Ahrensburg/Lütjensee. Jeden Tag werden in Deutschland 15.000 Blutspenden benötigt. Doch immer wieder kommt es zu Engpässen. Was passiert nach der Spende?
Freitag, 13 Uhr, der Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Lütjensee: Ein Team belädt einen Transporter für einen Blutspendetermin. Spenderbetten, Nadeln, Verbandsmaterial und mehr werden eingeladen. Wenn alles an Bord ist, geht es los.
Seit Jahren sind die Zahlen der Blutspenden rückläufig
16 Uhr Der Blutspendetermin in der Stormarnschule in Ahrensburg beginnt. Er ist wichtig, weil in Deutschland jeden Tag etwa 15.000 Blutspenden benötigt werden, um Unfallopfer zu versorgen, Krebspatienten zu behandeln oder lebenswichtige Operationen vorzunehmen. Doch die Zahlen sinken seit Jahren, immer wieder kommt es zu Engpässen. „Zuletzt war dies zu den Feiertagen der Fall“, sagt Susanne von Rabenau, Sprecherin des DRK-Blutspendedienstes Nord-Ost. „Zu Weihnachten sah es schlimm aus in den Regalen.“
16.15 Uhr Damit es nicht so weit kommt, ist das DRK, das in Deutschland den Versorgungsauftrag für die Bereitstellung von Blut hat, auf Menschen angewiesen, die Blut spenden. Einer von ihnen ist Fabian Ostermann. Er spendet heute zum zweiten Mal Blut. „Jeder kann in die Situation kommen, dass er eine Blutkonserve benötigt“, sagt der 28-Jährige. „Deshalb finde ich es sinnvoll, Blut zu spenden.“
Grundsätzlich dürfen gesunde Menschen ab 18 Jahren Blut spenden
16.18 Uhr Bevor das losgeht, muss der Großhansdorfer aber erst einmal Formulare ausfüllen. So wird geprüft, ob er als Spender infrage kommt. Grundsätzlich darf jeder gesunde Mensch, der mindestens 18 Jahre alte ist und mehr als 50 Kilogramm wiegt, Blut spenden. Einige Krankheiten wie Krebs, der Aufenthalt in Risikogebieten für Infektionskrankheiten wie Malaria oder eine Schwangerschaft sind Ausschlusskriterien.
16.26 Uhr Es geht weiter zur nächsten Station: Sebastian Gressmann vom DRK misst Ostermanns Hämoglobinwert. Das Protein verleiht dem Blut seine rote Farbe und ist für den Sauerstofftransport verantwortlich. Ist der Wert zu niedrig, darf zum Wohle des Spenders kein Blut abgenommen werden. „Ein niedriger Hämoglobinwert entsteht zum Beispiel durch eine eisenarme Ernährung“, so von Rabenau.
Die Blutspende dauert zwischen sechs und 15 Minuten
16.34 Uhr Es geht weiter zum vertraulichen Arztgespräch. Der Arzt geht den ausgefüllten Fragebogen durch und erkundigt sich nach dem Wohlbefinden. Hier hat der Spender die Gelegenheit, noch offene Fragen zu stellen.
16.38 Uhr Fabian Ostermann legt sich auf ein Spenderbett. Dann folgt der Pieks. DRK-Mitarbeiterin Winni Thielsen sticht in eine Vene seiner Armbeuge. Die Blutspende beginnt. Über einen Schlauch fließt das Blut in einen Beutel. 500 Milliliter Blut werden entnommen. Währenddessen muss Fabian Ostermann ruhig liegen bleiben. „Außer den Pieks am Anfang spüre ich nichts“, sagt er. Eine Blutspende dauert zwischen sechs und 15 Minuten. Während dieser Zeit hat Thielsen ein Auge auf den Spender. „Es ist ein sehr erfüllender Job“, sagt die medizinische Fachangestellte.
Die Blutspenden werden nach Blutgruppen sortiert
16.48 Uhr Der Beutel ist voll. Winni Thielsen legt einen Druckverband an. Die Blutkonserve landet nach Blutgruppe sortiert in einer Kiste. Fabian Ostermann hat Blutgruppe B positiv. Diese Blutgruppe haben in Deutschland nur etwa neun Prozent der Bevölkerung. Am häufigsten sind mit 37 und 35 Prozent A positiv und 0 positiv. „Geht es Ihnen gut?“, fragt die 59-Jährige. „Alles bestens“, sagt Ostermann. Nach einer kurzen Liegephase sollen Spenderinnen und Spender noch einige Minuten auf der Liege sitzen bleiben.
16.53 Uhr Der 28-Jährige fühlt sich gut. Deshalb geht es weiter zum Imbissbereich. In der Mensa der Schule haben Ehrenamtliche belegte Brote aufgetischt. Hier darf und soll kräftig zugelangt werden. „Eine Blutspende ist anstrengend für den Körper“, sagt Susanne von Rabenau. Auch der Kalorienverbrauch steigt. Deshalb ist es wichtig, dem Körper die benötigte Energie in Form von Nahrung und Flüssigkeit wieder zuzuführen.
Nach einer Blutspende sollte auf Sport und Alkohol verzichtet werden
17.14 Uhr Fabian Ostermann hat aufgegessen. „Ich fahre jetzt nach Hause und mache mir einen gemütlichen Abend“, sagt er. Damit verhält sich der Großhansdorfer vorbildlich: Denn nach einer Blutspende sollte man es ruhig angehen lassen, auf Sport und Alkohol verzichten.
19.30 Uhr Der Blutspendetermin an der Stormarnschule ist beendet. Wenn für die Spenderinnen und Spender die Arbeit getan ist, geht sie für die Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes erst richtig los. Fabian Ostermanns Blutkonserve ist eine von etwa 120 Spenden, die an diesem Tag in Ahrensburg entnommen wurden. 8240 mal wurde 2022 in Stormarn bei 112 Terminen Blut gespendet. Im Blutspendeinstitut in Lütjesee wird die Spende weiterverarbeitet.
Blutspenden müssen innerhalb von 24 Stunden verarbeitet werden
20.30 Uhr Der Transporter mit den Blutkonserven hat Lütjensee erreicht. Die Kisten werden in einen temperierten Raum gebracht, in dem Ostermanns Spende die Nacht über ruht.
Sonnabend, 6 Uhr Die Frühschicht beginnt. Eine Maschine namens Kurt überführt die Blutkonserven in den sterilen Herstellungsraum.
6.14 Uhr Da Fabian Ostermann am Freitag einen der ersten Termine hatte, wird seine Spende auch als eine der ersten verarbeitet. Der Beutel wird gescannt und für die Zentrifugation freigegeben. Aus einer Blutspende werden drei Präparate hergestellt: Das Erythrozytenkonzentrat, das Thrombozytenkonzentrat und das Plasma.
In der Zentrifuge werden die Blutbestandteile voneinander getrennt
6.21 Uhr In der Zentrifuge werden die Bestandteile des Blutes durch extrem schnelles Schleudern voneinander getrennt. „Die roten Blutkörperchen setzen sich unten ab, das Blutplasma oben. dazwischen entsteht eine Schicht aus Blutplättchen und weißen Blutkörperchen“, erklärt Ärztin Dr. Bettina Lizardo, die die Herstellung in Lütjensee leitet.
6.51 Uhr Die nächste Station ist der Separator. In dem Gerät werden die Blutbestandteile in Beutel abgequetscht. Es entstehen das Erythrozytenkonzentrat und das Plasmapräparat.
6.55 Uhr Das Blutplasma wird auf -30 Grad gefroren und ist so etwa zwei Jahre haltbar. Das Erythrozytenkonzentrat, das klassische rote Blut, ist gekühlt maximal 42 Tage haltbar. Thrombozytenkonzentrate, also die Blutplättchen, sind maximal fünf Tage haltbar. „Da sind die Engpässe am gravierendsten“, so von Rabenau.
Die weißen Blutkörperchen werden aus dem Blut herausgefiltert
6.58 Uhr Das Blutplättchenkonzentrat von Ostermann ist noch nicht fertig. Es wird mit drei weiteren Konzentraten der gleichen Blutgruppe zusammengeführt, damit die Menge ausreicht. Dieses und das Erythrozytenkonzentrat werden mit einer Nährstofflösung versetzt und gefiltert, um die weißen Blutkörperchen herauszufiltern. „So wird die Blutspende verträglicher“, sagt Lizardo. „Die weißen Blutkörperchen können sonst zum Beispiel Schüttelfrost verursachen.“
7.58 Uhr Von Fabian Ostermanns Blut werden Proben entnommen, die mit einem ICE in ein zentrales Labor nach Frankfurt geschickt werden. Dort wird das Blut auf Krankheiten wie Hepatitis, Syphilis und HIV getestet.
19 Prozent der Blutspenden kommen bei Krebspatienten zum Einsatz
15.30 Uhr Das Labor hat für das Blut unseres Spenders grünes Licht gegeben. Nun ist es zur Transfusion freigegeben. Im Vertrieb des Blutspendedienstes steht es nun zur Abholung bereit. 47 Kliniken und rund 70 Praxen in Schleswig-Holstein und Hamburg werden mit dem Blut versorgt.
Was ganz genau mit der Blutspende von Fabian Ostermann passiert, ob es einem Motorradfahrer in einer Notoperation das Leben rettet, ob es bei der Komplikation einer Geburt zum Einsatz kommt oder als Bluttransfusion für einen Krebspatienten dient, wird zwar dokumentiert, unterliegt aber strengem Datenschutz und darf nicht verraten werden.
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19 Prozent der Blutspenden werden für die Versorgung von Krebspatienten genutzt. Jeweils 16 Prozent werden für Menschen mit Magen-Darm- und Herzerkrankungen benötigt. Zwölf Prozent des gespendeten Blutes rettet Unfallverletzte. „Wenn dauerhaft zu wenig Blut gespendet wird, müssen wichtige Operationen verschoben werden“, sagt Susanne von Rabenau. „Im schlimmsten Fall kostet Blutmangel Menschenleben. Deshalb sagt man richtigerweise: Blutspender sind Lebensretter.“