Glinde. Umbau des Kellers im Glinder Vereinsheim kostet rund 200.000 Euro. Die Boxer können auch während der Arbeiten dort trainieren.
Die silbernen Lüftungsrohre an der Decke sind montiert, an diesem Dienstag soll das dazugehörige Aggregat geliefert werden. Trennwände zu den Umkleide- und Abstellbereichen haben Handwerker schon gezogen, derzeit sind sie mit Bodenarbeiten beschäftigt. Seit Dezember gestalten Fachkräfte den Box-Keller im Vereinsheim des TSV Glinde um. Schlag auf Schlag geht es dabei nicht. Fertigstellung ist erst im Sommer. Der Grund: Die Sportler haben kein Ausweichquartier, sollen dort auch weiterhin trainieren. „Deswegen kommen die Gewerke nach und nach“, sagt Joachim Lehmann, der hauptamtliche Vereinsvorsitzende. Rund 200.000 Euro kostet das neue Zuhause für die 40 Mitglieder zählende Sparte. Es hat Charme und erinnert irgendwie an die legendäre Ritze auf der Reeperbahn.
Der Box-Ring in der Mitte der mehr als 300 Quadratmeter großen Fläche bleibt erhalten. Neben einer Lüftungsanlage und besserer Beleuchtung wird ein Boden verlegt wie in einer herkömmlichen Sporthalle – mit einer zehn Zentimeter dicken Spezialschicht auf dem Beton. Die sogenannten Käfige, wo Utensilien gelagert sind, verschwinden. Dass sich hier kräftige Menschen in Form bringen, ist unübersehbar. Im Eingangsbereich stehen zwei großen Reifen von Traktoren. Die Kampfsportler benötigen sie für ihre Übungen.
Verein steuert auf 2600-Mitglieder-Marke zu
Der Verein hatte mit den Planungen schon 2016 begonnen. Angedacht war seinerzeit ein Budozentrum auf Initiative der Karate-Kämpfer. Dementsprechend wurde ein Antrag auf Förderung gestellt beim Landessportverband. „Dann hat sich die Budo-Abteilung personell neu aufgestellt und für einen Verbleib an der aktuellen Trainingsstätte in der kleinen Halle Tannenweg ausgesprochen“, sagt Lehmann. In der Sparte sind die Sportarten Karate, Jiu Jitsu, Wing Tsun und nun auch Kung Fu integriert. Also wurde offiziell auf die Bezeichnung Mehrzweckraum umgeschwenkt. Deshalb mussten Anträge modifiziert werden. Diese wurden auch genehmigt. Trotzdem startete der Verein mit dem Umbau nicht sofort.
„Wir haben das Projekt wegen Corona eine Zeit lang vernachlässigt, hatten einfach andere Sorgen“, so Lehmann. Er spielt damit auf den Mitgliederschwund und fehlende Einnahmen in 2020 an. Die Zahl der Beitragszahler sank seinerzeit von 2995 auf 2540 – ein sattes Minus von 15,2 Prozent. Geld generiert der TSV auch durch Kurse wie zum Beispiel Kinderschwimmen, Tanzen, Wassergymnastik und orthopädische Reha. All diese Angebote waren damals nicht möglich. Langsam erholt sich der TSV von dem Nackenschlag, steuert zumindest auf die 2600-Mitglieder-Marke zu.
Aktivregion unterstützt das Projekt mit 68.000 Euro
„Dennoch ist es ein Kraftakt, das Eigenkapital aufzubringen“, sagt Lehmann. Der Landessportverband bezuschusst den Kellerumbau mit 36.000 und die Aktivregion Sieker Land Sachsenwald mit 68.000 Euro. Die Stadt gewährt zudem ein Darlehen in Höhe von 40.000 Euro bei einem Zinssatz von zwei Prozent. Der Verein hat sich für eine Fünf-Prozent-Tilgung entschlossen.
Der TSV Glinde ist finanziell nicht auf Rosen gebettet, ihn drücken rund 900.000 Euro Schulden. Vor mehr als 20 Jahren hatte man sich mit einem Hotel samt Tanzsporhalle übernommen, stand kurz vor der Pleite. Damals war Lehmann noch nicht in der Verantwortung. Er hat keinen einfachen Job, muss den Verein zukunftsfähig machen und nötige Modernisierungen vornehmen, allerdings dabei extrem aufs Geld schauen. Den Mehrzweckraum bezeichnet der Vorstandschef als existenziell und Investition in die Zukunft.
Dort will er auch andere Sportangebote wie zum Beispiel Gymnastik oder Ballett unterbringen. „Durch den Ausbau der Grundschule Tannenweg mit offenem Ganztag fürchte ich, dass sich unsere Hallenzeiten an dem Standort reduzieren“, sagt Lehmann. Derzeit könne der Verein ab 14 Uhr die Sportstätte nutzen. Später wird Kinderturnen, so seine Befürchtung, erst ab 17 Uhr möglich sein.
Den umgebauten Keller werden sich die Boxer also teilen müssen. Die Abteilung sorgte Anfang der 90er-Jahre für Furore. Damals stand die TSV-Mannschaft vor bis zu 1000 Zuschauern in der Zweiten Bundesliga im Ring. Dann ging es bergab: erst Abstieg und die Oberliga und schließlich Auflösung der Sparte. 2012 kam es zur Neugründung. Glinde hat in seinen Reihen inzwischen auch wieder Hamburger Meister.