Lübeck/Barsbüttel. Zwei Hamburger sollen in Barsbüttel und Oststeinbek im großen Stil gehandelt haben. 28-Jähriger macht Deal mit Staatsanwaltschaft.

Der Prozess gegen zwei Männer, die in Barsbüttel, Oststeinbek und Hamburg im großen Stil mit Drogen gehandelt haben sollen, ist am Dienstag mit einem umfassenden Geständnis des 28 Jahre alten Hauptangeklagten fortgesetzt worden. Rund drei Stunden lang schilderte Milad K. (alle Namen geändert) vor dem Lübecker Landgericht im Detail, wie er die Geschäfte abwickelte, wie er die Rauschmittel beschaffte, wie er selbst in die Szene geraten war und beantwortete die Fragen der Richter.

28-Jähriger legt im Prozess um Drogengeschäfte in Barsbüttel Geständnis ab

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 28-Jährigen und seinem 39 Jahre alten Komplizen Klaas N., der ebenfalls auf der Anklagebank sitzt, vor, zwischen Dezember 2019 und Ende Mai 2019 mit Drogen im Wert von rund 400.000 Euro gehandelt zu haben. Die beiden Hamburger sollen rund 47 Kilogramm Marihuana, elf Kilogramm Kokain sowie kleinere Mengen Ecstasy und Amphetamin gekauft haben, um die Rauschmittel anschließend gewinnbringend weiterzuveräußern. Insgesamt 21 Taten hat die Staatsanwaltschaft angeklagt, an zwölf davon soll Klaas N. beteiligt gewesen sein. Milad K. soll die Drogen angekauft und die Geschäfte organisiert, sein Komplize als Kontaktperson und Mittelmann für die Kunden fungiert haben.

Zu der Frage, woher K. die Rauschmittel bezog, möchte sich die Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen nicht äußern. Übergabeort soll in den meisten Fällen der Parkplatz eines großen Möbelhauses an der Autobahn 1 in Barsbüttel gewesen sein. Teilweise trafen die Männer ihre Kunden laut Anklage aber auch an verschiedenen Orten in Hamburg und Oststeinbek. Beide sitzen derzeit in Untersuchungshaft.

Gericht und Staatsanwaltschaft sichern im Gegenzug Maximalstrafe zu

Das Geständnis des Hauptangeklagten ist Teil eines Deals, den der 28-Jährige mit Gericht und Staatsanwaltschaft geschlossen hat. Im Gegenzug für eine umfangreiche Aussage sicherte Richter Klaus Grammann, Vorsitzender der IX. Großen Strafkammer, dem Hamburger zu, ein Strafmaß von sieben Jahren und neun Monaten nicht zu überschreiten. Im günstigsten Fall muss K. für sieben Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Durch diese sogenannte Verständigung kann auf eine aufwendige Beweisaufnahme mit der Vernehmung zahlreicher Zeugen verzichtet werden.

Eine vergleichbare Übereinkunft hatten die Richter auch Klaas N. angeboten und zwischen drei Jahren und zehn Monaten und vier Jahren und vier Monaten vorgeschlagen. Dieser hatte den Deal jedoch abgelehnt. Während seiner Aussage ging Milad K. auf jede der 21 angeklagten Taten detailliert ein, erzählte, wie er mit den Käufern in Kontakt kam und wie er die Preise festsetzte. „Es lief alles über Encrochat“, sagte der 28-Jährige. So heißt ein verschlüsseltes Kommunikationsnetzwerk für Smartphones, das lange Zeit als nicht zu knacken galt und deshalb von zahlreichen Kriminellen genutzt wurde.

28-Jähriger baute sich über Encrochat weites Netzwerk an Kunden auf

Im vergangenen Jahr war es niederländischen und französischen Behörden schließlich doch gelungen, Zugriff auf die Plattform zu erhalten. Die Auswertung der Chat-Daten beschäftigt seitdem die Ermittlungsbehörden und brachte sie auch auf die Spur von Milad K. und Klaas N. Unter dem Namen „xxxcompany“ soll sich der 28-Jährige über Encrochat ein weites Netzwerk an Zulieferern, Mittelsmännern und Kunden aufgebaut haben.

„Meist haben mich die Leute angeschrieben, wenn sie etwas kaufen wollten. Am Anfang kannte ich die nicht“, sagte K. vor Gericht. „Ich habe mit ihnen dann Preis und Übergabeort ausgehandelt“, so der Hamburger. Mit der Abwicklung der Geschäfte habe er bis auf wenige Ausnahmen seinen Komplizen N. beauftragt, der dafür einen Anteil vom Gewinn erhalten habe. „Ich wollte mich im Hintergrund halten“, sagte K.

Die Drogen versteckte der Hamburger in Wohnungen von Komplizen

K. widersprach dem Eindruck, dass er selbst durch die Drogengeschäfte großes Geld verdient habe. „Wenn ich ein Kilo Marihuana verkauft habe, das je nach Qualität 3000 bis 5000 Euro kostet, habe ich 200 Euro davon bekommen, der Rest ging an den Lieferanten.“ Die Rauschmittel habe er meist auf Kommission geordert und erst im Nachhinein bezahlt. Gelagert hat der 28-Jährige die Drogen eigenen Angaben zufolge in zwei Wohnungen in Hamburg, die Komplizen gehören. Deshalb seien bei einer Durchsuchung seiner eigenen Wohnung nach seiner Festnahme Mitte 2020 keine Betäubungsmittel gefunden worden.

Auch dazu, wie er in die Drogenszene geraten ist, äußerte K. sich. „Ich habe die Hauptschule ohne Abschluss abgebrochen und anschließend viele verschiedene Jobs gehabt“, sagte der Hamburger. Vermittelt durch einen Bekannten habe er zunächst begonnen, Encrochat-Handys zu verkaufen.„Ich brauchte Geld“, so K. Einmal sei er dabei jedoch von der Polizei erwischt worden, die die Geräte beschlagnahmt habe. „Da ich sie noch nicht bei meinen Lieferanten bezahlt hatte, habe ich denen dann viel Geld geschuldet.“ Deshalb habe er angefangen, die Handys für Drogengeschäfte zu nutzen.

K. wurde vom Landgericht Hamburg bereits 2016 zu einer Haftstrafe verurteilt

Bereits 2016 verurteilte das Landgericht Hamburg K. wegen Drogenhandels. „Als ich 2018 aus dem Gefängnis kam, brauchte ich wieder Geld und bin wieder eingestiegen“, sagte K. Inzwischen habe er aber einen vier Jahre alten Sohn und eine Lebensgefährtin, außerdem die Aussicht auf einen festen Job im väterlichen Restaurant. „Ich habe realisiert, dass ich so nicht mehr leben möchte“, schloss K. Am Montag, 13. Dezember, soll das Verfahren fortgesetzt werden. Es sollen unter anderem ehemalige Kunden der beiden Hamburger aussagen. Das Urteil wollen die Richter Anfang Januar verkünden.