieter und auch die Stadtwerke Bargteheide in der Pflicht.
Bislang gibt es Ladesäulen an neun Standorten
Bereits im Jahr 2017 hatte sich der Arbeitskreis Mobilität der Stadtvertretung eingehend mit dem Thema befasst. Seinerzeit wurden schnelle, mittlere sowie langsame Ladesäulen in Betracht gezogen und die Bedarfe für das Stadtgebiet Bargteheides untersucht. Im Ergebnis sind dann tatsächlich einige Normallader (22 Kilowatt) im Zentrum installiert worden.
Heute gibt es laut einer aktuellen Fortschreibung des damals entstandenen Konzepts an insgesamt neun Standorten öffentliche Ladestationen. Gleich drei Säulen entstanden jüngst im Zusammenhang mit dem Bau der neuen Famila-Filiale am Redder. Vier betreibt die Stadt selbst oder in Kooperation mit den Vereinigten Stadtwerken Ratzeburg. Ein Großteil der Ladesäulen befindet sich im Zentrum, allein drei im näheren Umfeld der Rathausstraße und des Stadtparks.
Stadt hat 358 E-Autos und Plug-in-Hybride
Nach Zahlen der Zulassungsbehörde des Kreises Stormarn waren Ende des Vorjahres in Bargteheide 192 reine E-Fahrzeuge und 166 Plug-in-Hybride gemeldet, also ohne das Umland insgesamt 358. Womit rechnerisch 21 reine E-Autos auf jeden öffentlichen Standort entfielen.
„Ein flächendeckender Ausbau von Ladeinfrastruktur in Bargteheide ist trotzdem nur bedingt nötig“, sagt Bargteheides Klimaschutzmanagerin Yasmin Eger. Zum einen, weil inzwischen viele Privathaushalte über eigene Wallboxen zum Laden ihrer E-Autos verfügten. Zum anderen, weil im Zentrum rund um die Rathausstraße der motorisierte Individualverkehr möglichst reduziert, statt angekurbelt werden soll.
Mehrfamilienhäuser und P+R-Plätze im Fokus
„Eine bedarfsgerechte Ladeinfrastruktur bedeutet nicht automatisch eine flächendeckende Ladeinfrastruktur“, erläutert Eger. Ladesäulen auf öffentlichen Flächen sollen nämlich nicht den Gesamtbedarf decken können, sondern lediglich Lücken zu privaten Ladepunkte schließen.
In diesem Sinne müssten Ladepunkte keineswegs räumlich mehr oder weniger gleich verteilt sein, sondern vor allem dort geschaffen werden, wo nachweislich Bedarf besteht. In diesem Sinne liege der Fokus beim Ausbau weiterer Ladesäulen eher auf Nutzern, die über keinen eigenen Stellplatz mit Lademöglichkeit verfügen, etwa die Bewohner von Mehrfamilienhäusern, und den P+R-Plätzen der Stadt.
Ladepunkte an Laternen erweisen sich als Sackgasse
„Betrachtet worden ist auch die Möglichkeit von Ladesäulen an Laternen“, berichtet Eger. Diese Option hat sich unterdessen aus mehreren Gründen als Sackgasse erwiesen. Mit einer Ladeleistung von nur 3,7 Kilowatt würde ein Ladevorgang mehrere Stunden dauern. Außerdem müssten die Laternen direkt an Parkplätze grenzen, um nicht zur Stolperfalle zu werden und den Verkehr zu behindern.
Nach Aussage der Schleswig-Holstein Netz AG ist das Laden über Straßenlaternen in Bargteheide aber technisch ohnehin „so gut wie nicht möglich“. Grund hierfür sind die niedrige Spannung sowie die generelle Ausstattung der städtischen Laternen. „Nach Besichtigung einzelner Quartiere und Straßen in Bargteheide ist die Stadtverwaltung zudem zu dem Schluss gekommen, dass es auch aus Sicht der Verkehrssicherungspflicht faktisch keine geeigneten Stellen gibt für das Laden an Laternen“, so Eger.
Erstellungskosten pro Ladesäule liegen bei 15.000 Euro
Denkbar seien unterdessen Teilfinanzierungen in Kooperation mit Partnern. „Zum Beispiel mit Wohnungsbaugesellschaften, die ab 2025 gesetzlich verpflichtet sind, E-Ladesäulen bei ihren Projekten vorzusehen. Hier wäre ein gewisser finanzieller Spielraum für die Stadtverwaltung schon sinnvoll und wünschenswert“, argumentiert die Klimaschutzmanagerin.
Dafür aber 40.000 Euro in den Haushalt des kommenden Jahres einzustellen, lehnten CDU und WfB ab. „Angesichts des drohenden Defizits von drei Millionen Euro halten wir ein finanzielles Engagement der Stadt an dieser Stelle für nicht notwendig“, erklärte WfB-Chef Gerhard Artinger. Mit Blick auf die Erstellungskosten von rund 15.000 Euro pro Ladesäule hätten private Betreiber wohl bessere Möglichkeiten, die zahlreichen Fördermaßnahmen von Bund und Land zu nutzen.
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Die SPD hatte zumindest auf die finanzielle Unterstützung wenigstens eines Ladestandorts durch die Stadt gehofft, etwa in der Nähe der TSV-Sportzentrums am Volkspark. Dass die Stadtwerke Bargteheide bei dem Thema aktiv werden könnten, hielten die Genossen wegen unzureichender Personalkapazitäten hingegen derzeit für kaum realistisch.
Tom Mac Arthur von den Grünen sah in der Fortschreibung des Konzepts immerhin „ein Signal an Investoren“, sich in Bargteheide für den Ausbau von E-Ladesäulen zu engagieren. „Er ist ein wichtiges Element für die notwendige Mobilitätswende, ohne die eine Klimaneutralität bis 2035 nicht gelingen kann“, so der Initiator von Bargteheide Zero.