Ahrensburg. Vor den Kaufleuten und Gastronomen der Schlossstadt stritten die Kandidaten über die Frage, ob Stellplätze im Zentrum wegfallen sollen.

Die können nicht nur Konsens, sondern auch Angriff – das ist die zentrale Erkenntnis der dritten Debatte der Bewerber um den Posten des Ahrensburger Bürgermeisters. Anstelle der betonten Harmonie, die die von der Stadtverwaltung organisierte Vorstellungsrunde im Alfred-Rust-Saal vor einer Woche zur fast schon drögen Veranstaltung werden ließ, sparten die Konkurrenten im Forum des Schulzentrums Am Heimgarten nicht mit Spitzen gegen die Mitbewerber.

Ahrensburger Bürgermeister-Kandidaten sind in Parkplatzfrage uneins

Eingeladen hatten diesmal die Ahrensburger Kaufleutevereinigung Stadtforum, die Interessengemeinschaft Hagener Allee und der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Dementsprechend dominierten die Themenkomplexe Einzelhandel, Innenstadtgestaltung und Verkehr die Debatte am Mittwochabend. Und dabei wurde deutlich, dass die Kandidaten Thomas Schreitmüller (parteilos, von der CDU nominiert), Eckart Boege (SPD) und Christian Schubbert (Grüne) durchaus unterschiedliche Vorstellungen für Ahrensburgs Zukunft haben.

Moderator Hauke Wendt überzeugt mit provokativer Gesprächsführung

Einen nicht unerheblichen Anteil daran hat Moderator Hauke Wendt, Leiter der Musicalschule Ahrensburg, der nicht nur mit Sach- und Fachwissen zu sämtlichen aktuellen Projekten und Problemfeldern in der Schlossstadt überzeugte, sondern auch souverän, pointiert und an entscheidenden Stellen provokativ durch den Fragenkatalog führte, den die drei Veranstalter im Vorfeld ausgearbeitet hatten. Gerade einmal eine Minute gab Wendt den Bewerbern, um sich vorzustellen. Name, Familie, Beruf – für umfangreiche Auszüge aus dem eigenen Wahlprogramm blieb da keine Zeit.

Bewerber kritisieren scheidenden Amtsinhaber scharf

Es folgte die obligatorische Aufwärmfrage, welches der ausschlaggebende Moment gewesen sei für die Entscheidung, sich als Bürgermeister zu bewerben. Die nutzten alle drei Kandidaten zum Rundumschlag gegen den scheidenden Amtsinhaber Michael Sarach. „In Ahrensburg wird über manche Dinge jahrzehntelang geredet, bevor etwas geschieht“, kritisierte Boege und nannte die Sanierung der Fuß- und Radwege und den Klimaschutz. Schubbert, der einen Werbemittelhandel in Ahrensburg betreibt, sagte: „Das Rathaus mag zwölf Jahre intern gut verwaltet worden sein, aber dabei ist auf der Strecke geblieben, wofür ich als Kaufmann stehe: die Kundenfreundlichkeit.“

Schreitmüller hebt seine Verwaltungserfahrung hervor

Am deutlichsten wurde Schreitmüller. „Ahrensburg ist in den vergangenen Jahren weit unter seinen Möglichkeiten verwaltet worden“, sagte der 53-Jährige, um dann, wie so häufig, auf seine „40-jährige Verwaltungserfahrung“ zu rekurrieren. Der amtierende Barsbütteler Bürgermeister sagte: „Da kitzelt es einen in den Fingern, wenn man denkt, man könnte es besser machen.“

Boege stichelt gegen Schreitmüller: „Ahrensburg nicht Barsbüttel“

Dann ging es auch schon ans Eingemachte. „Warum sind Sie besser für das Amt geeignet als Ihre Konkurrenten?“, wollte Moderator Wendt wissen. Boege nutzte die Frage prompt zum Schlag gegen Mitbewerber Schreitmüller. „Verwaltungserfahrung hin oder her, in Ahrensburg werden wir zu Beginn alle Azubis sein, Ahrensburg ist schließlich nicht Barsbüttel“, so der 43 Jahre alte Diplom-Mathematiker.

Schubbert sieht Verwaltung bei Digitalisierung 30 Jahre im Rückstand

Als leitender Angestellter eines Wirtschaftsunternehmens aus der Energiebranche bringe er einerseits Führungskompetenz, andererseits einen frischen Wind mit ins Rathaus. Schreitmüller warf wiederum seine Erfahrung in die Waagschale. „Im Gegensatz zu meinen Mitbewerbern bin ich vom Fach“, sagte er und konterte: „Ich bin durchaus in der Lage, mich auf die Stadt einzustellen, in der ich einen Großteil meiner Kindheit verbracht habe und auch jetzt wieder lebe.“ Schubbert führte seine Expertise als selbstständiger Unternehmer an. „Bei der Digitalisierung ist das Rathaus gegenüber der freien Wirtschaft 30 Jahre zurück, deshalb braucht es jemanden von außerhalb der Verwaltung.“

Beim Reizthema Parkplätze treten die Differenzen zutage

Dann brachte Wendt das Reizthema Innenstadt auf den Tisch, Stichwort Parkplätze. Und dabei traten die Differenzen der Kandidaten offen zutage. Schubbert sprach sich für eine Reduzierung der Stellflächen aus. „Nicht alles, was autoarm ist, ist schlecht“, sagte der Grüne. Weniger Individualverkehr könne das Zentrum beleben. „Die Menschen wollen Aufenthaltsqualität, es sind die besonderen Einkaufserlebnisse, die die Kunden in die Stadt locken, anstatt bei Amazon zu bestellen“, argumentierte der 52-Jährige.

Schreitmüller stellt sich gegen Pläne, die Stellflächen zu reduzieren

Dem widersprach Schreitmüller entschieden. „Teile der Politik laufen Gefahr, die Innenstadt für Menschen von weiter weg nicht mehr erreichbar zu machen“, sagte der CDU-Kandidat und sprach sich klar dafür aus, den Rathausplatz als Parkplatz zu erhalten. Boege möchte die Stellflächen zwar perspektivisch reduzieren, aber zuerst gemeinsam mit Politik und Händlern Konzepte ausarbeiten, wie das gelingen könne. „Wir brauchen keine Hau-Ruck-Aktion“, sagte er.

Famila-Neubau im Gewerbegebiet besorgt die Einzelhändler

Nächste Frage, erneut ein polarisierendes Thema: „Der Neubau des Famila-Marktes im Gewerbegebiet Beimoor-Süd mit mehreren anderen Geschäften nach dem Shop-in-Shop-Modell bereitet vielen Händlern die Sorge, dass dadurch Kundschaft aus der Innenstadt weggelockt wird“, leitete Wendt ein. Ob die Kandidaten den Unmut über die Genehmigung durch die Politik nachvollziehen könnten, will er wissen.

Schubbert: „Innenstadt spricht andere Zielgruppe an“

„Das war eine rein politische Entscheidung, jetzt müssen wir damit leben“, betonte darauf Schreitmüller und ließ durchblicken, dass er eine andere getroffen hätte. „Die Herausforderung, die Innenstadt attraktiv zu halten, wurde dadurch natürlich ein ganzes Stück größer gemacht.“ Schubbert, der seit 2008 Stadtverordneter ist und dessen Fraktion für den Famila-Neubau votiert hatte, verteidigte den Beschluss. „Famila und die Innenstadt sprechen ganz unterschiedliche Zielgruppen an“, sagte er und bezweifelte eine Konkurrenz. Boege ist ebenso überzeugt, dass die Geschäfte im Zentrum nichts zu befürchten haben: „Die Innenstadt bietet ein ganz anderes Einkaufserlebnis.“

Boege will Verwaltung durch Digitalisierung effizienter machen

Zuletzt wollte Wendt wissen, wie die Kandidaten im Falle ihrer Wahl die Verwaltung effizienter gestalten würden. „Vieles läuft noch analog, da brauchen wir eine Umkehr hin zu digitalen Akten und Prozessen, um Ressourcen zu sparen“, sagte Schubbert. Diese wolle er zügig einleiten. Ähnlich äußerte sich Boege, sah ebenfalls Abhilfe in der Digitalisierung. „Die Ideen und Kompetenzen dazu sind meines Erachtens nach in der Verwaltung vorhanden, es ist eine Führungsfrage, sie nach vorn zu bringen.“

Zum Dank für die Teilnahme gibt es scharfe Soße

Bei Schreitmüller stieß dieser Ansatz auf heftige Kritik. Er erwiderte scharf: „Wer glaubt, durch Digitalisierung Haushaltskonsolidierung betreiben zu können, hat keine Ahnung von Kommunalverwaltung.“ Die Kommunen bekämen jedes Jahr eine Vielzahl neuer Aufgaben hinzu. „Der Gedanke, dass Ahrensburg eigenmächtig auf die Schnelle einen Großteil der Dienstleitungen digitalisieren kann, ist eine Illusion.“ Zum Dank für ihre Teilnahme überreichte Wendt den Kandidaten am Ende ein Glas scharfe Soße, „falls der Wahlkampf zu fad wird.“ Diese Debatte war es jedenfalls nicht.