Bad Oldesloe. In der Klinik in Bad Oldesloe wertet erstmals weltweit ein autonomes System Proben aus. Es funktioniert ohne menschliche Hilfe.

Die Szenen, die sich im Labor der Asklepios-Klinik Bad Oldesloe abspielen, könnten genauso gut einem Science-Fiction-Film entstammen: Zwei Roboter blicken dem Betrachter von kleinen Bildschirmen aus mit großen blauen Augen entgegen, während sie mit ihren Greifarmen Proben sortieren, in die Analysegeräte einsetzen und diese anschließend bedienen. All das geschieht vollkommen automatisch.

Als erstes Krankenhaus weltweit hat die Asklepios-Klinik Bad Oldesloe am Montag ein autonomes Laborsystem vorgestellt, das fast vollständig ohne Hilfe menschlicher Mitarbeiter funktioniert. Die beiden von der Siemens-Tochter „Healthineers“ in Zusammenarbeit mit der United Robotics Group entwickelten Laborroboter können umfassende Analysen durchführen.

Weltneuheit: In Asklepios-Klinik in Bad Oldesloe analysieren Roboter die Laborproben

Durch einen kleinen Monitor, auf dem Augen eingeblendet werden, erhalten die Roboter einen humanoiden Anstrich.
Durch einen kleinen Monitor, auf dem Augen eingeblendet werden, erhalten die Roboter einen humanoiden Anstrich. © HA | RASMUS WALTER

Das Einsatzspektrum umfasst nach Angaben der Entwickler die kompletten Basisuntersuchungen von Blutproben, wie die Bestimmung von Enzymen, Proteinen und Gerinnungsfaktoren. Durch die Automatisierung soll ein Laborbetrieb rund um die Uhr, auch nachts und am Wochenende, möglich werden. „Mit unserem Robotersystem haben wir eine zuverlässige Mechanisierungslösung für kleine Labore entwickelt, bei denen eine Vollautomation unwirtschaftlich wäre“, sagt Dr. Guido Schütte, Leiter Labordiagnostik für Zentral- und Westeuropa bei Siemens Healthineers.

Die Lösung sei insbesondere für kleinere Kliniken im ländlichen Raum gedacht. Auch deshalb sei die Wahl auf das Krankenhaus in Stormarns Kreisstadt als Partner gefallen. „Wir haben in Bad Oldesloe eine mittelgroße Klinik mit einem Laborspektrum, das einen Großteil der Fragestellungen umfasst, die in Krankenhäusern dieser Größe auf der Tagesordnung stehen“, so Schütte.

System ist für kleinere Krankenhäuser im ländlichen Raum gedacht

Darüber hinaus wollen die Entwickler das Fachpersonal durch die Roboter entlasten. Schütte verweist auf ein Ende 2019 vom Deutschen Krankenhausinstitut veröffentlichtes Gutachten, wonach seinerzeit bundesweit fast 1200 Medizinisch-technische Laborassistenten (MTAs) in Kliniklaboren fehlten, fast dreimal so viele so viele wie noch 2011. Der Fachkräftemangel treffe besonders kleine und mittelgroße Krankenhäuser in strukturschwachen Regionen. Das System sei zwar speziell auf die Anforderungen in Bad Oldesloe zugeschnitten, könne aber auch für andere Krankenhäuser angepasst werden, so Schütte. Angaben zu den Kosten des Systems machte er nicht.

Eine Mitarbeiterin legt die Probenröhrchen in die Übergabestation.
Eine Mitarbeiterin legt die Probenröhrchen in die Übergabestation. © HA | RASMUS WALTER

Für den Analysevorgang gibt Klinikpersonal die Probenröhrchen in eine Übergabestation. Der Roboter nimmt die Proben, scannt den Barcode über eine Kamera, entfernt, wenn notwendig, die Probenkappen, sortiert diese in Racks und setzt sie je nach Prüfauftrag in eines von drei Spezialgeräten ein. Anschließend startet er den jeweils passenden Zentrifugations- oder Analyseprozess. Das Untersuchungsergebnis wird an das bestehende IT-System übermittelt. Darüber hinaus sind die High-Tech-Helfer auch in der Lage, Notfallproben zu priorisieren und bei der Bearbeitung vorzuziehen.

Roboter wiegen 19 Kilogramm und haben eine Reichweite von 1,26 Meter

Die sogenannten kollaborativen Roboter (Cobot) sind jeweils 19 Kilogramm schwer und verfügen über mehrere integrierte Kameras. Die Roboterarme mit ihren sieben Gelenken haben eine Reichweite von 1,26 Metern. Damit kann der Roboter Laborgeräte bedienen, die auf fünf Quadratmetern um ihn herum angeordnet sind. Das System hat eine Tragkraft von vier Kilogramm und eine Wiederholgenauigkeit von 0,1 Millimeter.

Mit ihren Greifarmen setzen die Roboter die Röhrchen in Racks.
Mit ihren Greifarmen setzen die Roboter die Röhrchen in Racks. © HA | RASMUS WALTER

Eine Software steuert die komplexen Prozesse der beiden Robotereinheiten und sorgt so für einen bis zu 16-stündigen Betrieb, in dem keine menschliche Hilfe notwendig ist. Das System ist an das digitale Laborinformationssystem der Oldesloer Klinik angeschlossen, in dem auch die Analyseergebnisse zur Verfügung stehen. „Asklepios versteht sich als branchenweiter Innovationsführer bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen und zeigt am Klinikstandort Bad Oldesloe, wie die Laborversorgung der Zukunft funktioniert“, sagt Prof. Dr. Christoph Herborn, Medizinischer Vorstand der Asklepios-Gruppe.

Asklepios-Gruppe prüft Einsatz auch an weiteren Standorten

Die Technologie habe das Potenzial, an vielen Klinikstandorten bundesweit zum Einsatz zu kommen. Asklepios selbst betreibt in Deutschland rund 160 Einrichtungen. Die Einführung in weiteren Häusern werde geprüft, so Herborn. „Mit dem Robotersystem können wir unser Laborpersonal entlasten und die Verfügbarkeit unseres Labors erhöhen“ sagt der Medizinische Vorstand der Asklepios-Gruppe. Das habe ganz unmittelbar auch Vorteile für die Patienten, die jetzt auch nachts und an Wochenenden jederzeit ihre Laborergebnisse schnell und zuverlässig erhielten.