Bargteheide. Warum das Projekt der Volksbank Raiffeisenbank in Bargteheide ein architektonischer Leuchtturm ist und neue Maßstäbe setzt.
Der Entwurf ist kühn, attraktiv und zukunftsträchtig. Was die Volksbank Raiffeisenbank (VR) da am östlichen Ortseingang von Bargteheide plant, dürfte nach seiner Fertigstellung so ziemlich jeden Funktionsbau der Stadt in den Schatten stellen. Dass Aufsichtsrat Jan Bustorff die reichlich überstrapazierte Vokabel „Leuchtturmprojekt“ bemühte, ist im konkreten Fall keineswegs eine heute weithin übliche Übertreibung, sondern durchaus berechtigt. Umso mehr, als es sich hier um ein Verwaltungsgebäude handelt, von denen man architektonisch bislang nicht allzu viel erwartet hat. Das wird sich mit dem VR-Bau auf dem Famila-Areal ändern.
Wie alle Geldhäuser, so registriert auch die VR-Bank eine signifikante Veränderung der Kundenströme. Die Nachfrage nach Dienstleistungen in den Filialen nimmt rasant ab, immer mehr Aktivitäten verlagert sich ins Online-Geschäft. So sind im vergangenen Jahr 65 Prozent aller Wertpapierorder digital getätigt worden. Wer aber doch mal Bargeld braucht, findet zumeist rasch einen Automaten am Wegesrand.
Bereits sieben Filialen in Holstein geschlossen
„Wir können uns dieser Entwicklung nicht entziehen, zumal der Kostendruck durch das andauernde Niedrigzinsumfeld noch zugenommen hat“, sagt Vorstand Stefan Lohmeier. So hat die VR-Bank während der Corona-Pandemie allein fünf Filialen im Kreis Segeberg und weitere zwei Standorte im Kreis Pinneberg aufgegeben. Wie bereits berichtet, wird Ende Juni zudem jene in Glinde endgültig geschlossen.
„Wir werden unsere Geschäftsaktivitäten künftig auf bestimmte Standorte in den einzelnen Regionen im Umfeld von Hamburg konzentrieren und dort Personal und Kompetenzen bündeln“, so Lohmeier. Einer davon sei Bargteheide, wo die VR-Bank bereits seit 110 Jahren verwurzelt ist. „Dass sie gerade hier ihren imposanten Neubau plant, ist ein klares Bekenntnis zu Bargteheide, über das ich mich sehr freue“, so Bürgermeisterin Gabriele Hettwer.
Beste Anbindung durch Bahnhof und Autobahnen
Die Stadt mitten im Kreis Stormarn ist strategisch ideal gelegen und durch den Bahnhof sowie die Autobahnen 1 und 21 bestens angebunden. Andererseits genügen die räumlichen Gegebenheiten den modernen Anforderungen aber längst nicht mehr, da die Filiale und das Immobilienzentrum durch die Bahnhofstraße getrennt sind.
„Wenn wir aber schon neu bauen, dann so klimabewusst, ökologisch, nachhaltig und flexibel wie möglich. Und natürlich dort, wo die Menschen sind“, erklärt Lohmeier. Deshalb sei der Standort auf dem Famila-Gelände an der Landesstraße 89 in doppelter Hinsicht perfekt. Denn dort entwickelt das Unternehmen Bartels-Langness (Bela) ein neues Nahversorgungszentrum mit einer modernen Famila-Filiale, zwei Fachmärkten (Jysk, Futterhaus) und einer Tankstelle.
Coup durch Grundstückstausch mit Bela
Geglückt ist der Coup durch einen Grundstückstausch. Im Gegenzug für das 6000 Quadratmeter große Areal am Redder hat die VR-Bank Bela eine Liegenschaft am Hammoorer Weg überlassen, unweit der Backring-Nord-Niederlassung, die ebenfalls zur Unternehmensgruppe Bartels-Langness gehört.
Auf dem Famila-Areal dürfte der vierstöckige VR-Bau im Vergleich zu den üblichen Zweckbauten von Bela wie ein Palast wirken. Was man ihm aber kaum ansehen wird: Die tragende Konstruktion ist ein Holzständergerüst, verkleidet mit speziellen LP-Platten. Die begrünte Außenfassade besticht zudem durch eine umlaufende Terrassenlandschaft – jedes Büro hat praktisch einen eigenen Balkon, der zugleich als Sonnenschutz fungiert.
Gesamte Gebäude wäre bei Abriss recycelbar
„Sollte das Gebäude dereinst aus irgendeinem Grund aber doch mal abgerissen werden müssen, so wären alle eingesetzten Baustoffe komplett recycelbar“, berichtet Aufsichtsrat Jan Bustorff stolz. „Smart in der Wahrnehmung“ verkörpere der Komplex somit zugleich zukunftsweisende „innere Werte“, die prägend für innovative Verwaltungsbauten sind.
„Mit unserem Entwurf wollten wir Räume mit einer hohen Aufenthaltsqualität schaffen, die ein echtes New-Work-Feeling vermitteln“, sagt Architekt Guido Roth, der die Hamburger Niederlassung des dänischen Architekturbüros Adept Kopenhagen, leitet. Co-Working-Flächen und Veranstaltungsräume sollen mehr Kommunikation, gemeinsames Arbeiten und Austausch ermöglichen.
Grüne Oase mit Fahrradparkhaus samt Duschen
Wachsen wird das Gebäude in einer grünen Oase mit Bäumen und Büschen, Biotopbereichen und einer solitären Fahrradgarage samt Duschen für die klimaschonenden Radler. Angedacht sind zudem zusätzliche Leihräder für eine rasche Verbindung zum nahen Bahnhof Bargteheide. Ob es eine Tiefgarage geben wird, die die Kosten des Projekts deutlich erhöhen würde, ist noch nicht abschließend entschieden.
Adept hatte sich in einem extra ausgeschriebenen Architektur-Wettbewerb durchgesetzt, an dem sich sieben Büros beteiligt hatten. „Der Siegerentwurf überzeugt durch seine Eleganz, seine architektonische Qualität, der Ausgewogenheit der gestalterischen Maßnahmen im Inneren und Äußeren, seiner Funktionalität und Wirtschaftlichkeit und ist für mich ein Quantensprung“, befand der Juryvorsitzende Matthias Reese.
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Von den 3300 Quadratmetern nutzbarer Fläche will die VR-Bank unterdessen nur rund ein Drittel für ihre etwa 80 Mitarbeiter nutzen. Umgesetzt werden sollen moderne und flexible Formen der Arbeitsorganisation, etwa shared desks, also geteilte Arbeitsplätze, in Ergänzung zum Homeoffice. Die anderen zwei Drittel der Räume werden vermietet beziehungsweise als Co-Working-Flächen genutzt.
Der Baustart kann erst nach dem Abriss der alten Famila-Filiale erfolgen. Laut Aufsichtsrat Bustorff ist mit der Fertigstellung des VR-Gebäudes frühestens Ende 2026 zu rechnen. Dann wird die VR-Bank sowohl seinen Verwaltungssitz in Bad Oldesloe, als auch seine Bestandsgebäude in Bargteheide aufgeben.