Bargteheide. In Bargteheide stehen sich Befürworter und Kritiker der amtierenden Bürgermeisterin unversöhnlich gegenüber.
Der Kahlschlag zwischen Bornberg und Südring ist zum Symbol für die tiefe Spaltung von Bargteheide geworden. Auf der einen Seite viele Anwohner und andere Bürger der Stadt, das Gros der Kommunalpolitik und die Umweltverbände, für die das Areal wegen eines fragwürdigen Verwaltungshandelns zum Schandfleck im Herzen der Stadt geworden ist. Auf der anderen Seite die Anhängerschar der Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht um den partei- und fraktionslosen Stadtvertreter Klaus Mairhöfer und die Grünen.
Seit Wochen dominieren zahlreiche Meinungsäußerungen aus beiden Lagern die Leserbriefspalte des Stormarnteils. Während die einen immer wieder vortragen, es sei in der Causa Kahlschlag alles gefragt und gesagt, fordern die anderen, dass endlich alles auf den Tisch kommt.
Viele Versuche, Kahlschlag zu relativieren
Es ist schon erstaunlich, mit welchen Begründungen, Vorwürfen und Unterstellungen die Unterstützer der amtierenden Rathauschefin eine weitere Berichterstattung über den fatalen Eingriff infrage stellen und letztlich unterbinden wollen. Fast immer wird dabei versucht, den Kahlschlag zu relativieren und kleinzureden. Es sei ja gar kein Wald gewesen, war da zu lesen. Vielmehr habe es sich um ein „Dickicht mit krankem Baumbestand“ gehandelt, mit viel Totholz und weggeworfenem Unrat. Kurzum, um „eine derbe Visitenkarte“ der Stadt, die seit Jahrzehnten ungepflegt darniederlag.
Gern wird die Bedeutung des Frevels auch mit sarkastischen Anmerkungen in Zweifel gezogen. Etwa mit der Einlassung, es habe nicht viel gefehlt und es wären womöglich „noch seltene und schützenswerte Arten entdeckt“ worden. Oder mit vollkommen überflüssigen Hinweisen, nun mögen doch alle bitte mal „die Kirche im Dorf“ lassen und sich wieder den „wirklich wichtigen Themen“ zuwenden.
Rechtswidriger Eingriff zweifelsfrei festgestellt
Wer so argumentiert, redet natürlich auch gern von einem „sogenannten Kahlschlag“. Und ignoriert damit, dass mehrere Behörden, von der Unteren Forst-, über die Untere Naturschutzbehörde bis zum Kreis Stormarn den rechtswidrigen Eingriff zweifelsfrei festgestellt und letztlich über einen Bußgeldbescheid sanktioniert haben.
Des Öfteren zu lesen war auch der Vorwurf, einer „immer wieder aufs Neue belebten Berichterstattung“, ohne dass es überhaupt etwas Neues gebe. Etliche dieser Leserbriefe erreichten die Redaktion übrigens, nachdem der Kreis Stormarn der Stadtverwaltung Vorsatz attestiert und eine Strafzahlung von 42.000 Euro verhängt hatte. Neu war zudem, dass das Rathaus Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt und den Vorsatz dementiert hat.
Sogar die Staatsanwaltschaft hat ermittelt
Gern wird von den Anhängern der Bürgermeisterin auch vorgetragen, die Verwaltung hätte „umfassend zur Aufklärung“ des Kahlschlags beigetragen und alle wichtigen Unterlagen zur Verfügung gestellt. Dabei hat sich jüngst herausgestellt, dass es sogar zu staatsanwaltlichen Ermittlungen gekommen ist, die eine Unterschlagung und Manipulation verfahrensrelevanter Dokumente ergeben hat und ebenfalls geahndet worden ist.
Nach Ansicht der Grünen waren das Informationen, die „durchgestochen“ worden seien und nie veröffentlicht hätten werden dürfen. Falsch! Das Abendblatt hatte dazu eine Anfrage bei der Staatsanwaltschaft in Lübeck gestellt und ausführliche Antworten erhalten.
Naturschützer in einer Mail desavouiert
Offenbar ist die Angst vor unliebsamen Tatsachen und Fakten im Lager der amtierenden Bürgermeisterin größer denn je. Bekanntlich steht am 8. Mai dieses Jahres die Neuwahl des Stadtoberhaupts an. Da hat die Kämpferin für Umwelt- und Naturschutz, so ihre Eigenwerbung, nachvollziehbarer Weise ein vitales Interesse, dass über etwas anderes gesprochen wird als über einen imageschädigenden Kahlschlag. Oder über die nachgerade grotesken Geschehnisse rund um die Installierung eines neuen Vorstands für den völlig aus den Fugen geratenen Europaverein.
Wie Kruse-Gobrecht mit Kritikern umgeht, war jüngst am Beispiel des Naturschützers Karl Dziomba zu erleben. Jahrzehntelang hatte er sich wie kaum ein Zweiter in der Stadt für den Umwelt- und Naturschutz eingesetzt, bei Versäumnissen der Stadt beharrlich nachgehakt und sich bei Stellungnahmen für Bauleitverfahren eingebracht. Jetzt hat ihn die Verwaltungschefin in einer Mail an den Bund für Umwelt und Naturschutz desavouiert und de facto mundtot gemacht.
Nicht wenige haben den Glauben daran verloren, dass die amtierende Bürgermeisterin diese tief gespaltene Stadt wieder vereinen kann.