Bargteheide. Wählergemeinschaft hat stark komprimiertes Papier vorgelegt. Grüne und Bürgermeisterin halten es für unzureichend.

Wie viel Klimaschutz können eine Kommune und ihre Bürger leisten? Welche Maßnahmen sind überhaupt sinnvoll und welche haben den größten Effekt? In Bargteheide ist ein veritabler Streit über die Deutungshoheit bei diesem Thema ausgebrochen, das für viele längst existenzielle Bedeutung hat. Mit einem Antrag vom 3. September 2020 hatte die Wählergemeinschaft (WfB) ein neues Klimaschutzkonzept eingebracht, das Ende September dieses Jahres gegen die Stimmen von Grünen und SPD im Umweltausschuss mehrheitlich befürwortet worden ist. Das hat die Grünen zu einer großen Anfrage veranlasst – die in der Stadtvertretung am Donnerstag, 11. November, ab 19 Uhr in der Aula der Dietrich-Bonhoeffer-Schule eine erneute Debatte nach sich ziehen wird.

Aus 150 Seiten sind vier Seiten geworden

„Sollte das Votum Bestand haben, wäre das rund 150 Seiten starke Klimaschutzkonzept der Stadt aus dem Jahr 2012 hinfällig und würde auf ein Konzept reduziert, das mit Anlagen gerade einmal vier Seiten umfasst“, sagt Matthias Leidner, bürgerliches Mitglied der Grünen-Fraktion und Vorsitzender des Umweltausschusses. Dabei habe es erst in diesem Jahr grundlegende Modifikationen der Klimaschutzgesetze des Bundes und des Landes gegeben. Dort seien verschärfte Vorgaben und Ziele fixiert, auf deren Basis die bestehenden Konzepte „ambitioniert“ zu aktualisieren und fortzuschreiben sind.

„Genau das ist mit dem von der WfB eingebrachten Konzept aber nicht mehr möglich“, so Leidner. Dabei seien die Fortschreibungen sogar förderfähig. Doch auch diese Option wäre mit dem Beharren auf dem Kurzkonzept der Wählergemeinschaft hinfällig. „Damit würde zugleich die umfangreiche Arbeit aus den Vorjahren einfach vom Tisch gewischt“, sagt Leidner.

Konzept steht nicht im Einklang mit Gesetzen

Laut Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht (parteilos) steht das WfB-Konzept weder mit dem Klimaschutzgesetz des Bundes noch mit dem Entwurf des Landesgesetzes im Einklang. „Vor allem deshalb, weil die WfB-Vorlage weit hinter den Zielvorgaben der genannten Gesetze zurückbleibt, insbesondere im Hinblick auf die angestrebte Klimaneutralität bis 2045“, so das Stadtoberhaupt.

Zwar seien sowohl im WfB-Konzept, als auch im Klimaaktionsplan mögliche Maßnahmen genannt. Allerdings gebe es bis dato keine genaue Maßnahmenplanung, in der die Maßnahmen selbst, deren Ziel, mögliche CO2-Reduktionen, entstehende Kosten und ein Zeithorizont genannt würden.

Wählergemeinschaft kritisiert Instrumente der Grünen

Unterdessen übt WfB-Fraktionschef Norbert Muras im Vorwege der Aussprache schon mal heftige Kritik am Selbstverständnis der Grünen, auf welche Weise Klimaschutz in einer Kommune wie Bargteheide am wirksamsten sei. „Instrumente wie das Klima-Navi, der Klima-Kompass, Carsharing, Mobilitätsstationen und Windkraftanlagen sind unwirksam im Bezug auf den Umweltschutz“, erklärte er.

Windräder würden mitnichten CO2-Emissionen senken, das sei nur über die Reduzierung der ausgegebenen Zertifikate möglich. Und auch zwei zusätzliche Carsharing-Fahrzeuge in Bargteheide bewirkten keine Klimarettung. „Das sind alles Ablenkungsthemen am Problem vorbei. Das Schwein wird nicht vom Wiegen fett“, so Muras.

Grüne und Bürgermeisterin blockieren WfB-Initiativen

Vielmehr bedürfe es wirksamer Maßnahmen beim Individualverkehr, beim Wohnen, beim Wohnungsbau und bei der Eindämmung des Verpackungsmülls, mit denen die Stadt eine Reduzierung der Umweltbelastung erreichen könnte. Stattdessen blockierten die Grünen gemeinsam mit der Bürgermeisterin seit Jahren die WfB-Bemühungen für ein fahrradfreundliches Bargteheide mit weniger Autoverkehr. Und noch immer fehle es an Zahlen, wie sich die Abholzung mehrerer Waldstücke auf die Klimabilanz der Stadt ausgewirkt habe.