Bargteheide. Warum die Bademeister in der beliebten Anlage trotz schlechten Wetters und Gästeschwund ausgelastet sind.
Zwölf Grad Celsius, dazu ein grauer Himmel, aus dem immer wieder kalte Regenschauer fallen – genau das richtige Ambiente, um im Bett zu bleiben und auf wärmere Tage zu hoffen. Zieht es bei solch einem Wetter, das den Sommer nicht einmal erahnen lässt, irgendjemanden ins Freibad? Und ist Bademeister an solchen Tagen nicht der einsamste Job der Welt? Das Abendblatt hat es wissen wollen und sich auf den Weg ins beliebte Freizeitbad in Bargteheide gemacht. Mit überraschenden Erkenntnissen.
Um sieben Uhr ziehen dort bereits zwei Dutzend Schwimmer emsig ihre Bahnen. „Das ist aber schon die zweite Besucherwelle, für die erste hätten Sie noch eine Stunde eher kommen müssen“, sagt Falk Hannemann und vergräbt die Hände noch ein Stück tiefer in seiner Funktionsjacke.
Erste Besucher scharren schon vor 6 Uhr mit den Hufen
Wenn die Anlage am Bargteheider Volkspark von Dienstag bis Freitag um 6 Uhr ihre Pforten öffnet, „scharren draußen schon zehn und mehr Gäste mit den Hufen“, wie auch Beatrix Jahn, die Chefin des Freibadteams, bestätigt. „Wir haben einen festen Stamm an Frühschwimmern, die fast jeden Tag kommen, ganz egal, wie das Wetter ist“, sagt die 55-Jährige. Es seien in der Regel Berufstätige, die aktiv in den Tag starten wollten, um sich fit zu fühlen.
Diese Gruppe taxiert ihr Kollege Hannemann auf 30 bis 35 Frauen und Männer, die sich rund eine Stunde im großen Bassin bewegen würden. Die flinken auf den Speed-Bahnen 1 und 2, aktive Sportler wie etwa Triathleten auf den Bahnen 3 und 4, der Rest auf den Außenbahnen mit den höheren Nummern.
Täglich wird die Wasserqualität penibel geprüft
Für den 39-Jährigen, der erst im Juni vergangenen Jahres zur Bargteheider Freibadcrew stieß, spielt es unterdessen gar keine Rolle, ob da jetzt Hundert Schwimmer ihre Bahnen ziehen oder nur eine Handvoll. Als Fachangestellter für Bäderbetriebe, so die korrekte Tätigkeitsbezeichnung für die im Volksmund gern als Bademeister titulierten Aufsichtspersonen, sei es halt seine Hauptaufgabe, für einen geregelten und sicheren Ablauf in den Becken zu sorgen.
Noch bevor der erste Badegast ins Wasser steigt, hat Hannemann bereits Proben gezogen, um die Wasserqualität auf den vorgeschriebenen Chlorgehalt und den korrekten pH-Wert zu kontrollieren. Protokolliert werden diese und weitere Messdaten wie etwa die Temperatur in einer Art Logbuch, das lückenlosen Aufschluss über die äußeren Bedingungen im Freibad ermöglicht.
In der Früh ist die Anlage wunderbar ruhig
Entsprechende Erfahrungen sammelte er zuvor schon im unterfränkischen Bad Kissingen, dessen Staatsbad zum UNESCO-Welterbe zählt. Als es seine Mutter zurück nach Norddeutschland zog, ist er ihr mit seiner Frau gefolgt. „Die Nähe zu den Meeren hat schließlich auch ihren Reiz“, sagt Hannemann. Der nach Dienstschluss auch gern mal selbst in den blau schimmernden Fluten seines Arbeitsplatzes abtaucht.
Dort tummelt sich seit sieben Uhr unter anderem Marlies Schumacher. „Ich versuche, drei- bis viermal in der Woche rund eine Stunde zu schwimmen“, verrät die 60-Jährige. Laufen sei noch nie ihr Ding gewesen und die Bewegung im Wasser ohnehin viel schonender für die Gelenke. Außerdem sei es in der Früh wunderbar ruhig auf der „tollen Anlage“, da höre man nicht mal die Autos auf der ansonsten sehr belebten Hamburger Straße gleich vis-à-vis.
Das Wasser ist oft wärmer als die Luft
Die zweite Stunde des Freibadtages ist überhaupt zumeist reiferen Besuchern vorbehalten. Selbst um diese Zeit ziehen teilweise noch weiße Schwaden übers Becken. Weil das Wasser mit exakt 22,6 Grad weitaus wärmer ist als die Luft. Eigentlich hatte die Stadt aus Kostengründen ja eine Maximaltemperatur von 22,3 Grad vorgegeben. „Das war vielen unserer Gäste dann aber doch einen Tick zu kühl“, sagt Beatrix Jahn. Weshalb man dann doch drei bis vier Zehntel höher gedreht habe, was allgemein sehr begrüßt worden sei. „Unsere Stammgäste haben da ein ganz feines Gespür, das glaubt man gar nicht“, so Jahn.
Über das angenehm warme Wasser freuen sich an diesem Tag auch Moritz und Melissa Bachert. Weil sie aber Söhnchen Louis dabeihaben, der erst vier Monate alt ist, können sie nicht gleichzeitig ins Wasser. Heute darf Melissa zuerst ins erfrischende Nass. 15 Bahnen hat sich die 33 Jahre alte Innenarchitektin vorgenommen, die nach der Schwangerschaft schnell wieder fit werden will. Während Papa Moritz über den fidelen Junior wacht, der neugierig mit großen Augen das Treiben im blauen Becken beobachtet.
Täglich gibt es Schwimmkurse für Kinder
„Wir gehen zu Hause oft gemeinsam in die Wanne, das genießt er sehr“, erzählt der 36 Jahre alte Projektmanager bei einer großen Baufirma. Deshalb gehe er davon aus, dass Louis schnell schwimmen lernen wird. Zumal auch Mama Melissa, die aus Kiel stammt, eine große Affinität zum Wasser habe.
Von 9 bis 11 Uhr stehen dann die Schwimmkurse für Kinder auf dem Programm, die stets ausgebucht sind. Hier ist dann auch die Badchefin als Lehrerin gefordert, die wegen des anhaltenden Fachkräftemangels ohnehin oft selbst am Beckenrand steht. „An vielen Tagen ist die Dienstplangestaltung echt schwierig“, räumt Beatrix Jahn unumwunden ein. Dennoch sei es in der laufenden Saison bislang immer gelungen, die zwei Tagesschichten regelkonform zu besetzen.
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„Nur eine Stunde musste abgesagt werden. Und zwar nicht wegen Personalnot, sondern wegen eines Gewitters mit Blitz und Donner“, sagt sie und hebt den großartigen Teamgeist ihrer Mannschaft hervor, die permanent ein bis zwei unbesetzte Stellen verkraften muss.
Von Langeweile ist also selbst bei grottenschlechtem Wetter keine Spur. Auch wenn die Besucherzahlen derzeit weit unter dem Schnitt liegen. So klaffen riesige Differenzen zwischen den richtig guten und absolut miesen Tagen. Strömten am Sonntag, 25. Juni, noch 2556 Besucher durch die Tore, so waren es am Sonntag, 23. Juli, bei 14 Grad und Regen nur 149. „Für uns macht das keinen Unterschied“, sagt Beatrix Jahn. „Wir setzen alles daran, unseren Gästen schöne und sichere Stunden im Freizeitbad zu ermöglichen. Vollkommen unabhängig davon, welches Wetter gerade herrscht.“