Ahrensfelde. Behörden machen der 57-Jährigen seit sechs Jahren das Leben schwer. Sie möchte in ihrem Ortsteil eine Lücke schließen.

Es war vor sechs Jahren, als Ilka Kirsch folgende Idee kam: Ein Café mit veganen Torten und Kuchen, fair gehandelten Kaffeegetränken, alles hergestellt aus hochwertigen Biolebensmitteln. Die 57-Jährige wohnt seit 2014 in Ahrensfelde, fühlt sich wohl in dem idyllischen Ahrensburger Stadtteil mit Dorfcharakter. „Damals sprach ich mit der Betreiberin eines Ladens für Tierbedarf“, sagt Kirsch. „Sie erzählte mir, dass unter der Woche tagsüber regelmäßig Reitunterricht stattfindet.“

Die Mütter, die ihre Kinder dorthin brachten, hätten sich währenddessen in Ahrensfelde aufgehalten und seien häufig in das Geschäft gekommen, um sich aufzuwärmen. Da wurde sie hellhörig. Denn: „Es gibt in Ahrensfelde zwar ein Restaurant, das aber erst am späten Nachmittag öffnet“, so Kirsch. „Ein Café, in dem die Leute tagsüber verweilen können, gibt es nicht.“ Der Gedanke ließ sie nicht los. Schließlich dachte sie: „Dann mache ich das eben selbst.“

Die gebürtige Mannheimerin ist studierte Kunsttherapeutin

Gesagt, getan? Nein, ganz so einfach war das leider nicht. Denn nachdem der Entschluss gefasst war, habe eine Odyssee begonnen, ein jahrelanges Hin und Her zwischen ihr und den Behörden mit immer neuen Auflagen, die sie erfüllen sollte. Eröffnet ist das Café bis heute nicht. Im Moment wartet Ilka Kirsch auf das endgültige Go – oder wieder neue Bedingungen, die sie erfüllen muss. Genau das kennt sie nämlich schon.

Die gebürtige Mannheimerin ist von Haus aus Kunsttherapeutin. Sie studierte in der Nähe von Bremen. Die Liebe führte sie in den Raum Hamburg. Als Kunsttherapeutin arbeitete sie nach ihrem Studium nur kurz. „Dann habe ich gemerkt, dass ich eigentlich für die Pflege brenne und habe noch eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolviert“, sagt sie. Fast ihr ganzes Leben arbeitete Kirsch in der Pflege, war Pflegedienstleiterin, schließlich Heimleiterin. Auch heute arbeitet sie noch einen Tag Vollzeit in der Woche in der Pflege.

Kochen und Backen sind Ilka Kirschs große Leidenschaften

Doch immer wieder funkten ihr beruflich ihre anderen großen Leidenschaften dazwischen: Kochen und Backen. „Ich habe mich schon immer wahnsinnig für Lebensmittel interessiert“, so Kirsch. Vor allem der gesundheitliche Aspekt steht bei ihr im Vordergrund. Die Ahrensfelderin legt Wert auf vollwertige Lebensmittel, die unter vernünftigen Bedingungen produziert wurden und auch den Konsumenten gut tun. Mittlerweile kocht sie für einen Kindergarten und eine weitere Firma. „Aber mein großer Traum war es immer, ein eigenes Café zu eröffnen“, so Kirsch.

Noch ist nicht viel passiert in dem Raum, der zum Café werden soll. Ilka Kirsch hofft, dass sie bald renovieren kann.
Noch ist nicht viel passiert in dem Raum, der zum Café werden soll. Ilka Kirsch hofft, dass sie bald renovieren kann. © Juliane Minow

Bevor sie die jetzigen Räumlichkeiten des ehemaligen Tierbedarfsgeschäfts mietete, der kürzlich schloss, wollte Kirsch ihr Café ursprünglich im Nachbargebäude eröffnen. „Vor sech Jahren habe ich dafür auch eine grundsätzliche Genehmigung erhalten, wenn ich bestimmte Bedingungen erfülle“, so Kirsch. Doch gerade diese Bedingungen hatten es in sich, waren für die Ahrensfelderin nicht zu stemmen. „Ich sollte zum Beispiel einen Kamin einbauen, wofür ich aber wesentlich in das Grundstück meiner Nachbarin hätte eingreifen müssen“, so Kirsch.

Für ein Café mit sechs Sitzplätzen sollte Kirsch drei Toiletten einbauen

„Außerdem sollte ich für ein kleines Café mit sechs Sitzplätzen drei Toiletten einbauen: Für Männer, Frauen und das Personal“, sagt Kirsch. Das seien nur einige von zahlreichen Auflagen gewesen. „Da habe ich zwischendurch gedacht: Das hat keinen Zweck.“ Sie orientierte sich um, hatte zwischenzeitlich ein Café in Hamburg eröffnet. „Obwohl das nicht gut lief, weil der Standort nicht ideal war, habe ich damals festgestellt, was alles möglich ist“, sagt Kirsch.

In der Hansestadt nämlich sei die Kommunikation mit den Behörden unkomplizierter, der Weg bis hin zur Eröffnung wesentlich leichter gewesen. Vielleicht motivierte sie das, auch ihr Vorhaben in Ahrensfelde noch nicht aufzugeben. Die 57-Jährige startete einen neuen Anlauf – unter anderen Bedingungen. Kirsch mietete den Nachbarraum an, überarbeitete ihr Konzept: Statt ein Café mit Sitzplätzen soll es nun ein Stehcafé werden. Personal möchte sie nicht einstellen, um die Auflage mit den Toiletten zu vermeiden.

Dass sie in ihrem Vorhaben immer wieder ausgebremst wird, mildert die Vorfreude

Trotzdem schüttele sie noch immer oft den Kopf über all die Steine, die ihr in den Weg gelegt würden. Den Schriftverkehr der vergangenen Jahre hat sie in einem dicken Ordner gesammelt. Die Dokumente liegen dieser Redaktion vor. Kirsch: „Ich muss zum Beispiel zwei Parkplätze für die Kunden vorhalten – weil es angeblich keinen öffentlichen Personennahverkehr gibt und auch, anders als etwa in Innenstädten, keine öffentlichen Parkplätze zur Verfügung stünden. Dabei ist eine Bushaltestelle direkt vor der Tür.“ Auch an der Straße nahe dem Standort an der Dorfstraße befinden sich Parkmöglichkeiten.

Momentan sitzt Ilka Kirsch, mal wieder, auf heißen Kohlen. „Ich warte aktuell auf den endgültigen Bescheid, dass ich loslegen kann“, sagt sie. Das könne laut Unterer Bauaufsichtsbehörde im Ahrensburger Rathaus bis zu drei Monaten dauern. Ob es dann grünes Licht gibt oder noch weitere Bedingungen gestellt werden, ist noch unklar. So oder so: „Ich finde schon, dass Selbstständigen und Gründern in Deutschland oft das Leben schwer gemacht wird“, so Kirsch. „Ich habe die besten Absichten, ich möchte einfach nur etwas Gutes erschaffen. Aber dass ich darin immer wieder ausgebremst werde, nimmt mir schon etwas die Vorfreude. Das ist demotivierend.“

Wenn sie träumen dürfte, dann würde sie sich wünschen, „dass ich in zwei Monaten ein kleines Stehcafé mit veganen, glutenfreien und zuckerreduzierten Kuchen und Torten und leckeren Kaffeegetränken eröffnen kann“, so Kirsch. „Dass ich in Ruhe backen kann und einen Ort erschaffe, der Gemeinschaft ermöglicht, einen Mittelpunkt im Dorf, an dem die Menschen sich treffen und quatschen können. Das wäre schön.“