Stapelfeld. Unternehmer will auf beiden Seiten in das grenzüberschreitende Gewerbegebiet investieren. Details der Erschließung aber noch offen.
Das erste grenzübergreifende Gewerbegebiet der Bundesländer Schleswig-Holstein und Hamburg wird voraussichtlich doch das ursprünglich geplante Volumen erreichen. Wie berichtet, hatte die Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) Probleme beim Grunderwerb auf Stapelfelder Gebiet. Ein Landwirt wollte trotz mehrerer Anläufe des Geschäftsführers Detlev Hinselmann sein Land nicht veräußern. Es schien so, als sollte der sogenannte Minervapark schrumpfen. Inzwischen hat sich jedoch Klaus-Peter Jebens eingeschaltet, der mit seinem Unternehmen den Bereich gegenüber in Rahlstedt erschließt und das Engagement über die Landesgrenze hinweg ausweiten will. Die Chancen stehen gut.
Norbert Leinius nahm Einfluss auf die Verhandlungen
Das bestätigt Norbert Leinius, der den Investor aus Ahrensburg mit Firmensitz in Hamburg berät. Der 74-Jährige war bis 2016 Stormarns oberster Wirtschaftsförderer und hat in seiner 16 Jahre andauernden Amtszeit viel bewirkt, unter anderem 700 Betriebe im Kreis angesiedelt. So entstanden 14.000 Arbeitsplätze. Leinius ist gut vernetzt in der Region, hat Überzeugungskraft, kann Menschen begeistern und agiert diplomatisch. Ein Vorteil, um seine Ziele zu erreichen. Bei mehreren Treffen mit dem Stapelfelder Landwirt hat er neben Jebens gesessen und Einfluss auf die Verhandlungen genommen. Er sagt: „Es sind gute Gespräche gewesen. Ich glaube, dass wir zusammenkommen und in Kürze eine Vereinbarung schließen.“
Leinius arbeitet halbtags für die Unternehmensgruppe und war selbst an seinem Geburtstag am vergangenen Dienstag im Büro, um die Gewerbeentwicklung auf Hamburger Seite voranzutreiben. Dort entsteht im Anschluss an den Merkurpark der Victoriapark. Inklusive des Minervaparks, von dem ein kleiner Teil auf dem Terrain der Hansestadt liegt, umfasst der Bereich rund 40 Hektar. Nahezu 14 Hektar sind Stormarn zuzuordnen, wovon wiederum knapp die Hälfte im Eigentum des Landwirts sind. Dass Hamburg mit dem Projekt anfängt, war übrigens abgesprochen.
50 Prozent der Flächen sind verkauft oder reserviert
„Wir sind voll im Zeitplan“, sagt Leinius. 50 Prozent der Flächen seien verkauft oder reserviert. Derzeit wird das Gebäude für die Firma Deiss, ein Spezialist für Abfallbeutel mit einem Sortiment von mehr als 5000 Artikeln, hochgezogen. Drei weitere Betriebe erstellen laut Leinius gerade Bauanträge. Im Intervall von vier Wochen habe er Anfragen von Unternehmen, die sich mit einer Ansiedlung in Rahlstedt beschäftigen.
Sein Nachfolger bei der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn berichtet ebenfalls von einem großen Interesse an Gewerbeflächen in der 1800 Einwohner zählenden Gemeinde Stapelfeld. Konkrete Gespräche mit Firmen will Detlev Hinselmann aber erst im Winter führen, wenn alle Details der Erschließung geklärt sind. Die hat noch nicht begonnen. „Wir stehen aber in den Startlöchern, fertigen die Ausschreibungsunterlagen“, sagt der WAS-Geschäftsführer. Er will 2021 so früh wie möglich die Gewerke arbeiten lassen, ist bei dem Vorhaben aber von den Witterungsverhältnissen abhängig.
Die Ortspolitiker waren nicht leicht zu überzeugen
Hinselmann wird in den kommenden Monaten noch Weichen stellen, das Projekt allerdings nicht beenden. Am 31. März tritt er ab. Die Stelle ist inzwischen ausgeschrieben und eine Personalberatung eingebunden. Laut Landrat Henning Görtz, der Vorsitzender des WAS-Aufsichtsrats und der Gesellschafterversammlung ist, kann womöglich schon am 15. Dezember bei einem Aufsichtsratstreffen über die Nachfolge entschieden werden.
Hinselmann hatte kein leichtes Spiel, um die Stapelfelder Politik von dem Vorhaben zu überzeugen. Schließlich mussten die Gemeindevertreter den Bebauungsplan absegnen. Das geschah zwar im Februar 2019 auch mit Gegenstimmen. Allerdings hatten Vertreter aus Politik und Verwaltung, darunter Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) und der damalige Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos), bereits im November 2017 eine Absichtserklärung für das interkommunale Gewerbegebiet unterschrieben.
Stapelfeld wollte bei der Verkehrsführung mitreden
Im Stormarner Dorf wurden die Debatten lange kontrovers und persönlich geführt. Die Entscheidungsträger wollten unbedingt bei der Verkehrsführung mitreden. Vor allem ging es ihnen darum, zusätzliche Autos und Lastwagen auf der Ortsdurchfahrt zu vermeiden und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Und Stapelfeld sah es nicht ein, dafür zu zahlen. Das Ergebnis von Verhandlungen: Die Kosten für Umbauten trägt jetzt die WAS.
Auch außerhalb des Ortskerns wird in Sachen Verkehr einiges unternommen, die Alte Landstraße von Braak auf Höhe des Gasthauses Braaker Krug in Fahrtrichtung Hamburg auf einem 1,6 Kilometer langen Abschnitt bis zur Kreuzung an der Müllverbrennungsanlage Stapelfeld zweispurig. Die Rampen an der A-1- Anschlussstelle bekommen eine zusätzliche Abbiegespur. Ende 2022 soll das Acht-Millionen-Projekt fertig sein. Kreis, WAS, Müllverbrennungsanlagenbetreiber EEW Energy from Waste und Jebens zahlen zu je einem Viertel 250.000 Euro Planungskosten. Die Summe für den Bau bringt zu einem Drittel der Bund auf, den Rest trägt das Land.