Bargteheide. Warum die Wahl eines neuen Vorstands zum dritten Mal gescheitert ist. Vorsitzender ist schon zurückgetreten

Um 19.48 Uhr sah Klaus Mairhöfer seine Mission als gescheitert an. In der Cafeteria des Seniorendorfes verkündete der 72-Jährige seinen sofortigen Rücktritt als Vorsitzender des Europavereins Bargteheide. „Die Mitgliederversammlung am 7. Dezember sollte einer sachlich konstruktiven Vorstandswahl und Neuausrichtung dienen“, so Mairhöfer. Dazu sei es aber nicht gekommen, weil der durch zweimal gescheiterte Neuwahlen noch immer amtierende Vorstand alle Vermittlungsversuche ausgeschlagen habe. Nunmehr wolle er den Verein nicht weiter mit seiner Person belasten, heißt es in einer von ihm verbreiteten Erklärung.

„Es war doch von vornherein klar, dass Mairhöfers Entscheidung, die Versammlung nicht öffentlich durchzuführen, für Diskussionen sorgen würde“, sagt die ehemalige Vorsitzende Martina Vollrath. Damit habe Mairhöfer für ein vollkommen unnötiges Novum gesorgt. Angesichts des Vereinszwecks müsse es allen interessierten Bürgern möglich sein, an Mitgliederversammlungen teilzunehmen. Um sich so einen persönlichen Eindruck von der Arbeit des Europavereins verschaffen zu können. Und auf dieser Basis zu entscheiden, ob man sich vielleicht selbst bei den Städtepartnerschaften engagieren möchte.

Klaus Mairhöfer pochte plötzlich aufs Vereinsrecht

Mairhöfer aber pochte urplötzlich aufs Vereinsrecht, wonach jede Mitgliederversammlung generell nicht öffentlich sei. Daran hielt er auch fest, als der ehemalige Vorsitzende des Europavereins, Andreas Bäuerle, in der Cafeteria den Antrag stellte, die Öffentlichkeit doch zuzulassen. Vor der Tür harrte zu diesem Zeitpunkt eine Frau aus, die sich schon lange für die Städtepartnerschaft mit dem französischen Déville-lès-Rouen engagiert, inzwischen aber kein Mitglied mehr ist.

„Natürlich gab es bei der Abstimmung, ob sie als Gast zugelassen werden darf, eine breite Mehrheit“, sagt Bäuerle. Seiner Ansicht nach hätten sich bestimmt noch andere am Europaverein interessierte Bürger an dem Abend auf den Weg ins Seniorendorf gemacht, wären sie nicht durch Mairhöfer ausgebremst worden.

Penible Eingangskontrolle der Versammlungsteilnehmer

Tatsächlich war zuvor durch den Mairhöfer-Vertrauten und Vorstandskandidaten, Tom Mac Arthur, penibel geprüft worden, wer sich da Zutritt zur Versammlung verschaffen wollte. Letztlich waren es gerade 18 reguläre Vereinsmitglieder, drei Beiratsmitglieder und fünf vermeintliche Neumitglieder.

Um letzte entbrannte dann, erwartbar, eine heftige Debatte. Wann diese denn durch wen genau aufgenommen worden seien, wollte Martina Vollrath wissen. Daraufhin soll Mairhöfer aus einer Mail des Registergerichts in Lübeck zitiert haben, wonach es die Neuaufnahmen schriftlich bestätigt habe.

Amtsgericht dementiert Bestätigung der Neuaufnahmen

Dem Abendblatt liegt hingegen eine andere Information vor. Auf Anfrage teilte Corinna Wiggers, Richterin am Amtsgericht Lübeck, am 6. Dezember mit, vom Registergericht sei „die Aufnahme neuer Mitglieder durch ein einziges Vorstandsmitglied nicht bestätigt“ worden. Mairhöfer habe allerdings die Auskunft erhalten, dass der Vorstand selbstverständlich über Neuaufnahmen entscheiden könne. Allerdings sei der Auskunft gebenden Mitarbeiterin wohl nicht bekannt gewesen, dass Mairhöfer zum Zeitpunkt der Anfrage das einzige regulär gewählte Vorstandsmitglied war. „Insofern gab es hier wohl ein Kommunikationsmissverständnis“, so Wiggers.

Wenn dem so ist, hätten die fünf anwesenden Neumitglieder allerdings gar nicht anwesend sein dürfen, weil über ihre Aufnahme eben noch nicht abschließend entschieden worden ist. Die vier verbliebenen Mitglieder des kommissarisch im Amt befindlichen Altvorstands hätten die Neuaufnahmen jedenfalls nicht bestätigt, da sie dazu gar nicht berechtigt seien.

Neumitglieder verlassen brüskiert den Tagungsort

Durch diese Debatte brüskiert, hatten die Neumitglieder alsbald den Tagungsort verlassen. Worauf mit Ausnahme von Mac Arthur auch niemanden mehr anwesend war, der bereit gewesen wäre, sich in den Mairhöfer-Vorstand wählen zu lassen. Wenig später erklärte dann auch der verhinderte Vereinsretter, dass er nun nicht länger zur Verfügung stehe.

Allerdings nicht, ohne in seinem Statement am nächsten Tag alle Schuld von sich zu weisen. Um eine Auflösung des Vereins bereits Ende Oktober des Vorjahres zu verhindern, habe er sich bereit erklärt, den Vorsitz zu übernehmen und für einen neuen Vorstand zu sorgen. Doch leider habe das „darauffolgende Gezerre um Formalien und die notwendige Wahl (…) nicht zu kooperativen und zukunftsweisenden Inhalten geführt“.

Ende der 80er-Jahre 130 Mitreisende nach Déville

Für viele im Verein klingt das wie blanker Hohn. „Herr Mairhöfer hat nicht wahrhaben wollen, dass die Mehrheit weder eine Verkleinerung des Vorstands von fünf auf drei Mitglieder goutierte noch eine geheime Briefwahl. Und schon gar keinen Ausschluss der Öffentlichkeit bei Mitgliederversammlungen“, so Ex-Bürgermeister Werner Mitsch, der selbst Initiator und Mitbegründer des Europavereins war. Und wenn ein ordentliches Gericht eine Wahl kassiert, handele es sich dabei mitnichten um eine lästige Formalie.

Er könne sich noch gut erinnern, dass es in den 1980- und 90er-Jahren 130 Mitreisende nach Déville gegeben habe. Und der ICE auf der Rücktour einen außerplanmäßigen Halt in Bargteheide eingelegt habe, damit die Vereinsdelegation aussteigen könne. Es habe zudem einen intensiven Schüleraustausch sowie gegenseitige Besuche von Fußball- wie Handballmannschaften und der Feuerwehren gegeben.

All das ist aber lange her. Aktuell ist die Mitgliederzahl unter 70 gefallen, von denen sich nicht einmal mehr die Hälfte aktiv einbringt. „Wenn wir ehrlich sind, dann haben sich die Städtepartnerschaften in ihrer traditionellen Form totgelaufen. Es fehlt an jungen Leuten, die mitziehen, allzu viele Ideen und Aktivitäten sind über die Jahre auf der Strecke geblieben“, konstatiert Martina Vollrath ernüchtert.

Aus diesem Grund werde der Altvorstand im Januar kommenden Jahres satzungsgemäß zu einer Außerordentlichen Mitgliederversammlung einladen, um den Verein aufzulösen. „Ich glaube nicht, dass sich bis dahin ein neuer Vorstand findet“, so Vollrath. Für diesen Fall hat Bürgermeisterin Gabriele Hettwer angekündigt, die Städtepartnerschaften wieder ins Rathaus zu holen und sich für diese Aufgabe ehrenamtliche Unterstützung zu suchen.