Stapelfeld. Gemeinde hat sich ein Notstromaggregat mit hoher Leistungsfähigkeit zugelegt. Was damit alles möglich ist im Katastrophenfall.

„Dieses Szenario wird hoffentlich niemals passieren“, sagt Stapelfelds Bürgermeister Jürgen Westphal von der örtlichen Wählergemeinschaft mit Blick auf einen flächendeckenden Stromausfall nicht nur für wenige Stunden, sondern über mehrere Tage. Die rund 1800 Einwohner zählende Kommune hat sich für den Fall gewappnet, um kritische Infrastruktur am Laufen zu halten. Sie ist jetzt im Besitz eines Notstromaggregats mit einer Spitzenleistungsfähigkeit von 150 Kilovoltampere (kVA). Das Gerät steht in der Feuerwehrwache an der Hauptstraße und garantiert, dass die Einsatzkräfte bei einem Blackout nicht zur Untätigkeit verdammt sind und Bürger in dem Gebäude vorübergehend untergebracht sowie versorgt werden können.

Die Konstruktion ist voluminös und 1,7 Tonnen schwer. Ein weißer Metallkasten mit aufklappbaren Türen misst 3,50 Meter in der Länge, 1,12 Meter in der Breite und 150 Zentimeter Höhe. Darin verbirgt sich ein Sechs-Zylinder-Motor, 300 Liter Diesel passen rein. 31.000 Euro hat Stapelfeld für das Notstromaggregat bezahlt und 6000 weitere für den Umbau durch eine Fachfirma. Ein guter Preis. Auf eine Ausschreibung hat der Bürgermeister verzichtet. „Ich habe im Internet recherchiert und bin auf ein Unternehmen in Ostfriesland gestoßen“, berichtet der ehrenamtlich tätige Westphal.

Bauhofmitarbeiter holten das Gerät aus Ostfriesland

Das Gerät wurde im Oktober 2022 für den Betrieb freigegeben und ist neuwertig, wurde aber bereits einmal kurz genutzt. Bei einem Auto würde man von einer Tageszulassung sprechen. Dementsprechend sieht es aus. Innen sind keine Gebrauchsspuren zu erkennen, alles ist wie blank geputzt. „Wir wären auch mit einem 80 kVa-Aggregat ausgekommen, aber der Markt ist wie leer gefegt mit Wartezeiten bis zu einem Jahr“, sagt der Bürgermeister. Und die leistungsärmere Variante wäre auch nur 6000 Euro günstiger gewesen.

Der Gemeinschaftsraum in der Stapelfelder Feuerwache. Hier würde man bei einem länger andauernden Blackout Bürger unterbringen.
Der Gemeinschaftsraum in der Stapelfelder Feuerwache. Hier würde man bei einem länger andauernden Blackout Bürger unterbringen. © René Soukup

Die Bauhofmitarbeiter Marcus Claus und Andreas Bart holten das schwere Teil mit einem Anhänger aus Ostfriesland nach Stapelfeld. Demnächst werden noch Rollen angebracht, damit man es verschieben kann. Claus ist seit 2013 Gemeindewehrführer, vergangenen Donnerstag wurde ein Testlauf durchgeführt, erste Rettungskräfte bekamen eine Einweisung. „Das Gerät läuft wie geschnitten Brot“, so Westphal. Vorgänger war ein Zapfwellengenerator, der an einen Traktor angeschlossen wird. Mit diesem hätten bei einem Stromausfall zum Beispiel die Tore der Feuerwache geöffnet werden können. „Für Warmwasserzubereitung und die Küche langt das aber nicht“, so Westphal. Er hat den Generator inzwischen an einen landwirtschaftlichen Betrieb im Ort veräußert.

Mit der Neuanschaffung könnte bei einem Blackout im 60-Quadratmeter-Gemeinschaftsraum im Obergeschoss auch gekocht werden. Hier würde die Gemeinde einen Sammelpunkt zum Beispiel für Senioren einrichten und auch Platz für Stapelfelder in der Fahrzeughalle schaffen.

Stapelfelds Feuerwehr hat 47 aktive Mitglieder

In dem 1100-Quadratmeter-Gebäude sind Feuerwehr und Bauhof untergebracht, 700 Quadratmeter davon sind Gerätehaus sowie Bereitschafts- und Schulungsräume der Ehrenamtler. Im Oktober 2014 war Einweihung. Mit rund 1,95 Millionen Euro war das Projekt nur geringfügig teurer geworden als geplant, man hatte auf 100.000 Euro weniger gehofft. Heutzutage kostet ein Komplex mit dieser Ausstattung einiges mehr. Gedauert hat der Bau, der auf einem ehemaligen Rapsfeld von 5000 Quadratmetern Größe entstanden ist, ein Jahr. Die Stapelfelder Wehr zählt 47 aktive Mitglieder, sie hat drei Fahrzeuge.

Auch anderenorts in Stormarn sind Vorkehrungen getroffen worden für einen Blackout. Im Gewerbegebiet Reinfeld/Stubbendorf gibt es eine Tankstelle mit einem Notstromanschluss, wo Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst, Katastrophenschutz und Energieversorgern mit Treibstoff befüllt werden könnten.

Vor mehr als vier Jahren hat ein vierstündiger Stromausfall in Lübeck gezeigt, wie das öffentliche Leben in einem solchen Fall zusammenbrechen kann. Damals gab es an den Tankstellen keinen Sprit mehr. Sämtliche Ampeln gingen aus. Die Geschäfte mussten schließen, weil die Kassen Strom brauchen. Zudem fielen nach gut zwei Stunden die ersten Mobilfunkmasten aus, sodass die Menschen auch nicht mehr mit dem Handy telefonieren konnten. Ein flächendeckender Blackout über mehrere Tage würde auch zu Problemen beim Abwasser führen. Es komme zu einem Rückstau in den Pumpwerken und im Sielnetz. Ungereinigtes Abwasser könnte in die Gewässer fließen. Es drohen schlechte hygienische Zustände, warnen Experten.

Nur partiell dürfte der ÖPNV funktionieren. „Die Betankung und der Einsatz unserer rund 1000 Dieselbusse wäre mit Einschränkungen grundsätzlich weiterhin möglich“, sagte eine Sprecherin der Hamburger Hochbahn jüngst dieser Redaktion. Der U-Bahn-Betrieb und der Einsatz von E-Bussen über den aktuellen Ladungsstand hinaus seien ohne Stromversorgung nicht möglich.