Stapelfeld. Erschließung des Stapelfelder Gewerbegebiets in Warteschleife. Landwirt hat Acker noch nicht verkauft. Politik erwägt Konsequenzen.
Jetzt oder nie: Sollte ein Stapelfelder Landwirt seinen sieben Hektar großen Acker zwecks Schaffung des neuen Gewerbegebiets nicht veräußern, wird er womöglich keine Chance mehr bekommen, daraus Geld zu machen. Wie berichtet, wollte erst die Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) das Areal kaufen und erschließen. Dann mühte sich die Jebens-Gruppe – zu einem Abschluss kam es bislang nicht. Ortspolitiker sind wegen des Hickhacks genervt. „Es gibt Unmut und Überlegungen, die Fläche wieder aus dem Bebauungsplan herauszunehmen, wenn keine Einigung erzielt wird“, sagt Bürgermeister Jürgen Westphal von der Wählergemeinschaft WGS. Rechtlich sei das möglich.
Als Drohung will der 68-Jährige das nicht verstanden wissen. Indirekt ist das aber sehr wohl der Fall. „Es gibt auch Menschen, die sich dann freuen, weil der Boden nicht versiegelt wird“, so der Ehrenamtler. Die Gemeinde warte auf eine klare Aussage, wie das Projekt vorankommen solle. „Auf Hamburger Seite wird schon gebaut, und hier hängen wir weit hinterher. Irgendwann machen wir einen Schlussstrich.“ Seine Meinung habe er jüngst auch dem neuen WAS-Chef Ulf Hahn kundgetan.
Neuer WAS-Chef Ulf Hahn will Vorstoß unternehmen
In Rahlstedt sowie in der rund 1800 Einwohner zählenden Gemeinde entsteht das erste länderübergreifende Gewerbegebiet von Hamburg und Schleswig-Holstein. In der Hansestadt wird im Anschluss an den Merkurpark der Victoriapark errichtet. Samt des Stapelfelder Minervaparks, von dem ein kleiner Teil auf dem Terrain des Nachbarn liegt, umfasst der Bereich rund 40 Hektar – so war es zumindest geplant. Das funktioniert aber nur, wenn auf 14 Hektar in Stormarn Unternehmen ansiedeln. Rund 50 Prozent davon sind in Eigentum des Landwirts, der kein leichter Verhandlungspartner ist.
Diese leidvolle Erfahrung machte auch Detlev Hinselmann, der am 31. März als WAS-Geschäftsführer abtrat. Sein Vertrag wurde nicht verlängert. Bereits im vergangenen Jahr schaltete sich Klaus-Peter Jebens ein, der mit seinem Unternehmen das Areal in Rahlstedt erschließt und das Engagement über die Landesgrenze hinweg ausweiten will. Der Investor aus Ahrensburg wird von Norbert Leinius beraten. Der war bis 2016 Stormarns oberster Wirtschaftsförderer und hat in seiner 16 Jahre andauernden Amtszeit viel bewirkt, unter anderem 700 Betriebe im Kreis angesiedelt. Leinius und Jebens trafen sich mehrmals mit dem Bauern. Der frühere WAS-Chef zeigte sich optimistisch. In diesen Wochen sollte eigentlich Vollzug gemeldet werden.
Nach wie vor stimmt sich die Jebens-Gruppe eng mit der WAS ab. Hahn, seit 15. Juli im Amt, will nun selbst noch mal einen Vorstoß unternehmen. Er sagt: „Die Situation ist für die schleswig-holsteinische Seite unbefriedigend.“ Das Gewerbegebiet ist auch Thema bei der Aufsichtsratssitzung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft am heutigen Dienstag. Gebaut wurden auf Stapelfelder Seite nur wenig: ein kleines Regenrückhaltebecken und ein Schacht.
Absichtserklärung wurde im November 2017 signiert
Die 450 Meter lange Haupterschließungsstraße für das interkommunale Gewerbegebiet, die sogenannte Victoriaallee, ist hergestellt. Vor Kurzem war Abnahme. Binnen acht Wochen hat die Firma Eggers Umwelttechnik den Kreisverkehr, der die Stapelfelder Straße mit den Firmenflächen verbindet, vollendet. Um die Natur aufzuwerten und einen Ausgleich zu schaffen, sind mehr als 2000 Meter Knick neu angelegt.
An den Straßen und im Naherholungsgebiet Grüne Fuge wurden 283 Bäume gepflanzt, darunter Stiel- und Säuleneiche, Feldahorn, Hainbuche, Ulme, Birke und Obstbaumarten. Und es kommen noch einige dazu. „Zudem wurden vorgeschriebene Artenschutzmaßnahmen in Form von Nisthilfen bereits vorgenommen“, heißt es in einer Mitteilung der Jebens-Gruppe. Freiwillige Aktionen wie Stubbenhaufen, Insektenhotels und Blühwiesen seien und würden nach Fertigstellung der Flächen umgesetzt.
Alte Landstraße wird in Richtung Hamburg zweispurig
Das interkommunale Gewerbegebiet wurde im November 2017 auf den Weg gebracht. Unter anderem unterzeichneten Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) und der damalige Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) eine Absichtserklärung. Im Februar 2019 beschloss Stapelfelds Gemeindevertretung den Bebauungsplan. Nicht alle Politiker waren vom Projekt überzeugt. Bei der Abstimmung votierten drei von zwölf mit Nein. Auf Hamburger Seite waren zu diesem Zeitpunkt schon Vorarbeiten im Gange.
Eng mit dem Gewerbegebiet ist ein acht Millionen Euro teures Straßenprojekt verbunden. So wird die Alte Landstraße von Braak auf Höhe des Gasthauses Braaker Krug in Richtung Hamburg auf einem 1,6 Kilometer langen Abschnitt bis zur Kreuzung an der Müllverbrennungsanlage (MVA) zweispurig. Die Rampen an der A-1-Anschlussstelle bekommen eine zusätzliche Abbiegespur, damit Staus im morgend- und abendlichen Berufsverkehr ein Ende haben. Die Summe für den Bau bringt zu einem Drittel der Bund auf, den Rest trägt das Land. Der Kreis Stormarn hat sich an den Planungskosten beteiligt.