Glinde. Stormarnleague kam pandemiebedingt nicht voran. Vereine bleiben zurückhaltend. TSV Glinde hat eigenes Team.

Mit 150.000 Euro hat Schleswig-Holstein im Vorjahr den sogenannten E-Sport gefördert. Damit flossen seit 2019 mehr als eine Million Euro aus Landesmitteln in diese Form des Wettkampfs mit Computer- und Videospielen. Davon profitierte Mitte 2020 auch der Kreisjugendring (KJR) Stormarn, der für sein Modellprojekt Stormarnleague 55.000 Euro erhielt. Knapp zwei Jahre später steckt E-Sport im Kreis Stormarn aber weiter in den Kinderschuhen. Vielleicht auch deshalb, weil die Vorbehalte noch immer groß sind.

110 Spieler holten über eine Million Dollar Preisgeld

Dabei erfreut sich E-Sport weltweit wachsender Beliebtheit. Längst existieren professionelle Teams, deren Marktwert selbst renommierte Fußballclubs in den Schatten stellen. Die Stars unter den E-Gamern kassieren nicht nur ein üppiges Salär für ihre Teilnahme an hoch dotierten Ligen und anderen Turnieren. Im November 2021 gab es bereits 110 Spieler, die mehr als eine Million Dollar Preisgeld verdient haben.

„Der E-Sport gehört mittlerweile für viele Jugendliche zum Alltag. Diese Entwicklung wollen wir als Landesregierung begleiten“, sagt Innenstaatssekretärin Kristina Herbst. Mit dem Fördergeld sollen deshalb gezielt Vereine und Verbände unterstützt werden, die E-Sport mit durchdachten Konzepten vermitteln. Neben der Eröffnung des „Landeszentrums für eSport und Digitalisierung“ (LEZ.SH) in Kiel seien das zwischen 2019 und Ende 2021 mehr als 40 Einzelprojekte gewesen.

Kreisjugendring verfolgt anderen Ansatz

Die Stormarnleague des Kreisjugendrings gehörte frühzeitig dazu. „Computerspiele sind ein Türöffner, um die Jugendlichen zu erreichen und ihnen ein zeitgemäßes Freizeitangebot zu machen“, sagt KJR-Geschäftsführer Uwe Sommer. Um diesen Ansatz zu unterstreichen, spreche er bei der Stormarnleague in Abgrenzung zum kommerziellen E-Sport auch lieber von E-Gaming.

Man müsse akzeptieren, dass Computer- und Videospiele fundamentaler Bestandteil der Lebenswirklichkeit vieler Jugendlicher, aber auch vieler Erwachsener sei, auch wenn das viele Kritiker nicht wahrhaben wollten. Anders als bei den klassischen Nerds soll das Angebot aber kein Zeitfresser sein, der die Spieler stundenlang vor dem Bildschirm fesselt. „Da verfolgen wir einen ganz anderen Ansatz“, so Sommer.

Spiele werden gemeinsam an einem Ort absolviert

Um dem eigenen Anspruch gerecht zu werden, hat der Kreisjugendring von Beginn an den Medienpädagogen Martin Oberwetter eingebunden. „Unser Konzept beruht auf einem Gemeinschaftserlebnis, in dem es auch ums Teambuilding geht, um die Vermittlung von Medienkompetenz, um Bewegungsausgleich, richtige Ernährung und die Prävention von Online-Spielsucht – aber alles ohne erhobenen Zeigefinger“, erläutert der 42-Jährige.

Wer an der Stormarnleague teilnehmen will, muss bereit sein, sich einem Team anzuschließen und die Ligaspiele gemeinsam an einem Ort zu absolvieren. Dafür hat der Kreisjugendring 21 Gaming-Koffer angeschafft mit einem 32-Zoll-Bildschirm, einer Xbox, zwei Headsets und zwei Controllern. Jedes Team erhält drei dieser Koffer, die den Spielern permanent, also auch fürs Training zur Verfügung stehen.

Saison 2020 konnte nicht beendet werden

Gespielt wird „Rocket League“, bei dem ein größerer Ball mithilfe von Autos ins gegnerische Tor zu bringen ist. „Hier geht es also nicht um irgendwelche Baller- oder Kriegsspiele, sondern wirklich um einen sportlichen Vergleich, bei dem der gemeinsame Spaß im Vordergrund steht“, sagt Oberwetter.

Wie das gesamte Zivilleben wurde indes auch die Stormarnleague von der Corona-Pandemie überschattet. Die Saison 2020 konnte nicht beendet, die Rückrunde der Saison 2021 musste in dieses Jahr verschoben werden. „Die Pandemie hat das Projekt nicht gerade gefördert“, gesteht Oberwetter. Es habe Probleme mit den Treffen an den Spielorten der Teams gegeben und sogar den Rückzug ganzer Mannschaften.

Zwei Mannschaften haben sich abgemeldet

„Zwei aus Reinbek und Glinde haben sich abgemeldet, drei sind hinzugekommen, zwei Teams haben fusioniert“, berichtet Oberwetter. Die aktiven Mannschaften würden sich vor allem aus Mitgliedern der evangelischen Jugend (wie in Bargfeld-Stegen), des DRK (Ahrensburg/Großhansdorf) und von Jugendzentren (Barsbüttel, Reinfeld, Reinbek) rekrutieren.

Neu hinzugekommen ist unterdessen erstmals ein Team, das an einen Sportverein angebunden ist, den TSV Glinde. „Der Kreisportverband begrüßt es, wenn Vereine über den Tellerrand blicken und Angebote kreieren, die den Nerv der Zeit treffen“, sagt KSV-Vize Henrik Bagdassarian. Dadurch würden die Vereine für Jugendliche attraktiver.

E-Gamer des TSV betreiben alle eine weitere Sportart

Andere Abteilungen könnten laut Bagdassarian von einer E-Sports-Sparte sogar profitieren. Im Glinder Team etwa betreibt praktisch jeder jugendliche Gamer aktiv mindestens eine weitere Sportart. „Wir haben in unseren Reihen einen Handballer, einen Badmintonspieler, einen Floorballer, zwei Fußballer und mehrere, die außerdem noch ins Fitnessstudio gehen“, berichtet Teamchef Florian Asmussen, der selbst als Basketballer, sogar in zwei verschiedenen Mannschaften, auf Punktejagd geht.

Sich im „echten Leben“ zum E-Gaming zu treffen, hat der 16-Jährige als bereichernd empfunden. „Es bringt junge Leute zusammen und schafft ein besonderes Gemeinschaftsgefühl“, sagt Florian. Weil die Internetverbindung beim TSV nicht ausreichend war, wurde das Teamdomizil kurzerhand in den Hobbykeller des Elternhauses verlegt. Von hier aus wollen die Glinder die Stormarnleague nun ordentlich aufmischen.