Bad Oldesloe. Viele Menschen folgten dem Aufruf der Initiative „Kita in OD – Zeit zu handeln“. Montag findet eine Podiumsdiskussion statt.
Die Sonne strahlt an diesem kühlen Sonnabend in der Innenstadt von Bad Oldesloe. Das Wetter meint es gut mit der Initiative „Kita in OD – Zeit zu handeln“, die für den Vormittag zu einer Demonstration gegen den massiven Kita-Notstand in der Kreisstadt aufgerufen hat. Schon um kurz nach 10 Uhr haben sich jede Menge Menschen versammelt: Familien, Eltern, Kinder, Erzieher und mehr. Sie alle verbindet ein gemeinsames Ziel: Gegen die enorme Personalnot und den Mangel an Kitaplätzen auf die Straße gehen. Mit Plakaten und Trillerpfeifen machen sie auf sich aufmerksam. Auch die Kinder sind aktiv, malen mit bunter Kreide ihre Botschaften auf den Boden.
Das Ziel: sichtbar werden und politische Aufmerksamkeit erzeugen
„Ich freue mich, dass so viele Menschen gekommen sind“, sagt Jana Schmidt, Gründerin der Initiative und Leiterin der Kita Moordamm. „Wir haben uns bewusst für diesen Tag und diese Uhrzeit entschieden. Viele Menschen sind gerade auf dem Wochenmarkt und in der Stadt unterwegs. Wir wollen sichtbar werden und politische Aufmerksamkeit erregen.“ In den vergangenen Tagen habe die Bewegung durch die mediale Berichterstattung Auftrieb bekommen. „Auch das Sozialministerium hat nun zugesagt, Montagabend an der Podiumsdiskussion teilzunehmen“, so Schmidt. Die Petition mit den Forderungen haben bislang etwa 650 Menschen unterschrieben.
Gespräche mit den Demonstranten machen deutlich: Die Lage ist ernst. „Wir zählen zwar zu den Glücklichen, die einen Kitaplatz bekommen haben“, sagt Ken Sievers. „Das heißt aber noch lange nicht, dass die Betreuung gesichert ist“, so der zweifache Vater. Immer wieder bekommen er und seine Frau die extreme Personalnot zu spüren. „Wir sind beide berufstätig, ich bin als Vertriebsmitarbeiter viel unterwegs.“ Wenn es ständig zu Ausfällen in der Kita komme, sei das schwierig mit dem Berufsalltag vereinbar.
Hohe Ausfallzeiten und Personalnot belasten berufstätige Eltern
Rene und Marie-Ann Thurmann geht es nicht anders. „Es war sehr schwierig, einen Kitaplatz für unsere Tochter zu bekommen“, sagt der Vater. „Sie geht zwar nun in die Kita, aber die Personalsituation ist eine Katastrophe.“ Thurmann hat einen Bürojob, seine Frau arbeitet im Schichtdienst im Einzelhandel. Die Familie ist finanziell darauf angewiesen, dass beide Elternteile arbeiten gehen. Sie ist eine von unzähligen in der Kreisstadt, die unter der großen Personalnot im Kitabetrieb leiden.
So auch Julia Lengen und Julian Krumnow. „Die Ausfallzeiten in unserer Kita sind so hoch. Ich habe unser Kind erst diese Woche wieder früher abholen müssen“, sagt Julia Lengen. Gerade das ist für die Mutter aber mit großem Aufwand verbunden. „Ich arbeite in Hamburg und mein Mann ist im Schichtdienst tätig. Die Großeltern leben in Lübeck und können auch nicht auf die Schnelle einspringen.“ Dennoch seien sie sich ihres Glückes bewusst, einen Platz ergattert zu haben. „Wir kennen Familien, die leer ausgegangen sind und sich um die Tagespflegepersonen reißen müssen, die oft auch ausgebucht sind.“
Familien ohne Deutschkenntnisse kommen noch schwieriger an einen Platz
Das bestätigt Maren Groß. Sie ist nicht nur als Mutter vom Notstand betroffen, sondern bekommt die Missstände auch in ihrer Tätigkeit als Tagesmutter mit. „Ich habe lange Wartelisten und muss viele Anfragen ablehnen“, sagt Groß. „In der Kita meines Kindes mussten schon Gruppen komplett geschlossen und Betreuungszeiten verkürzt werden“, so Wiebke Engelbart. „Wir haben Glück, dass wir Gleitzeit haben“, sagen Till und Katrin Berghöfer, Eltern von Ida, Thea und Lev. „Sonst könnten wir die ständigen Ausfälle gar nicht abfangen.“ Auch für Erzieherinnen und Erzieher sei die Situation belastend. „Wir tragen eine große Last auf den Schultern“, sagen Jennifer Teichmann, Nadine Schildt und Britta Westphal, die in der Kita Stoppelhopser am Steinfelder Redder arbeiten.
Gast der Demonstration war auch Maria Herrmann, die als Quartiersmanagerin die Hölk-Hochhäuser betreut. Dort leben viele Migranten und Geflüchtete. „Ich kenne Familien, deren Kinder keinen Kitaplatz bekommen haben“, sagt Herrmann. Gerade Eltern ohne Deutschkenntnisse hätten es noch schwerer, einen Platz zu bekommen. Dabei sei der für Kinder, die noch Deutsch lernen müssen, besonders wichtig. „Die Antwort lautet: Dann klagen sie halt“, so Herrmann. Doch auch der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz helfe nicht, wenn keiner da sei. Wie berichtet, kann die Stadt Bad Oldesloe den Bedarf an Kitaplätzen nicht decken. Jedes Jahr gehen Eltern leer aus.
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Um dem Fachkräftemangel Herr zu werden und den Mangel an Kitaplätzen zu beseitigen, fordert die Initiative unter anderem, dass die sogenannte PiA-Ausbildung für Bad Oldesloe finanziert wird. Die praxisorientierte Ausbildung ist eine Alternative zur unbezahlten schulischen Ausbildung und soll junge Menschen motivieren, den Erzieherberuf zu ergreifen. Kommunen wie Ahrensburg oder Reinbek bieten sie an. Auch für den versprochenen, aber derzeit auf Eis liegenden Neubau einer Kita im Neubaugebiet Claudiussee macht die Initiative sich stark.
Am Montagabend, 6. Februar, ist der Kita-Notstand ab 20 Uhr Gegenstand einer öffentlichen Podiumsdiskussion in der Festhalle (Olivet-Allee 2). Eltern, Fachkräfte, Kita-Leitungen, Kita-Träger sowie Vertreter aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft werden sich über das Thema austauschen.