Bad Oldesloe. Der 55-Jährige wird sechs weitere Jahre Chef der Kreisverwaltung Stormarn bleiben. Das Wahlergebnis fiel noch besser aus als 2016.
Als Henning Görtz Ende Januar 2016 als Nachfolger von Klaus Plöger (SPD) zum Landrat des Kreises Stormarn gewählt worden ist, musste er sich noch gegen 13 Mitbewerber, darunter vier Frauen, durchsetzen. Das war am Freitagabend in der finalen Jahressitzung des Kreistags in Bad Oldesloe anders: Kein Gegenkandidat, stattdessen große Einmütigkeit über Parteigrenzen hinweg schon im Vorfeld.
All das gipfelte in einem deutlichen Wahlergebnis. Von den 55 anwesenden Kreistagsmitgliedern stimmten 52 für die Wiederwahl von Görtz, zwei waren dagegen, eine Stimme war ungültig. Damit erzielte er eine noch größere Zustimmung als sechs Jahre zuvor. Da hatte es noch drei Gegenstimmen und fünf Enthaltungen gegeben.
AfD-Abgeordnete vor der Wahl gegangen
„Das ist ein besonderer Moment für mich und meine Familie“, sagte Henning Görtz sichtlich gerührt. Solch ein Ergebnis sei keineswegs selbstverständlich, zugleich aber eine riesige Verpflichtung. „Ich verspreche, dass ich auch künftig mit allen gleich gut zusammenarbeiten werde, unabhängig davon, ob sie mich gewählt haben, oder nicht“, so Görtz.
Der Christdemokrat ist fraktionsübergreifend anerkannt und respektiert. Selbst bei den Linken. Die mit ihren Nein-Stimmen, wie bereits berichtet, vor allem gegen den Verzicht auf die sonst übliche Stellenausschreibung protestierten. Wie die beiden AfD-Abgeordneten abgestimmt hätten, ist nicht bekannt. Sie hatten das Kreistagsgebäude bereits vor dem Wahlvorgang verlassen.
Das Parteibuch war völlig unerheblich
Aber was ist das Erfolgsgeheimnis des 55-Jährigen, der schon als Bürgermeister seiner Heimatstadt Bargteheide überaus beliebt war? „Aus unserer Sicht hat Görtz das im Kreis schon lange praktizierte Stormarner Modell verinnerlicht. Er lebt es selbst bei kontroversen Ansichten und ist stets um sachorientierte Lösungen und Kompromisse bemüht“, sagt etwa SPD-Fraktionschef Reinhard Mendel. Das Parteibuch sei an dieser Stelle völlig unerheblich. „Tatsache ist, dass Görtz den Laden im Griff hat und auch Krise kann“, so Mendel.
Das bestätigt auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen. „Görtz hat den schwierigen Kampf gegen die Corona-Pandemie im Kreis umsichtig gemanagt. Er hat auf seinem Posten aber generell einen guten Job gemacht, die Verwaltung effektiv geführt und weiterentwickelt“, sagt Sabine Rautenberg.
Im kommenden Jahr 32,4 Planstellen mehr
Für die kommende Amtsperiode wünschen sich die Grünen aber eine noch konsequentere Beachtung von Umwelt- und Klimaschutz. „Dass dafür eine weitere Planstelle geschaffen worden ist und es künftig auch einen Flächenmanager geben wird, begrüßen wir. Dennoch drängen wir aber weiterhin auf einen eigenständigen Umweltfachbereich“, so Rautenberg.
Den künftigen Mitarbeiterzuwachs um 32,4 auf dann 760,5 Planstellen begrüßt auch Wolfgang Schmidt von den Freien Wählern. Er hält ihn aber unzureichend. „Der tatsächliche Bedarf ist schon jetzt deutlich höher, zum Beispiel in der Ausländerbehörde. Statt der zwei beantragten Stellen hätten es mindestens fünf sein müssen“, sagt Schmidt.
Großer Bearbeitungsstau in der Ausländerbehörde
Der Bearbeitungsstau in diesem Bereich sei riesig, das habe selbst der zuständige Fachbereichsleiter eingeräumt. „Es kann einfach nicht sein, dass Antragsteller für eine Einbürgerung trotz aller erbrachten Voraussetzungen bis zu einem Jahr warten müssten“, erklärt Schmidt. Der Verzug habe sich inzwischen auf 300 Fälle summiert. Zudem seien auch zu viele Bafög-Anträge noch unbearbeitet. „Hier sollte Görtz mit entsprechenden Forderungen noch mutiger sein“, ermuntert ihn Schmidt.
Der dem Verwaltungschef ansonsten aber bescheinigt, ein gutes Händchen bei seinen Entscheidungen und „das Herz am rechten Fleck“ zu haben. „Selbst bei strittigen Themen agiert er mit viel Verständnis und Empathie und sucht für das beste Resultat in kreisweit relevanten Fragen die Kooperation mit allen Fraktionen“, lobt Schmidt.
Bewerbungsverfahren wäre für CDU eine Farce gewesen
Für FDP-Fraktionschef Karl-Reinhold Wurch hat sich in den zurückliegenden sechs Jahren erwiesen, dass Görtz die richtige Wahl war. „Er hat gezeigt, dass er es kann, in der Kleinstadt Bargteheide wie im großen Kreis Stormarn“, so Wurch. Görtz nehme auch die kleinen Fraktionen ernst, erweise ihnen den nötigen Respekt und binde sie ein. Seine kommunalpolitische Erfahrung als ehemaliger Bürgermeister habe sich ausgezahlt. Außerdem sei den Freien Demokraten eine gewisse Kontinuität wichtig. „In Stormarn hatten die Landräte in der Regel oft mindestens zwei Amtszeiten. Damit haben wir einfach gute Erfahrungen gemacht“, erklärt Wurch.
Den Wunsch der Linken nach einem aufwendigen Bewerbungsverfahren kann CDU-Fraktionschef Joachim Wagner nicht nachvollziehen. „Warum nach einem anderen Kandidaten suchen, wenn der Amtsinhaber weithin geschätzt und anerkannt ist? Das wäre eine Farce und reine Zeitverschwendung gewesen“, verteidigte er den Verzicht auf die Stellenausschreibung. Er könne sich in dem Amt keinen Besseren als Görtz vorstellen. Zumal er von einem möglichen Gegenkandidaten nie etwas gehört habe.