Bad Oldesloe. Warum das Reinbeker Krankenhaus auf diese Einschränkung (vorerst) verzichtet. Stormarn hat niedrigste Inzidenz im Land.

Während andere Kreise in Schleswig-Holstein wieder deutlich steigende Corona-Infektionen und Inzidenzen verzeichnen, sind sie im Kreis Stormarn seit Mitte des Monats rückläufig. Lag die Sieben-Tage-Inzidenz am 11. Oktober noch bei 566,4, ist sie zuletzt auf 362,7 gefallen – der mit Abstand niedrigste Wert im ganzen Land. Spitzenreiter sind die Kreise Ostholstein (673,7) und Steinburg (654,2). Dennoch hat die Asklepios Klinik Bad Oldesloe ab sofort erneut eine generelles Besuchsverbot erlassen. Wie bereits berichtet, gibt es Sonderregelungen nur für den Besuch von Palliativpatienten und sozialmedizinische Notfälle.

Derzeit nur sieben coronainfizierte Patienten

„Wir wissen, dass diese Situation für alle belastend ist, aber der Schutz unserer Patienten und der Mitarbeiter steht für uns an erster Stelle“, hat Geschäftsführerin Sigrun Senska den drastischen Schritt begründet. Noch gebe es zwar keine gravierenden Personal- und Kapazitätsengpässe. „Weil wir diese aber weitgehend vermeiden wollen, handeln wir präventiv“, so Senska auf Nachfrage unserer Redaktion.

Sigrun Senska ist Geschäftsführerin der Asklepios-Klinik Bad Oldesloe.
Sigrun Senska ist Geschäftsführerin der Asklepios-Klinik Bad Oldesloe. © HA | Nicole Brandstetter

Aktuell sind in der Asklepios Klinik Oldesloe nur sieben coronainfizierte Patienten in Behandlung, von denen keiner beatmet werden muss. Allerdings ist die Intensivstation des Hauses zu über 80 Prozent ausgelastet, der Anteil an Corona-Patienten beträgt 20 Prozent.

Nach drei Jahren coronabedingter Dauerstress

Bislang sind Asklepios-Sprecher Matthias Eberenz keine weiteren Kliniken des privatwirtschaftlich betriebenen Verbunds in Hamburg und Schleswig-Holstein bekannt, die zeitgleich ein Besuchsverbot verfügt hätten. „Es gibt da keine Ansage aus der Zentrale, das entscheiden die Klinikleitungen je nach Gefährdungslage selbst“, erklärt Eberenz und spricht von einer „Risikoabwägung in Einzelfall“.

Nach drei Jahren coronabedingten Dauerstresses seien alle Klinikleitungen bemüht, personell und logistisch nicht wieder in „kritische Grenzbereiche“ zu kommen. Deshalb sei es richtig, vorausschauend die Tore für Besucher temporär dichtzumachen. „Auch wenn es sich dabei um restriktive Regelungen handelt, die für Patienten und deren Angehörige durchaus belastend sein können“, so Eberenz.

Besucher müssen Negativtest nachweisen

Das Reinbeker Krankenhaus St.-Adolf-Stift verzichtet bislang auf solch einschneidende Maßnahmen. „Da sich bei uns alle Besucher zuvor testen lassen und ihr Zertifikat am Haupteingang vorzeigen müssen und im gesamten Haus FFP2-Maskenpflicht herrscht, planen wir zum jetzigen Zeitpunkt kein generelles Besuchsverbot“, sagt Sprecherin Andrea Schulz-Colberg.

Das Reinbeker Krankenhaus St. Adolf-Stift verzichtet bislang auf ein Besuchsverbot.
Das Reinbeker Krankenhaus St. Adolf-Stift verzichtet bislang auf ein Besuchsverbot. © BGZ | Susanne Tamm

Bei den steigenden Inzidenzen bis Mitte Oktober sei das zwar auch im St.-Adolf-Stift diskutiert worden. „Doch dann haben wir die Nachteile einer sozialen Isolation unserer Patienten gegen die recht leichte Erkrankungsschwere der aktuell vorherrschenden Corona-Variante abgewogen und uns dagegen entschieden“, so Schulz-Colberg.

Selbst in Patientenzimmern sind Masken Pflicht

Dennoch werde im ganzen Haus permanent und strikt auf die Einhaltung der Schutzregeln geachtet. Da praktisch alle Besucher negativ getestet sein müssen und selbst in den Patientenzimmern FFP2-Maskenpflicht besteht, belasse es die Krankenhausleitung derzeit beim Appell an alle Angehörigen, die Besuchskontakte auf wenige Personen zu reduzieren.

Bislang sind die Reinbeker mit dieser Strategie gut gefahren. Aktuell werden auf den Stationen 22 covidpositive Patienten behandelt, von denen lediglich sechs wegen Corona eingeliefert wurden. „Die Mehrheit ist also wegen anderen Erkrankungen bei uns und die Corona-Infektion ist erst im Aufnahmescreening festgestellt worden“, berichtet Schulz-Colberg.

Intensivbetten sind aktuell zu 80 Prozent belegt

Von den 22 isolierten Patienten müssen nur zwei intensivmedizinisch betreut erden. Beide seien aber nicht wegen Corona im Stift, sondern wegen einer Notfallbehandlung. Momentan sind acht von zehn Intensivbetten belegt, eine Auslastung von 80 Prozent. Mitte Oktober verzeichnete das Reinbeker Krankenhaus noch 36 coronapositive Patienten.

Dennoch wird die Lage auch im St.- Adolf-Stift weiter kritisch beobachtet. „Ob und welche Auswirkungen die Herbstferien haben werden, ist noch unklar. Ebenso, ob sich in den Wintermonaten womöglich neue Corona-Varianten durchsetzen werden“, sagt Andrea Schulz-Colberg. Ein größeres Aufkommen schwereren Fälle werde dann auch in Reinbek zu einer raschen Anpassung der Besuchsregelung führen.

Dunkelziffer an Coronapositiven ist deutlich höher

Unterdessen gehen Fachleute davon aus, dass längst nicht alle Corona-Infektionen Eingang in die Statistiken des Robert-Koch-Instituts finden. Die Selbstisolierung samt Meldepflicht ans jeweilige Gesundheitsamt besteht zwar fort. Doch die verlässliche Testung ist seit dem Abbau vieler Teststationen erheblich schwieriger geworden.

„Viele niedergelassene Ärzte testen nicht mehr. So müssen Betroffene für einen PCR-Test zu weiter entfernt gelegenen Teststationen fahren, was bei belastenden Krankheitssymptomen oft nicht machbar ist“, erklärt Oliver Löwenforst aus dem Fachbereich Soziales und Gesundheit der Kreisverwaltung. Außerdem würden die gängigen Schnelltests oft über Tage trotz Symptomen ein negatives Ergebnis anzeigen, sodass Kranke davon ausgingen, nicht oder nicht mehr an Covid erkrankt zu sein. „Deshalb dürfte die Dunkelziffer an Coronapositiven in allen Kreisen deutlich höher sein, auch im Kreis Stormarn“, so Löwenforst.