Steinburg. Tierpsychologin Nicole Nowak aus Steinburg hat Erfahrung mit Vierbeinern. Sie bemängelt zu viele ungeschulte Trainer und gibt Tipps.
Tashi ist inzwischen nichts mehr anzumerken von den Defiziten. Mit seinem Kollegen Tyler versteht er sich prächtig. Sie toben und haben sichtlich Spaß. Der vier Jahre alte weiße Vierbeiner ist heute zu Gast in der Hundepension von Nicole Nowak in Steinburg. Die Tierpsychologin hat den weißen Schäferhund wieder in die Spur gebracht.
Er sei ein Problemhund gewesen und in Hamburg an die falsche Schule geraten, sagt die Expertin. Die 56-Jährige nimmt sich inzwischen vermehrt solcher Fälle an, klagt über Trainer mit wenig Sachverstand in vielen Einrichtungen.
Kritik: In Deutschland existiert keine geregelte Hundetrainer-Ausbildung
„In Corona-Zeiten haben sich viele Menschen Hunde angeschafft, gleichzeitig ist die Zahl der Schulen gestiegen. Leider fehlt es dort manchmal an Know-how. Es gibt schwarze Schafe in der Branche“, sagt Nowak. In Deutschland existiert keine geregelte Hundetrainer-Ausbildung. Man muss demnach keinen Abschluss vorweisen, um in dieser Funktion zu arbeiten. Jeder kann sich als Coach bezeichnen unabhängig seiner Kenntnisse. Allerdings gibt es eine bundesweit anerkannte Zertifizierung zum Hundeerzieher und Verhaltensberater. Die Prüfung nehmen Tierärztekammern ab.
Welpengruppe soll maximal aus acht Tieren bestehen
„Für mich als Selbstständige erscheint die jüngste Entwicklung zwar in finanzieller Hinsicht reizvoll, aber darauf kann ich gern verzichten“, so Nowak. Tiere, die nicht gruppenkompatibel sind, gibt sie zum Beispiel in die Hände von befreundeten Spezialisten. Doch was genau machen einige Hundeschulen falsch? „Den Leuten wir suggeriert, dass Halter oder die Familie das Rudel sind und die Tiere auf Artgenossen verzichten können“, sagt Nowak. Es sei wichtig, dass ein Hund lerne, zuerst mit seinesgleichen klarzukommen.
Ein weiterer Fehler: Die sogenannten Erzieher machten das Tier-Mensch-Team von Anfang an nicht alltagstauglich. So werde der Hund auf Sicht frustriert und dann aggressiv. Das sei der Fall, wenn Welpen strikt an der Leine gehalten würden. „Die Kleinen haben Verlustangst, folgen dem Halter auch im freien Gelände.“ Außerdem sei es Sinn einer Hundeschule, dem Mensch nahezulegen, welche Rolle er habe. Das geschehe mitunter nicht.
- Hundeerziehung in Hamburg: Diese Regeln sollten Sie kennen
- Hamburger Hundeschule in Flammen: Brandstiftung vermutet
- Warum Halter ihre Tiere ins Hundeinternat schicken
Nowak berichtet auch von Trainern, die strikt nach dem Belohnungsprinzip vorgingen. Soll heißen: Auf unangebrachtes Verhalten wird nicht reagiert. „Wenn das Tier in bestimmten Situationen bellt, muss man sich mit erhobener Stimme und Körpersprache behelfen.“ So werden dem Vierbeiner Grenzen gesetzt.
Tipp: So finden Halter die richtige Hundeschule
Aber wie finden Halter nun die richtige Schule? Wichtig ist das Kennenlerngespräch. Hier kann der Trainer die Bedürfnisse von Hund und Herrchen richtig einschätzen. Das ist die eine Seite. Ratsam für Kunden ist es, sich vom Erzieher ein Zertifikat über dessen Qualifikation zeigen zu lassen. Damit ist es aber noch längst nicht getan. Nowak gibt Tipps, worauf man noch bei der Auswahl achten sollte.
„Bei Welpengruppen muss garantiert sein, dass sich die Tiere ausschließlich mit gleichaltrigen Artgenossen umgeben. Es sollten maximal acht sein.“ Zudem sei das Größenverhältnis wichtig. Chihuahua und Dogge in einer Gruppe schließt die Tierpsychologin aus. „Das Spielen muss im Vordergrund stehen, damit sich die Welpen körperlich austauschen.“ Dabei müsse der Coach dem Halter erklären, wie Hundeverhalten funktioniere. „Das erleichtert ihm die eigene Erziehung zu Hause.“
Übungen sind auch in der freien Natur abzuhalten
Aufgabe eines Trainers ist es laut Nowak zudem, zu vermitteln, wie belohnt wird und Grenzen gesetzt werden. „Und zwar nicht nur theoretisch.“ Keinesfalls dürfe der Experte Anspringen ignorieren. Bei Junghundegruppen sollte der spielerische Anteil der Zeit auf 20 Prozent begrenzt sein. In diesem Alter stehe die Erziehung mit entsprechenden Übungen im Vordergrund. Gruppengröße: vier bis sechs Vierbeiner. „Nur so hat der Trainer die Möglichkeit, individuell auf die Tiere einzugehen.“ Übungen seien auch in der freien Natur abzuhalten, Begegnungen mit Radfahrern und Joggern unerlässlich, damit die Tiere alltagstauglich würden. Ob so verfahren wird, kann man im Vorfeld erfragen. Wenn eine Schule nur auf einem eingezäunten Platz unterrichtet, würde Nowak das Tier dort nicht abgeben.
Die Spezialistin sagt, Fortschritte sind bei Hunden in der Regel schnell erkennbar, sofern diese von professionellem Personal betreut werden. „Nach zwei Stunden in einer Schule sollten Verhaltungsweisen verbessert sein.“ Sie rät davon ab, längerfristige Verträge etwa über drei Monate abzuschließen, würde nur wenige Gruppenstunden am Stück buchen. Sie selbst bietet auch Einzelunterricht an.
Hundeschule: Trainerin startete ihr Unternehmen in Hamburg
Die Hundepensionschefin kann sich über mangelnde Arbeit nicht beklagen. Bis zu 25 Vierbeiner tummeln sich täglich auf ihrem Grundstück im Ortsteil Sprenge fernab von Wohnbebauung. Für die Tiere hat sie ihr altes Leben eingetauscht, war früher in der Immobilienbranche tätig. Nowak studierte Tierpsychologie, machte sich dann mit einer Hundeschule in Hamburg selbstständig. Vor mehr als 20 Jahren zog sie von der Großstadt nach Stormarn, hat inzwischen drei Mitarbeitende.
Nowak hat auch ehrenamtlich gewirkt als Vorsitzende eines Tierschutzvereins. In dieser Funktion war sie in Portugal, Griechenland und Italien, baute dort mit Gleichgesinnten Heime auf. Als Tashi an diesem Morgen einmal still sitzen soll für einen kurzen Moment, sich aber erhebt und mit Artgenossen im Bereich der Grundstückseinfahrt herumwuselt, reicht ein strenges Wort von ihr: Blitzschnell nimmt der weiße Schäferhund die geforderte Position ein, ohne dabei zu bellen.