Bad Oldesloe. Knappes Ergebnis in Stadtverordnetenversammlung. Antrag von CDU und SPD angenommen. Wie geht es nun weiter?
Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach einer langen, emotionalen Diskussion um die Mitfinanzierung der Stadt Bad Oldesloe der praxisintegrierten Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher musste die Initiative „Kita in OD – Zeit zu handeln“ am Donnerstag in der Stadtverordnetenversammlung am Ende ein aus ihrer Sicht schlechteres von zwei möglichen Ergebnissen hinnehmen.
Zwei Anträge lagen zur Abstimmung vor, das Ergebnis war knapp
Zwei Anträge lagen zur Abstimmung vor: ein gemeinsamer Antrag von CDU und SPD sowie ein weiterer von FDP, FBO, Grünen, Linken, Stadtfraktion und dem Parteilosen Andreas Lehmann. Beide wollen die sogenannte PiA-Ausbildung finanziell unterstützen, letzterer Antrag hätte die Finanzierung jedoch für mindestens fünf Jahre sichergestellt, wohingegen CDU und SPD sich zunächst an den Kosten für neu geschaffene Ausbildungsplätze im Sommer 2023 beteiligen und danach neu entscheiden wollen.
Initiativführerin und Leiterin der Kita Moordamm Jana Schmidt hatte noch in der Einwohnerfragestunde dringend für eine nachhaltige Finanzierung plädiert. Mit 14 Ja- und 15 Gegenstimmen wurde der Antrag von FDP, FBO, Grünen, Linken, Stadtfraktion und Lehmann knapp abgelehnt. Der Antrag von SPD und CDU fand mit 15 Ja-Stimmen, 13 Gegenstimmen und einer Enthaltung eine knappe Mehrheit.
Für die Zukunft gesichert ist die Finanzierung nicht
„Der Antrag von CDU und SPD ist gut gemeint, aber er ist nicht sicher genug“, sagte Anita Klahn (FDP) in er Diskussion. CDU und SPD wollen die PiA-Stellen mit maximal 200.000 Euro fördern. Voraussetzungen sind, dass ein Antrag zur Förderung beim Kreis gestellt worden ist, dass die Stellen in Oldesloer Kitas eingerichtet werden und dass maximal ein Ausbildungsplatz je Kita gefördert wird. Die Förderung durch den Kreis ist noch nicht gesichert. Am 13. März wird der Jugendhilfeausschuss darüber abstimmen. Es geht im Antrag von CDU und SPD um fünf PiA-Stellen, bei einer Förderung von Kreis und Land sind auch einige mehr möglich.
„Über eine Förderung von PiA-Stellen für die nachfolgenden Ausbildungsjahre wird entschieden, wenn das Land Schleswig-Holstein und der Kreis Stormarn ihre angekündigten Maßnahmen zur PiA-Stellen-Förderung vorlegen“, heißt es im Antrag weiter. Sprich: Gesichert ist die Finanzierung für die Zukunft nicht. Weil das Land in Sachen PiA-Förderung für Mai 2023 eine Neuregelung angekündigt habe, sei es sinnvoll diese für eine über 2023 hinausgehende Bezuschussung abzuwarten, sagte Jörn Lukas (CDU) bei der Stadtverordnetenversammlung.
Allein in diesem Jahr gehen in Bad Oldesloe neun Fachkräfte in den Ruhestand
FDP, FBO, Grüne, Linke und Stadtfraktion sehen das anders. Jährlich 200.000 Euro und für das Jahr 2023 84.000 Euro hätten laut ihrem Antrag für die PiA-Ausbildung bereitgestellt werden sollen. So hätten mehr Stellen geschaffen werden können. Die Finanzierung sollte für fünf Jahre sichergestellt und nach vier Jahren erneut beraten werden. Doch dieser Antrag ist zunächst einmal vom Tisch. Ob er erneut auf de Tagesordnung gesetzt wird, bleibt abzuwarten.
Dabei hatten nicht nur Jana Schmidt, sondern auch zahlreiche Stadtverordnete angesichts der akuten Notlage dringend dafür plädiert, eine nachhaltige Finanzierung sicherzustellen und auch aus den Reihen von SDP und CDU um Zustimmung gebeten. „Allein dieses Jahr gehen neun Fachkräfte in Bad Oldesloe in den Ruhestand“, so Schmidt. Zahlreiche Erzieherinnen und Erzieher seien langzeiterkrankt, massive Ausfälle im Kitabetrieb an der Tagesordnung. Die PiA-Ausbildung ist im Gegensatz zur herkömmlichen Ausbildung vergütet und soll langfristig den Fachkräftemangel bekämpfen. Die Stadt Bad Oldesloe hat bereits im November 2022 bekannt gegeben, den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Drei- bis Sechsjährige nicht erfüllen zu können.
Anita Klahn: „Wir müssen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sicherstellen“
„Wir wollen eine familienfreundliche Stadt sein, also müssen wir auch dafür sorgen, dass Familie und Beruf miteinander vereinbar sind und dass Kinder eine Perspektive auf Bildung haben“, so Anita Klahn. Sie kritisierte auch Bürgermeister Jörg Lembke, der zu Beginn der Sitzung beantragt hatte, die Anträge zurück in den Bildungs-, Sozial- und Kulturausschuss (BSKA) zu geben. „In beiden Anträgen finden sich Aspekte, die inhaltlich nicht zu erfüllen sind“, so Lembke zur Begründung.
Dass sein Antrag von der Politik einstimmig abgelehnt wurde, würdigte das Publikum mit Beifall. Die Zeit sei angesichts der Anmeldungsschlüsse für die Ausbildung mehr als knapp. Klahn: „Ich finde es wenig verantwortungsvoll, dass Sie mit solchen Aktionen etwas zu verhindern versuchen, was Ihnen inhaltlich nicht passt.“ Darum gehe es nicht, entgegnete Lembke: „Die Verwaltung ist dafür da, Rechtskonformität festzustellen.“ Nachgeschärft werden könne später noch, aber: „Alle Beteiligten brauchen Planungssicherheit darüber, dass es losgehen kann“, so Klahn.
Mehrere Stadtverordnete berichten von katastrophalen Zuständen
Die Kita-Katastrophe habe sich vor vielen Jahren angekündigt, sagte Hendrik Holtz (Linke). So gut wie nichts habe man seitdem gegen den Fachkräftemangel unternommen. „Auch die Gehaltsstruktur ist angesichts der gestiegenen pädagogischen Anforderungen nicht mehr zeitgemäß“, so Holtz. „Wir können unsere Fachkräfte von morgen nicht dem Gehalt von gestern bezahlen.“ Von Seiten der Landes- und Bundesregierung habe es massive Versäumnisse gegeben.
Mehrere Stadtverordnete wie Annelie Strehl (FBO) oder Dagmar Danke-Bayer (Grüne) berichteten aus erster oder zweiter Hand von schlimmen Zuständen, was die Kinderbetreuung in der Kreisstadt angeht. „Eltern klagen bitterlich über die Ausfälle“, so Danke-Bayer. „Ein Vater berichtete mir gerade erst, dass es ihm nicht möglich ist, seine Arbeit zu machen. Sein Arbeitgeber macht die ständigen Ausfälle nicht mit.“
Wie entscheidet die Politik, wenn kein Druck durch ein Wahljahr gegeben ist?
Dass die Stadtverordnetenversammlung überhaupt entschieden hat, die PiA-Ausbildung zu unterstützen, begrüßt Jana Schmidt – obgleich sie sich den Beschluss des anderen Antrags gewünscht hätte. „Er hätte eine langfristigere Planung möglich gemacht“, sagte sie auf Nachfrage unserer Redaktion. Und: „Wir reden bei diesem Antrag von fünf Stellen, maximal von ein paar mehr. Das reicht aber nicht“, so Schmidt.
Dass die Förderung auch nach diesem Jahrgang fortgeführt wird, scheint laut Antrag von CDU und SPD zumindest möglich. Aber, so Schmidt: „Das Thema ist jetzt auf dem Tisch, jetzt haben wir Kommunalwahlen. Ich weiß nicht, wie die Stadtverordnetenversammlung entscheiden wird, wenn nächstes Jahr andere Stadtverordnete im Amt sind und vielleicht nicht der Druck eines Wahljahres gegeben ist.“
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Dass laut Antrag nur eine Stelle pro Kita geschaffen werden kann, bedauert Schmidt: „Ich finde diese Vorgabe nicht notwendig. Wenn eine Kita genug Kapazitäten und zwei gute Bewerber hat, warum sollte das dann nicht möglich sein?“ Wie es politisch weitergeht und ob der abgelehnte Antrag vielleicht erneut auf den Tisch kommt – darüber möchte Schmidt sich nicht zu viele Gedanken machen. „Ich möchte meine Energie jetzt darauf verwenden, dafür zu sorgen, dass das Thema präsent bleibt und Politiker einladen, sich ein Bild von den Zuständen zu machen.“ Denn nur so könnten auch langfristig die richtigen Entscheidungen getroffen werden.