Glinde. Jana Osterhus präsentiert Arbeiten aus drei Werkreihen im Gutshaus Glinde. Bei der Vernissage treten diese gefragten Musiker auf.

Wo liegt das Paradies, und auf welchem Weg kann der Mensch dort hingelangen? Darauf gibt es je nach religiöser, philosophischer oder weltanschaulicher Ausrichtung ganz unterschiedliche Antworten. Doch was wäre, wenn dieser verheißungsvolle Ort sich nicht in einer anderen Dimension befindet, sondern hier auf der Erde? Fragen dieser Art kommen angesichts der paradiesischen Zustände auf, die Jana Osterhus meisterlich in Szene setzt. In einer Einzelausstellung im Gutshaus Glinde zeigt die Hamburger Künstlerin ab Donnerstag, 6. April, eine Auswahl ihrer Werke unter dem Titel „Drei Wege zum Paradies“.

„Drei Wege“ deswegen, weil es sich bei der Auswahl um Bilder aus drei unterschiedlichen Schaffenszyklen handelt: „Phantasmagoria“, „Die Letzten ihrer Art ... und die Anderen“ und „1000 Schritte – Tango für Senioren“. Zugegeben, das klingt erst einmal nach sehr unterschiedlichen Themen. Bei genauerem Hinsehen ist der gemeinsame Nenner aber schnell gefunden. Osterhus sagt: „Es geht um Liebe in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen.“

Jana Osterhus’ Kunstagent ist zugleich ihre Muse

Die Liebe zu Kreaturen aller Art. „Das ist ein spannendes Thema, denn wir haben als Menschen einen gewissen Dünkel, dass wir uns für besonders empfindsam halten“, erläutert die Künstlerin. Sie sei der Überzeugung, dass „alles, was fühlt, paradiesische Zustände erleben kann“. Für Osterhus ganz klar eine Äquivalenz der Empfindungen, ganz gleich, um welches Wesen es geht. So individuell das Erleben von Schönheit, Glück und Liebe, so individuell das Paradies.

Erinnerung an vergangene Glücksmomente auf Leinwand gebannt: „Gestern, wenn der Apfelbaum blüht“ zeigt ein Paar beim Tanz.
Erinnerung an vergangene Glücksmomente auf Leinwand gebannt: „Gestern, wenn der Apfelbaum blüht“ zeigt ein Paar beim Tanz. © Jana Osterhus

In der Reihe „Tango für Senioren“ sei das die Umarmung und Begegnung des Zwischenmenschlichen auch über Generationen hinweg. Der Zyklus entstand im Zusammenhang mit einem Projekt des Musikers Helmut Fuchs-Badun. Er besuchte Seniorenheime, um durch die Musik ihrer Jugendzeit schöne Erinnerungen bei den Bewohnern wachzurufen. Zu dem Konzept gehörte auch das Tanzen mit den Senioren. Osterhus hielt die berührenden Glücksmomente in ihren Bildern fest. Über die wichtige Rolle, die Fuchs-Badun in ihrem Leben spielt, sagt sie: „Er ist mein Kunstagent, mein Organisator und meine Muse. Er inspiriert mich und hält mir den Rücken frei von vielen organisatorischen Dingen, sodass ich mich vorwiegend auf meine künstlerische Arbeit konzentrieren kann.“

Werkreihe zeigt mit Blattgold unterlegte Tierporträts

„Die Letzten ihrer Art“ zeige hingegen die Vielfalt von allem, was da lebe. Dazu hat Osterhus 1001 Porträts ganz unterschiedlicher Tieren erschaffen. Bilder von solchen, die vom Aussterben bedroht sind, ebenso wie Tiere, die so populär sind wie der Rauhaardackel. Manche blicken dem Betrachter unverwandt in die Augen, manche scheinen ganz in sich zu ruhen. Allen Darstellungen ist zu eigen, dass sie Nähe schaffen und Emotionen wecken. Doch es geht nicht ausschließlich ernst zu, immer wieder blitzen der Humor und der unerschütterliche Optimismus der Malerin in ihren Werken auf.

Eines von 1001 Tierporträts zeigt einen Elch. Osterhus spielt mit der Abstraktion. Der Untergrund des Bildes ist mit Blattgold überzogen.
Eines von 1001 Tierporträts zeigt einen Elch. Osterhus spielt mit der Abstraktion. Der Untergrund des Bildes ist mit Blattgold überzogen. © Jana Osterhus

Und sie selbst entdeckt immer wieder Neues durch ihre Arbeit. „Das ist spannend. Ich bin beispielsweise davon ausgegangen, dass ich mich in der Tierwelt auskenne. Doch um das 200. Tier herum habe ich festgestellt, dass mir einfach keines mehr einfällt. Dann habe ich sehr viel recherchieren müssen.“ Und dabei Tiere wie die Ringelmücke, das Strahlentierchen oder den Weißrüsselnasenbär entdeckt. Durch die Arbeit an den Tierikonen habe sie ein Gefühl für die Zerbrechlichkeit der Lebewesen bekommen, so Osterhus. „Es wäre schön, wenn wir sensibel und empathisch mit der Natur umgehen“, sagt sie. Das gelte speziesübergreifend. „Es braucht nur ein Ökosystem zu kippen und dann sind wir alle weg.“ Helmut Fuchs-Badun habe für jedes Tier einen kleinen Steckbriefe erarbeitet. „Dann kann man immer noch mal nachschauen, wo leben die und was machen die so.“ Weil nicht alle Informationen auf die Bildetiketten passen, will Osterhus den Besuchern der Vernissage die Dokumentation vor Ort zur Einsicht zur Verfügung stellen.

„Phantasmagoria“ zeigt idealisierte Naturdarstellungen

Der dritte Themenkomplex umfasst aktuellen Werke der Künstlerin. Der Titel „Phantasmagoria“ bezieht sich auf sogenannte Phantasmagorien, die seit dem späten 18. Jahrhundert mittels einer Laterna Magica vor Publikum aufgeführt wurden. Diese Projektionen zeigten fantastische Wesen und Bilder. In Anlehnung daran zitiert Osterhus in ihren Arbeiten die idealisierte Natur flämischer Maler des 17. Jahrhunderts.

Mit ihrer Kunst öffnet Osterhus die Augen der Betrachter für die Schönheit, die sie überall und in den kleinsten Details entdeckt. Unvoreingenommen im Blick, lässt sie sich nicht beeinflussen von gesellschaftlichen Konventionen oder Bewertungen, was schön oder hässlich, liebens- oder lebenswert ist. In ihrer Ausstellung lädt sie Besucher vielmehr zu einem Perspektivwechsel ein. Dazu bietet sie drei unterschiedliche Blickwinkel an, immer in dem Bewusstsein: „In unserer Welt gibt es kein Paradies ohne Brüche.“ Die Sehnsucht danach werde von der von Menschen geschaffenen Wirklichkeit überlagert.

Musiker wollen sich von den Werken inspirieren lassen

Eines der Bilder der Reihe trägt den Titel: „Nach einer wahren Geschichte“. Die Geschichte dahinter bezieht sich auf eine Momentaufnahme aus Indien. Von einem Kranich, der sein Nest verteidigte, waren auf dem Foto hinter einem Huftier nur die Flügel zu sehen, sodass die Illusion von einem geflügelten Fantasiewesen entstand, was Osterhus zu dem Bild inspirierte.

Um Inspiration geht es auch bei dem Auftritt des Musikerduos bei der Vernissage. Der jedes Genre sprengenden Gitarrist Ilan Levanon aus Buenos Aires und der vor einigen Jahren für einen Grammy nominierte Kubaner Leandro Saint-Hill, einer der gefragtesten Saxofonisten der Latin-Funk Szene in Europa, verleihen den Eindrücken, die sie in der Ausstellung erhalten, durch ihre musikalischen Improvisationen Gestalt. Helmut Fuchs-Badun wird in das Werk von Osterhus einführen. Zusammen sind das jede Menge guter Gründe für einen Abstecher zur Vernissage im Gutshaus Glinde.

„Drei Wege ins Paradies – Werke von Jana Osterhus“ 6.4.–28.5., geöffnet Mo 9.00–12.00, Di 14.00–17.00, Do 14.00–17.00, Fr 9.00–11.00, Sonderöffnungen: Vernissage Do 6.4., 19.30, Midissage So 30.4., 14.00–16.00, Finissage So 28.5., 14.00–17.00, Gutshaus Glinde, Möllner Landstraße 53, Eintritt frei