Ahrensburg. Das Unternehmen Bus 75 bietet betreute Ausflüge auch für Rollstuhlfahrer. Warum das Konzept für den Sozialverband einmalig ist.

Ahrensburg. Ein Tagesausflug an die Ostsee nach Grömitz, eine Führung durch die Elbphilharmonie in Hamburg, eine Kurzreise zur Heideblüte: Solche Erlebnisse bietet das Ahrensburger Unternehmen „Bus 75 – Barrierefrei Reisen“ auch für Menschen mit Handicap und Rollstuhlfahrer. Für diese Vorreiterrolle hat der schleswig-holsteinische Landesverband vom Sozialverband Deutschland (SoVD) jetzt seinen Inklusionspreis vergeben. „Das Angebot von Bus 75 ist bundesweit einmalig“, sagte der Landesvorsitzende Alfred Bornhalm bei der Übergabe der Auszeichnung an den Familienbetrieb.

Für den Sozialverband hat die Ahrensburger Firma eine Vorbildfunktion mit ihrem Angebot an barrierefreien Busreisen. „Insbesondere Menschen mit schweren körperlichen Erkrankungen können von den Angeboten profitieren“, sagte Bornhalm. So beschäftige Bus 75 zum Beispiel eigene Pflegefachkräfte, die eine Busreise für bestimmte Personengruppen überhaupt erst möglich machten.

Barrierefreie Busreisen: Inklusionspreis geht nach Ahrensburg

„Endlich können auch Menschen bei Busreisen dabei sein, die bei anderen Unternehmen so nicht mitfahren könnten. Das ist echte Umsetzung von Inklusion – und deswegen freuen wir uns sehr, Bus 75 mit unserem Preis auszeichnen zu können“, so Bornhalm weiter. Der Sozialverband Schleswig-Holstein vergibt den renommierten Inklusionspreis seit 1997 an verdiente Personen oder Unternehmen im Land, die die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung ermöglichen. Seit dem Tod des langjährigen Landesvorsitzenden Sven Picker im Jahr 2020 trägt der Preis dessen Namen.

„Inklusion ist uns eine Herzensangelegenheit, und wir sehen den steigenden Bedarf“, sagte Felizitas Schleifenbaum, Geschäftsführerin bei Bus 75. Auf die Idee für das Angebot war sie in ihrem Job als Veranstaltungsmanagerin gekommen. Bei einer Kulturserie in einem Seniorenheim fragten die älteren Besucher, ob sie nicht auch zu anderen Konzerten kommen könnten. „Den ersten Transport haben wir noch privat organisiert“, erinnert sich Schleifenbaum.

Im eigens umgebauten Reisebus gibt es Platz für drei Rollstühle

2019 folgte die Gründung der Gesellschaft. Ehemann Tom Schleifenbaum half beim behindertengerechten Umbau des eigens angeschafften Reisebusses mit, machte selbst den nötigen Führerschein. Drei Rollstuhlplätze mit Lift zum Ein- und Aussteigen bietet das Fahrzeug, zudem bis zu 22 Sitzplätze. Während der Touren werden die Teilnehmer von einer Pflegefachkraft und einem zusätzlichen Busbegleiter betreut.

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Den Fachkräftemangel bekommt die kleine Firma besonders stark zu spüren. „Um unser Angebot weiter fortzusetzen, haben wir einen enormen Personalbedarf, vor allen Dingen an Busfahrern – und leider sind die im Moment sehr schwer zu bekommen“, sagt Felizitas Schleifenbaum. Ein Mitarbeiter absolviere die Ausbildung bereits seit Dezember. Weil aber auch TÜV-Prüfer fehlten, sei er immer noch nicht fertig. „Am Ende trifft es wieder die alten Menschen, die oft einsam zu Hause sitzen und nicht mehr rauskommen.“ Mindestens ebenso wichtig wie die Fahrten selbst seien die sozialen Kontakte in der Gruppe. „Das fühlt sich manchmal schon wie ein Familienersatz an“, sagt die Ahrensburgerin.

Das Unternehmen sucht dringend Busfahrer

Wegen des Fahrermangels stehen derzeit keine Ausflüge und Reisen auf dem Programm. „Wir müssen uns auf die Vermietung konzentrieren“, so die Geschäftsführerin. Familien, Vereine und auch Firmen können den Reisebus für eigene Unternehmungen chartern. „Wir sind wirklich sehr stolz über den Preis, der uns zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, so Schleifenbaum. Und möglicherweise werde dadurch auch ein Sponsor aus dem Sozialbereich auf das Projekt aufmerksam, um es auszuweiten.

Für Dirk Mitzloff, stellvertretender Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung, beweist Bus 75 Mut und hat erkannt, wo dringender Bedarf besteht. Er sagte: „Ich freue mich, dass auch Unternehmen, die aus einem anderen als dem pflegerisch-sozialen Bereich kommen, Verantwortung für eine inklusive Gesellschaft übernehmen. Insofern ist die Würdigung mit dem Inklusionspreis sehr passend.“