Glinde. Grundstück mit 1894 gebautem Togohof wird per Erbpacht angeboten. Ein Nachbar hat bereits Interesse bekundet und Ideen für Nutzung.

Fenster sind mit Sperrholzplatten abgedeckt, die Fassade ist an mehreren Stellen beschmiert. Das Dach ist vermoost, der Garten verwildert. Am Seiteneingang steht ein verrosteter Grill, daneben sind Steinplatten abgelegt. Um den Togohof in Glinde ist es nicht gut bestellt. Das 1894 errichtete Gebäude mit seinen drei Geschossen war früher Verwaltungssitz und ist seit einiger Zeit unbewohnt. Jetzt hat die Politik entschieden, das historische Haus loszuwerden. Besser gesagt: Sie will ein dazugehöriges Grundstück per Erbpacht abgeben. Für das Vergabeverfahren sind im Haushalt des kommenden Jahres 15.000 Euro bereitgestellt.

Das ist nur der erste Schritt, es gilt noch einiges zu regeln, bevor konkrete Gespräche mit Interessenten starten. „Die Immobilie befindet sich in einem Grünzug mit mehreren Tausend Quadratmetern. Das Grundstück muss zugeschnitten werden“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Es gebe bereits seit zwei Jahren Anfragen auch aus der Nachbarschaft zwecks einer Übernahme. Ein Kandidat ist die Wichern-Gemeinschaft mit Sitz in Reinbek. Sie betreibt nebenan ein gleichnamiges Alten- und Pflegeheim mit 112 Plätzen. Vorstand Joachim Laußat sagt: „Man könnte in dem Gebäude eine Pflegehausgemeinschaft unterbringen mit Anbindung ans Haupthaus. Für dieses benötigen wir zudem eine Erweiterungsfläche.“ Das sind allerdings nur Gedankenspiele. „Ich habe den Togohof noch nicht besichtigt, müsste mir erst mal ein Bild von den Gegebenheiten innen machen.“

Togohof: Versicherung zahlte 16.000 Euro für Brandschäden

Für die Politik hatte die Stadtverwaltung Mitte 2021 einen Bericht angefertigt über die Beschaffenheit der Immobilie. Sie hat größere Setzrisse und eine veraltete Wärmedämmung, die tragenden Holzbalken sind stark in Mitleidenschaft gezogen. Zudem sind Wasserschäden und Schimmelbildung erwähnt. Die Heizung hat ihre besten Jahre hinter sich. Kessel sowie Gasbrenner sind abgängig, energetisch nicht mehr auf dem heutigen Stand. Die Rohrisolierung ist zum großen Teil nicht mehr vorhanden. „Fenster, Dach und die ganze Gebäudetechnik müssen neu gemacht werden“, sagt Zug. Die Parteien wollen in das Gebäude nun nicht mehr investieren.

In dem war früher auch mal eine Polizeistation untergebracht, zuletzt diente es als Obdachlosenunterkunft. Im Dezember 2019 richtete ein Brand weitere Schäden an. Die Feuerwehr rettete die Bewohner. 16.000 Euro zahlte die Versicherung. Mit dem Geld wurden verrußte Putzflächen der Wände abgeschlagen und die verkohlten Abhangdecken inklusive Bodenbeläge abgebrochen und entsorgt. Nutzbar für Wohnzwecke ist der Togohof seitdem nicht mehr.

SPD wünscht sich Bau von Sozialwohnungen auf dem Areal

Glindes Bürgermeister möchte das Gebäude erhalten, die Garagen könnten seiner Ansicht nach abgerissen werden. Um auf einem größenmäßig noch zu bestimmenden Areal Immobilien zu schaffen, müsste der Bebauungsplan geändert werden. Möglich ist zudem ein Abriss, der Togohof steht nicht unter Denkmalschutz. „Wenn dort sozialer Wohnungsbau umgesetzt werden kann, stehen wir dem Wegfall offen gegenüber“, sagt die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Marlies Kröpke. Die Sozialdemokraten haben dabei das Unternehmen Züblin im Auge. Wie berichtet, hatte ein Prokurist bei drei Parteien vorgesprochen. Die Firma benötigt ein 3000-Quadratmeter-Grundstück für ihr Projekt, verspricht 36 öffentlich geförderte Einheiten mit einer Kaltmiete von 6,10 Euro pro Quadratmeter – und zwar ausschließlich solche. Ein lukratives Angebot für die Stadt, denn in der Regel lassen sich Investoren nur auf 30 Prozent Sozialwohnungen bei Neubauten ein.

„Für mich ist der entscheidende Punkt, dass das Grundstück im Besitz der Stadt bleibt“, sagt CDU-Fraktionschef Rainer Neumann. Neue Gebäude auf dem Areal sehe er kritisch. Thomas Kopsch von den Liberalen will Wohnungsbau nicht ausschließen: „Aber natürlich wäre es auch schön, wenn der Togohof erhalten bleibt.“ Womöglich lässt sich beides miteinander vereinbaren. Das wird noch Gegenstand von Diskussionen in den politischen Gremien sein. „Ein paar Sträucher zu entfernen für neue Immobilien wäre für uns kein Problem, wohl aber, wenn man große Bäume fällen müsste“, sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende. Ihm sei wichtig, dass die Umgebung ein Erholungsgebiet bleibe.

Togohof in Glinde: Stadt will Gebäude loswerden

Mit der Erbbauregelung macht die Stadt nichts falsch. Üblicherweise liegt die Vertragslaufzeit zwischen 50 und 99 Jahren. Neben einer einmaligen Abtretungssumme streicht Glinde per anno einen noch festzulegenden Erbbauzins ein. Wird der Kontrakt nicht verlängert, gehen alle auf dem Grundstück stehenden Immobilien automatisch an die Kommune über. Sie muss zwar eine Entschädigung zahlen, kann den Vertrag aber so gestalten, dass nur zwei Drittel des Verkaufswerts zu entrichten sind.

Ein anderes historisches Haus liegt den Parteienvertretern mehr am Herzen als der Togohof – die 1855 erbaute Suck’sche Kate an der Dorfstraße, die zugleich Kulturdenkmal ist. Sie gehört einem Geschäftsmann aus Bergedorf. Er lässt die Immobilie verkommen. Deshalb beschäftigt sich Glinde mit einem Kauf, soll 550.000 Euro zahlen. Allerdings kostet die Sanierung rund zwei Millionen Euro. Das schreckt manch einen ab. Für die Entscheidungsfindung wurde extra eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aller Fraktionen eingerichtet. Die Treffen blieben bislang ergebnislos.