Stapelfeld. Stapelfelder Landwirt will Acker nun doch verkaufen. 14 Hektar für Neuansiedlung von Unternehmen in Stormarner Gemeinde.
Mehr als eineinhalb Jahre hat sich Norbert Leinius bemüht, in seiner Funktion als Berater der Jebens-Gruppe einen Stapelfelder Landwirt zu überreden, einen sieben Hektar großen Acker an das Unternehmen zu veräußern. Dort will er Firmen ansiedeln. Erst sah es so aus, als sollte der Deal zügig abzuwickeln sein. Doch es stockte immer wieder. Nun ist im Poker um die Fläche der Durchbruch gelungen. Nach Informationen dieser Redaktion soll der Kaufvertrag in Kürze unterschrieben werden. Damit kann das erste länderübergreifende Gewerbegebiet von Hamburg und Schleswig-Holstein so groß werden, wie es zu Beginn der Planungen angedacht war.
Das Projekt von besonderer Bedeutung wurde bereits 2017 offiziell auf den Weg gebracht. Der damalige Wirtschaftssenator der Hansestadt, Frank Horch (parteilos), Schleswig-Holsteins früherer Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) und Landrat Henning Görtz unterzeichneten eine Absichtserklärung. Rund 14 Hektar und damit der kleinere Teil sollten auf Stormarner Gebiet für Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.
WAS plant Investitionsvolumen von rund 13 Millionen Euro
Die Aufgabenteilung war klar geregelt: Für die Hamburger Seite im Bezirk Wandsbek ist der Ahrensburger Geschäftsmann Klaus-Peter Jebens, der seinen Firmensitz in der Hansestadt hat, zuständig, die Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) kümmert sich um Flächenerwerb sowie Erschließung in Stapelfeld. Deren früherer Geschäftsführer Detlev Hinselmann schaffte es nicht, mit dem Landwirt übereinzukommen. Ulf Hahn trat am 15. Juli vergangenen Jahres seine Nachfolge als Stormarns oberster Wirtschaftsförderer an.
Davor hatte sich bereits Jebens eingeklinkt mit dem Ziel, den Bebauungsplan auszunutzen. Er schickte mit Leinius den Vorgänger von Hinselmann in die Spur. Der Mittsiebziger war bis 2016 WAS-Chef und hat in seiner 16 Jahre andauernden Amtszeit viel bewirkt, unter anderem 700 Betriebe im Kreis angesiedelt. Er ist ein kluger Netzwerker, dem ein ausgeprägtes Verhandlungsgeschick nachgesagt wird. Und einer, der nicht locker lässt. Hahn hat den Landwirt nach seinem Start einmal kontaktiert und dann Leinius das Feld überlassen. Dieser will sich zu der Einigung mit dem Bauern nicht äußern. Verständlich, solange der Kontrakt noch nicht signiert ist.
Natürlich weiß Hahn ebenfalls um den Stand der Verhandlungen. Auch er hat sich einen Maulkorb verpasst. Der WAS-Geschäftsführer sagt lediglich: „Wir sind in keinerlei Gesprächen mit dem Landwirt.“ Wie berichtet, hatte die Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn vor wenigen Wochen mit der Erschließung auf Stapelfelder Seite begonnen. Mit den Arbeiten wurde das Unternehmen Strabag beauftragt. Im kommenden Frühjahr sollen die Voraussetzungen für den Zuzug von Unternehmen geschaffen sein, die dann Gebäude errichten können. Hahn plant mit einem Investitionsvolumen von rund 13 Millionen Euro. Die Summe impliziert den Kauf von Ackerland.
Auf Hamburger Seite war schon ein Richtfest
Dass er auf Grundstücken sitzen bleibt, ist ausgeschlossen. Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei Weitem. „Wir unterhalten uns zum Beispiel mit Firmen aus der Medizinbranche“, sagt Hahn. Etwa zehn Betriebe sollen auf dem WAS-Areal heimisch werden, hinzu kommt eine noch unbekannte Zahl auf jenem Feld, das in den Besitz von Jebens übergeht. Bei der Erschließung in Stapelfeld ist die Fläche des Landwirts schon mitgedacht. Hahn hat sein Projekt von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen zertifizieren lassen mit dem „Gold Standard“. Die Gebäude werden mit Gründächern und Solaranlagen ausgestattet.
Das interkommunale Gewerbegebiet ist natürlich an den Öffentlichen Personennahverkehr angeschlossen. Eine Bushaltestelle befindet sich nur wenige Meter entfernt von der Einfahrt in den Stapelfelder Bereich. In der Hansestadt entsteht zurzeit im Anschluss an den seit 1992 existierenden Merkurpark der 34 Hektar große Victoriapark. Der Abschnitt in der rund 1800 Einwohner zählenden Gemeinde heißt Minervapark, von dem ein kleiner Teil auf dem Terrain des Nachbarn liegt. Auf Hamburger Seite ist man schon weiter. Dort war im Oktober vergangenen Jahres zum Beispiel Richtfest für die Firmenzentrale der SUND-Gruppe. Sie stellt Müllbeutel und Haushaltshelfer aus Recyclingmaterial her, ist Marktführer in Deutschland und Österreich. Ende 2022 sollen Mitarbeiter das Gebäude beziehen.
In Stapelfeld gab es auch Kritiker, nicht alle Politiker in der Gemeindevertretung haben dem Bebauungsplan zugestimmt im Februar 2019. Entscheidungsträger fürchteten zu viel Verkehr auf der Ortsdurchfahrt. Mit der WAS wurde vereinbart, dass sie die Kosten für Umbauten trägt. Welche sogenannten verkehrsberuhigenden Maßnahmen ergriffen werden, ist bislang nicht geklärt. Eine Zählung von Fahrzeugen, die auf der Strecke unterwegs sind, soll dabei helfen und wurde getätigt. Ergebnisse stehen aus. Stapelfeld ist finanziell gut aufgestellt und nicht zwingend auf zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen angewiesen. Ein Vorteil, wenn es darum geht, Forderungen zu stellen und diese auch durchzusetzen.
Innenministerium in Kiel stoppte Barsbütteler Pläne
Ursprünglich wollte Barsbüttel den großen Wurf in Sachen Gewerbe und das erste grenzübergreifende Projekt mit Hamburg vollziehen. 2011 bemühte sich die Gemeinde darum, ihre Firmenflächen an der Autobahn 1 zu erweitern. Rund 40 Hektar nördlich in Richtung Rahlstedt wollte die Kommune ausweisen und zusammen mit der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn vermarkten. Das Innenministerium in Kiel stoppte die Pläne, weil sie dem Regionalplan des Landes widersprachen. Jetzt wird alles eine Nummer kleiner. Erschließungsstart in Barsbüttel war im Juli 2020. 15 Hektar sind hinzugekommen, vier davon gehören Möbel Höffner.