Bargteheide. Die junge Firma Better Probiotics aus Bargteheide setzt auf gute Bakterien. Woher sie stammen und wie sie wirken.

Tränende Augen, verstopfte Nasen, gereizte Schleimhäute, Husten und Atemnot – mehr als 23 Millionen Menschen sind bundesweit von Allergien betroffen, Tendenz steigend. Die Ursachen sind vielfältig, sie reichen von Heuschnupfen über Hausstaub und Katzenhaare bis zu Nahrungsmittel- und Kosmetikunverträglichkeiten. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) erkranken mehr als 20 Prozent der Kinder und mehr als 30 Prozent aller Erwachsenen im Laufe ihres Lebens an mindestens einer allergischen Erkrankung. In fast jeder Familie gibt es mindestens einen Betroffenen. Auch in der Familie von Christian Gehrmann.

Ein 25-Jähriger ist Geschäftsführer

Der 25-Jährige ist Geschäftsführer der Better Probiotics GmbH in Bargteheide. Dabei handelt es sich um ein im Juni vergangenen Jahres gegründetes Start-up, das sich der Allergiebekämpfung auf ganz neue, innovative Weise verschrieben hat. „Dass Probiotika bei Darmproblemen hilft, weiß man ja inzwischen. Dass Probiotika aber auch allergische Symptome lindern kann, ist hierzulande noch weitgehend unbekannt“, sagt der gebürtige Hamburger, der momentan in Norderstedt lebt.

Der neue Ansatz: Im Gegensatz zu den bekannten Antihistaminika und Kortison werden nicht die Symptome der Allergien bekämpft, sondern deren Ursache. „Mit unseren probiotischen Produkten greifen wir die Allergene selbst an, die in aller Regel aus Proteinen bestehen“, erklärt Gehrmann. Ob Pollen, Hausstaubmilben, Tierhaare und -schuppen, Nüsse, Früchte, Milch oder Insektenstiche – es sind die Eiweißstoffe, die Menschen mit einem Überschuss an Immunglobulinen (lgE-Antikörper) zu schaffen machen.

Kooperation mit niederländischen Mikrobiologen

Allergiker leiden im Prinzip unter einer Fehlfunktion des Immunsystems, weil an sich harmlose Stoffe wie Pollen oder Nahrungsbestandteile als gefährlich bewertet werden. Trifft ein Allergen auf IgE-Antikörper, werden Histamin und andere Entzündungsbotenstoffe ausgeschüttet. Sie bewirken über die Produktion von Sekreten die bekannten Beschwerden wie Hautschwellungen (Quaddeln), Juckreiz oder die Verengung von Atemwegen.

Um die Allergene in geschlossenen Räumen unschädlich zu machen, setzt Better Probiotics auf Bakterien. „Die sind im normalen Sprachgebrauch zwar negativ belegt, sie können aber durchaus Positives bewirken“, so Gehrmann. In enger Zusammenarbeit mit Mikrobiologen aus den Niederlanden wurde eine Substanz entwickelt, in der durch eine spezielle Konzentration Laktobazillen (Milchsäurebakterien) in einem „schlafenden Zustand“ gebunden sind.

Boomender Markt in Frankreich und Übersee

„Erst durch das Versprühen mittels eines Zerstäubers und verschiedener Sprays in der Raumluft werden die Bakterien gewissermaßen geweckt. Sie ernähren sich praktisch von den Proteinen der Allergene und machen diese so für uns Menschen auf ganz natürliche Weise unschädlich“, erläutert Gehrmann.

Neben dem Zerstäuber bietet die Firma aus Bargteheide auch drei Spezialsprays an.
Neben dem Zerstäuber bietet die Firma aus Bargteheide auch drei Spezialsprays an. © HA | Better Probiotics

Und zwar ohne bislang bekannte Nebenwirkungen, wie sie häufig beim Einsatz von Medikamenten auftreten, wie etwa dem synthetisch hergestellte Steroidhormon Kortison. „Probiotische Mittel zur Allergiebekämpfung gewinnen durch die steigende Zahl an Betroffenen weltweit mehr und mehr an Bedeutung“, berichtet der Jungunternehmer und spricht von einem boomenden Markt. In Frankreich, Israel, Australien und Nordamerika seien diese Mittel bereits weit verbreitet. Dort versucht man sie inzwischen sogar schon für Luftfilter- und Klimaanlagen kompatibel zu machen.

Haustierspray gegen Katzen- und Hundehaare

Gehrmanns Firma Better Probiotics hat neben einem Zerstäuber, einem per App steuerbaren Aluzylinder, der alle 15 Minuten die probiotischen Bakterien ausschwärmen lässt, inzwischen auch drei verschiedene Spezialsprays entwickelt. Dazu gehören ein Haustierspray, um allergische Belastungen durch Hund und Katze zu bekämpfen, und ein Hausstaubspray, das insbesondere gegen Milben, gerade in Schlafräumen, wirkt.

Bedenken, die Aerosole könnten womöglich mit einem unangenehmen Geruch verbunden sein, zerstreut Gehrmann schnell. „Natürlich haben wir auch daran gedacht, solcherart Produkte sind ohne den Zusatz von Aromastoffen faktisch nicht mehr marktfähig“, so Gehrmann. Deshalb kommen die Sprays mit einem angenehmen Jasminduft daher, der selbst für Duftstoffallergiker unbedenklich ist.

Alle Produkte sind für Apotheken zugelassen

„Auf Internetplattformen wie Sanicare, Medicaria und Aliva sind wir bereits gelistet. Im nächsten Schritt wollen wir uns jetzt den stationären Handel erschließen, um künftig auch Apotheken und Reformhäuser beliefern zu können“, sagt Gehrmann. Alle Produkte haben übrigens eine so genannte PZN-Nummer, sind also für Apotheken zugelassen.

Seit dem Start des Unternehmens im Juni vergangenen Jahres haben Christian Gehrmann uns seine inzwischen zehn Mitarbeiter, darunter Lageristen, Logistiker und IT-Experten, rund 1000 Einheiten abgesetzt. „Ich weiß, das ist noch nicht viel, wir stehen aber auch erst ganz am Anfang“, zeigt sich Gehrmann gelassen. Nach Anfangsinvestitionen im sechsstelligen Bereich soll jetzt ein hoher Betrag in eine professionelle Marketingoffensive fließen mit Anzeigen in Fachmagazinen und im World Wide Web.

Was die richtige Verkaufe angeht, kennt sich der ausgebildete Automobilkaufmann bestens aus. Unterstützung erhält er zudem von Vater Matthias, der dem Junior unter anderem Lagerkapazitäten seiner benachbarten Lichtvertriebsfirma Arclite zur Verfügung gestellt hat. Er war es auch, der den Sohn zum Wechsel ins Metier der Allergiebekämpfer ermutigte.

„Dass ich dann aber gleich die Geschäftsführung übernehmen sollte, empfand ich anfangs als ziemlich sportlich. Es war aber zugleich eine spannende Herausforderung, der ich mich einfach stellen wollte“, erzählt Christian Gehrmann. Der nun auch darüber nachdenkt, sich mit seiner Geschäftsidee mal in der „Höhle der Löwen“ vorzustellen. Zuvor will er aber erst einmal schauen, wie weit er ihn die eigenen Füße tragen.