Bad Oldesloe. Die Oldesloerin ist die einzige Gleichstellungsbeauftragte in Stormarn, die einen Podcast hat. Um diese Themen geht es.

Es war mitten in der Corona-Pandemie, als Bad Oldesloes Gleichstellungsbeauftragte Marion Gurlit auf die Idee kam: Ich glaube, ich starte einen Podcast. „Damals fand ich, dass es auch andere Formate als Präsenzveranstaltungen geben müsste, um die Leute zu erreichen“, so die 64-Jährige. Und: „Ich war 2020 selbst ein halbes Jahr krank und habe während dieser Zeit aus dem Bett heraus Podcasts gehört.“ Das gefragte Medium begeisterte sie so sehr, dass sie dachte: Vielleicht könnte ich das auch selbst machen. Gesagt, getan.

„Ich habe überlegt, wie das laufen könnte und auch meine Tochter um Rat gefragt“, so Gurlit. Die sei direkt angetan gewesen. Denn: „Gerade junge Leute sind für das Medium Podcast empfänglich. Bei meinen Vor-Ort-Veranstaltungen erreiche ich eher Menschen ab 45 Jahren.“ Insofern habe sie durch den Podcast auch den Versuch gewagt, eine neue Zielgruppe zu erschließen.

Ein Freund ihrer Tochter unterstützt Gurlit bei der Technik

Mit einem Freund ihrer Tochter hat die Gleichstellungsbeauftragte sich zusammen getan. „Er unterstützt mich bei der Technik, ist bei den Aufnahmen dabei und macht die Vor- und Nachbereitung“, sagt Gurlit. Auch ein Titelbild und einen Jingle, also eine kurze Erkennungsmelodie, hat er für den Podcast erstellt. Die Gleichstellungsbeauftragte absolvierte Podcast-Fortbildungen, besorgte das nötige Equipment, suchte Interviewpartner – und schon konnte es losgehen.

Im September 2021 erblickte der Podcast „Frauen gleichberechtigt“, der auf Spotify, Youtube, Apple Podcast und Co. zu finden ist, das Licht der Welt. Gurlits erste Interviewpartnerin war damals die ehemalige Archivarin des Oldesloer Stadtarchivs Sylvina Zander, mit der die Gleichstellungsbeauftragte über Frauenstadtgeschichte, speziell über Frauen vor Gericht, sprach.

Mittlerweile sind über 30 Folgen erschienen

„Frau Zander forscht zur Frauenstadtgeschichte vom 17. bis zum 19. Jahrhundert.“ Entsprechend erfahren Hörerinnen und Hörer des Podcasts etwa, wofür Frauen in der Weimarer Republik vor Gericht standen, was die häufigsten Verbrechen waren oder auch, ob für Frauen andere Strafen als für Männer galten.

Mittlerweile hat Marion Gurlit über 30 Folgen zu den unterschiedlichsten Themen produziert. Es geht um Frauen in der Kommunalpolitik, um Frauen und Beruf, Gesundheit oder auch Gewalt gegen Frauen. Gurlit ist die einzige Stormarner Gleichstellungsbeauftragte mit Podcast und in ganz Schleswig-Holstein die, die am kontinuierlichsten mit dem Medium arbeitet. Zwei weitere Kolleginnen in Schwarzenbek im Nachbarkreis Herzogtum-Lauenburg und in Bad Segeberg haben vereinzelt Folgen aufgenommen.

Auch in Skandinavien, den USA und Australien hören Menschen zu

Etwa 2500 Aufrufe haben ihre Podcastfolgen insgesamt, pro Folge hören also im Schnitt 80 Menschen zu. Gurlit: „Mehr geht immer, aber angesichts des speziellen Themas bin ich trotzdem zufrieden mit den Zahlen, auch weil ich dadurch tatsächlich vor allem junge Menschen erreiche.“ Laut der Statistik hören nicht nur Menschen in Bad Oldesloe, sondern im gesamten deutschsprachigen Raum den Podcast. Und: „Auch in Skandinavien, den USA oder Australien wird der Podcast gehört“, so Gurlit.

Hauptsächlich Frauen sowie eine kleine Anzahl nonbinärer Personen sind das Publikum. 70 Prozent sind zwischen 18 und 35 Jahren alt. Der ursprüngliche Plan, auch die jüngere Zielgruppe anzusprechen, scheint also aufgegangen zu sein. „Meine Tochter erzählte mir zum Beispiel neulich, dass eine ihrer Studienfreundinnen in Dresden den Podcast auch kennt und regelmäßig hört“, so Gurlit.

Vor ihrer ersten Podcastaufnahme war Marion Gurlit aufgeregt

Übrigens: Aufgeregt war Marion Gurlit vor ihrer ersten Podcastaufnahme schon. „Dieses Feld war komplett neu für mich“, so die 64-Jährige. Die meisten ihrer Podcasts produziert sie gemeinsam mit den Gesprächspartnern direkt vor Ort, manchmal läuft das ganze auch über eine Videokonferenz. Denn: „Nicht alle meiner Gesprächspartnerinnen sind in Bad Oldesloe“, so Gurlit. Zum Thema Gewalt gegen Frauen sprach die Gleichstellungsbeauftragte zum Beispiel mit einer Vertreterin der Kölner Frauenrechts- und Hilfsorganisation Medica Mondiale.

Bei all den Folgen, die sie schon produziert sind, sind ihr einige im Gedächtnis geblieben, die sie besonders spannend fand. Gurlit: „Zum Beispiel das Gespräch mit der ehemaligen Landtagsabgeordneten Anita Klahn, aber auch verschiedene Folgen zu den Themen Geschichte, Politik oder Gewalt.“ Wichtig ist der Gleichstellungsbeauftragten, auch viele alltagsnahe Themen aufzugreifen, die ihre Hörerinnen mitunter selbst umtreiben – zum Beispiel die ungleiche Bezahlung zwischen Mann und Frau.

Ein wichtiges Thema: Frauen und Geld

„Darüber habe ich erst kürzlich mit Katharina Meißner gesprochen, die in Bad Oldesloe den Fachbereich Jugend, Kultur und Erwachsenenbildung leitet“, so Gurlit. Denn die sogenannte Gender-Pay-Gap sei in Sachen Gleichberechtigung noch immer ein großer Missstand. Überhaupt: „Frauen und Geld ist ein wichtiges Thema, das ich in meinem Podcast noch mehr vertiefen möchte, zum Beispiel weil Frauen stärker als Männer von Altersarmut bedroht sind und sie häufiger geringfügig beschäftigt sind als Männer“, so Gurlit.

„Außerdem müssen wir uns nach wie vor darüber unterhalten, warum es nicht nur keinen gleichen Lohn für gleiche Arbeit, sondern auch keinen gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit gibt“, so Gurlit. Viele Frauen arbeiten in unverzichtbaren, aber schlecht bezahlten sozialen Berufen wie in der Pflege oder Kindererziehung. Gurlit: „Warum verdient ein Ingenieur mehr als eine Sozialpädagogin? Warum verdient eine Altenpflegerin weniger als ein Tierpfleger?“ Über diese Themen wolle sie künftig im Podcast noch mehr sprechen.

Apropos: Für die Zukunft sind noch einige Themen in Planung. Gurlit: „Ich werde zum Beispiel mit weiblichen Mitgliedern des Oldesloer Kinder- und Jugendbeirats oder mit einem Historiker über das Frauen-Konzentrationslager in Ravensbrück sprechen“, so Gurlit. Ein Ende sei jedenfalls erst einmal nicht in Sicht, so die 64-Jährige: „Es macht mir großen Spaß.“ Mittlerweile hätten sich übrigens auch die Kollegen im Haus daran gewöhnt, dass sie hin und wieder etwas leiser sein müssen, wenn die Gleichstellungsbeauftragte nebenan vor dem Mikrofon sitzt. Gurlit: „Ich sage ihnen dann: Ich nehme jetzt einen Podcast auf, bitte nicht den Wasserkocher anmachen.“