Bargteheide. WfB-Spitze spricht von Alarmismus und Angstmache. Mit ihrer PV-Förderkulisse forciere die Öko-Partei die Bildung von Hotspots.

Die Forderung der Grünen nach einem Hitzeaktionsplan für Bargteheide ist auf massive Kritik gestoßen – zumindest bei der örtlichen Wählergemeinschaft (WfB). „Alarmismus und Drohszenarien helfen hier nicht weiter“, stellte Fraktionschef Norbert Muras mit unverhohlener Deutlichkeit fest. Bei der Diskussion zu diesem Thema sei zunächst eine Sachanalyse notwendig. „Das Problem Klimawandel ist viel zu vielschichtig und zu komplex, um mit fragwürdigen Aktionen etwas erreichen zu können“, ergänzte der WfB-Vorsitzende Gerhard Artinger.

Zunehmende Gesundheitsgefahr durch Hitze befürchtet

Angesichts der sich häufenden extremen Wetterlagen hatten die Grünen in einem Antrag für den Umweltausschuss der Stadtvertretung einen Hitzeaktionsplan für die Stadt angeregt. „Der Klimawandel und die damit einhergehende globale Erwärmung haben unter anderem zu anhaltenden Hitzeperioden geführt, die mit negativen Auswirkungen für unsere Umwelt einhergehen, vor allem aber auch den menschlichen Organismus sehr belasten“, begründete Fraktionschef Matthias Leidner den Vorstoß. Das stelle die Einwohner, aber auch Schulen, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und andere Institutionen vor stetig größer werdende Herausforderungen.

Aus Sicht der Grünen sei Bargteheide auf diese zunehmende Gesundheitsgefahr und den drohenden Katastrophenfall nicht vorbereitet. Die Stadt müsse sich deshalb durch eine Hitzeaktionsplanung besser wappnen als bisher geschehen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass gesundheitlich Beeinträchtigten im Ernstfall schneller geholfen werden kann.

Grüne empfehlen Warnungen per App und Radio

In diesem Zusammenhang erinnern die Grünen an Hitzewellen in den Jahren 2003, 2015, 2018, 2019 und 2020, die auch im Stadtgebiet zu extrem hohen Temperaturen geführt hätten. Künftig sollen sich die Bürger unkompliziert und schnell über die aktuellen Verhältnisse informieren können, etwa übers Radio, Hotlines und Apps.

Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime sollen bei akuten Hitzeereignissen flächendeckend, direkt und gezielt gewarnt werden. „Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen sind also zugleich proaktiver Gesundheitsschutz“, so Leidner.

Muras spricht von „undifferenzierter Kampagne“

Sein WfB-Pendant Norbert Muras geißelte die „undifferenzierte Kampagne“ der Grünen als von „Alarmismus und Angstmache“ geprägt. Es sei der offensichtliche Versuch, die Stadt „wieder einmal für lokale Maßnahmen gegen die Folgen des weltweiten Klimawandels in die Verantwortung zu nehmen“.

Muras unterlegte seine Kritik mit Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) aus dessen Epidemiologischen Bulletin 42/2022 zur „hitzebedingten Mortalität in Deutschland 2022“. Danach schwanke die jährliche Zahl der Hitzetage mit über 30 Grad Celsius erheblich. Das gleiche gelte für die maximale Wochenmitteltemperatur und die Zahl der Hitzewochen pro Region.

Konkrete, ortsbezogene Zahlen kaum verfügbar

„Dabei liegt Norddeutschland deutlich unter den Werten in West-, Ost- und Süddeutschland“, so Muras. In Bargteheide gebe es laut Umweltbundesamt zwischen neun und zwölf Hitzetage, in Frankfurt und im Oberrheingraben seien es hingegen mehr als 30. „Generelle Aussagen über die Hitzeproblematik, die sich nur auf Gesamtdeutschland beziehen, sind deshalb irreführend“, folgert Muras. Nicht ohne Grund fahren viele Norddeutsche in den Süden, um dort die Wärme zu genießen.

Der Kern der von den Grünen bundesweit propagierten Angstkampagne ziele unterdessen auf die Zahl der Hitzetoten und Erkrankten ab. Dabei seien konkrete, ortsbezogene Zahlen kaum vorhanden. Zumal auch diese Werte sehr großen Schwankungen unterworfen seien. „Deshalb ist die nur für 2018 geltende Anzahl von 8000 Hitzetoten jährlich grob irreführend“, kritisiert der WfB-Mann. Laut RKI habe es im Norden nur in jenem Jahr eine statistisch signifikante Erhöhung der Sterblichkeit gegeben. „Alle anderen von den Grünen genannten Jahreszahlen sind für Bargteheide hingegen völlig irrelevant“, so Muras.

Hitzetod oft in Kombination mit Vorerkrankungen

Zumal Todesfälle während einer Hitzeperiode nur selten direkt als „Hitzschlag beim Joggen“ diagnostiziert würden. Fast immer spielten diverse Vorerkrankungen ebenso eine Rolle. Tatsache sei, dass die Gefahren durch Hitzeperioden in Deutschland zeitlich, räumlich und in verschiedenen Altersgruppen extrem unterschiedlich sind. Und dass im Norden die Gefahr des „Hitzetodes“, noch dazu in ländlichen Regionen, wesentlich geringer sei als im Bundesdurchschnitt oder in Großstädten.

„Zu fragen ist vor diesem Hintergrund auch, ob eine App, eine Website oder Ähnliches die fast ausschließlich gefährdete Zielgruppe der über 85-jährigen überhaupt erreichen kann“, gibt Muras zu bedenken. Hier dürften der Wetterbericht und die Standardmedien seiner Ansicht nach für Informationen völlig ausreichen. Fächer und Trinkflaschen an alle zu verteilen, löse eventuell auftretende Temperaturprobleme in Bargteheide sicher nicht.

Frei zugängliche Brunnen in der Stadt gefordert

Frei zugängliche Brunnen in der Innenstadt und in den Schulbereichen wären da wesentlich sinnvoller. Geeignete Stellen auf städtischen Grundstücken seien vorhanden, vor allem im Bereich von Markt bis zum Schulzentrum. „Ein Hitzeaktionsplan für Bargteheide in der von den Grünen beantragten Form ist hingegen nicht sinnvoll“, legt sich Muras fest.

Das beurteilt der WfB-Vorsitzende Artinger ebenso. Der überdies die von den Grünen geforderten und geförderten Photovoltaikflächen als wesentlichen Mitverursacher entstehender Hotspots sieht. „Langjährige Untersuchungen belegen, dass die Temperatur über Photovoltaik-Freiflächen stark erhöht ist und die Erwärmung der Umwelt somit ankurbelt“, so Gerhard Artinger. Überdies müsse überschüssig produzierter Solarstrom immer öfter abgeriegelt oder „zu negativen Preisen ins Ausland verkauft“ werden, um das heimische Stromnetz nicht zu überfordern.

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Auch die permanente Flächenversiegelung erhöhe örtlich die Temperatur. Zubetonierte und -geteerte Fläche würden sich naturgemäß schneller und stärker aufheizen als die „grüne Wiese“ oder der Wald. Im Bereich der Pflanzen herrsche jedenfalls eine wesentlich niedrigere Temperatur.

Artingers Fazit: „Wir müssen die Probleme in ihrer Gesamtheit sehen und die physikalischen sowie betriebs- und volkswirtschaftlichen Zusammenhänge mehr beachten.“ Immer weitere Subventionen und damit Staatsausgaben aus Steuergeld seien hingegen kontraproduktiv. „Scheinaktionen wie die der Grünen lenken von den tatsächlichen Problemen nur ab“, meint der WfB-Vorsitzende.