Weil Rathausmitarbeiter Sperrvermerk übersah, wurde 250.000 Euro teurer Bau umgesetzt. Stadtvertreter unterschiedlicher Meinung.

Fehler sind menschlich, und sie passieren: Dieser Meinung sind auch die Glinder Kommunalpolitiker. Mit großer Mehrheit haben die Stadtvertreter deshalb in ihrer jüngsten Sitzung den Sperrvermerk zur Errichtung einer 300.000 Euro teuren Weitsprunganlage am Schulzentrum aufgehoben. CDU, SPD und FDP stimmten für die nachträgliche Freigabe der Summe. Einzig die Grünen waren dagegen.

Auf dem eingezäunten Sportplatz am Oher Weg entsteht derzeit eine Weitsprunganlage. Die Bauarbeiten sollen bald abgeschlossen werden. Wegen eines Fehlers im Rathaus wurde das Projekt bereits ausgeschrieben und umgesetzt, obwohl es auf Wunsch der Stadtvertretung mit einem sogenannten Sperrvermerk versehen war.

Die bestehende Anlage war immer wieder Ziel von Vandalismus

Beschlossen worden war die Maßnahme im Herbst 2022, weil die bestehende, nicht eingezäunte Anlage immer wieder Ziel von Vandalismus gewesen war. Wegen Glasscherben und weiteren Beschädigungen war sie gesperrt worden und stand Schülern und Sportlern nicht mehr zur Verfügung. Herrscht in der Politik doch grundsätzlich Konsens über die Notwendigkeit des Neubaus, erschien ihr 300.000 Euro doch viel Geld.

In der gemeinsamen Sitzung von Hauptausschuss und Finanzausschuss im November 2022 wurde die Baumaßnahme deshalb einstimmig mit dem Sperrvermerk versehen. Die Verwaltung wurde beauftragt, zunächst die hohen Kosten zu erläutern. Das ist allerdings nie passiert. Entsprechend wurde auch der Sperrvermerk nicht aufgehoben.

War die hohe Arbeitsbelastung schuld an dem Fehler?

Unter anderem wegen der hohen Auslastung im Sachgebiet Gebäude- und Liegenschaftsmanagement sei der Sperrvermerk laut Stadtverwaltung übersehen worden. Aufgefallen ist der Fehler erst im September dieses Jahres, als die Bauarbeiten schon im vollen Gange waren. Dass die Stadtverwaltung über eine nachträgliche Aufhebung abstimmen lassen wollte, sorgte bei Grünen-Fraktionschef Lüder Lückel für Unmut. Er wandte sich im Vorfeld der Sitzung in einem Schreiben an Bürgermeister Rainhard Zug, forderte eine Prüfung des Falls durch die Kommunalaufsicht.

„Wir haben einen gravierenden Fehler gemacht, da gibt es nichts zu beschönigen“, sagte Zug bei der Stadtvertretersitzung. „Wir stehen dazu und bitten aufrichtig um Entschuldigung.“ Er könne verstehen, so der Bürgermeister weiter, dass Verärgerung herrsche, und bat die Politik dennoch um Aufhebung des Sperrvermerks. Man wolle daran arbeiten, dass solche Fehler sich nicht wiederholen.

Lüder Lückel: „Nicht einfach nur ein Fehler, sondern Verstoß gegen ein Rechtsgut“

„Ja, Fehler passieren“, sagte Lüder Lückel. „Allerdings handelt es sich hier nicht einfach um einen Fehler, sondern um den Verstoß gegen ein Rechtsgut.“ Ein Sperrvermerk sei ein klares Verbot. Die Stellungnahme der Kommunalaufsicht zu der Sache stehe noch aus. Er halte es rechtlich für bedenklich, der nachträglichen Aufhebung zuzustimmen. „Der Fehler ist passiert, und er kann auch durch die nachträgliche Aufhebung des Sperrvermerks nicht rückgängig gemacht werden“, sagte dazu der Bürgermeister. Die Prüfung durch die Kommunalaufsicht werde nicht gestoppt.

Versöhnlich äußerte sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach: „Die Maßnahme ist sinnvoll.“ Es solle nicht darum gehen, jemanden zu bestrafen, sondern dafür zu sorgen, dass ein vergleichbarer Fehler in Zukunft nicht wieder passiere. Lauterbach: „Das hat der Bürgermeister plausibel dargelegt.“

Martina von Bargen (Grüne): „Fehler ist Symptom von Missmanagement im Personal“

Anders sah es Martina von Bargen (Grüne): „Was passiert ist, ist nur ein Symptom von einem Missmanagement im Personal.“ Es sei in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen, dass Beschlüsse wegen Personalmangel nicht ausgeführt worden seien. „Es gibt Unzufriedenheit bei den Bürgern und Unzufriedenheit in der Stadtverwaltung, das ist auch bekannt.“

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Erik Wulf aus dem Gebäude- und Liegenschaftsmanagement der Stadt Glinde erläuterte den Stadtvertretern die Kosten für die Weitsprunganlage. Die Summe sei im Juli 2022 auf 274.204,56 Euro geschätzt worden. Im Haushalt wurden 300.000 Euro eingestellt. Drei Angebote seien eingeholt worden. Das günstigste lag bei 266.826,52 Euro, der entsprechende Auftrag wurde am 20. April 2023 vergeben. Im August habe sich nachträglich einen Rückgang um 16.751,63 Euro ergeben, sodass die Kosten nunmehr bei 250.074,89 Euro liegen.

FDP und CDU sprechen sich für die Aufhebung des Sperrvermerks aus

„Das Projekt an sich ist unkritisch“, sagte Stadtvertreter Stefan Gebenus (FDP), der sich ebenso wie die CDU für die Aufhebung des Sperrvermerks aussprach. Das missfiel dem Grünen-Fraktionsvorsitzenden. „Es geht nicht um die Sache an sich, sondern um die Verletzung des Rechtsguts“, so Lückel. Das sei keine Bagatelle. „Als politisches Gremium müssen wir das thematisieren und der Bevölkerung zeigen, dass wir uns an Recht und Gesetz gebunden fühlen.“

Die Kritik, die Sache nicht ernst genug zu nehmen, wies Martin Radtke (CDU) zurück. „Ich habe weder von der FDP noch von der CDU gehört, dass wir das einfach durchrutschen lassen wollen. Der Vorfall wird durch die Aufhebung des Sperrvermerks ja nicht ungeschehen gemacht.“