Ahrensburg. Die Verwaltung verlangt seit Beginn der Pandemie eine Anmeldung. Bürger kritisieren die schlechte telefonische Erreichbarkeit.
Die Corona-Pandemie hat auch das Arbeiten in den Verwaltungen der Städte und Kommunen in Stormarn verändert. Im Frühjahr 2020 haben die Rathäuser bis auf Weiteres für den Publikumsverkehr geschlossen, kommen durfte nur, wer vorab einen Termin vereinbart hatte. In den meisten Kommunen im Kreis gilt diese Regelung nach wie vor – trotz einer derzeitigen Inzidenz von nur noch 4,1 und weitreichenden Lockerungen in Einzelhandel, Kultur und Sport.
Bürger fordern Ende der Terminpflicht beim Besuch des Rathauses
In Ahrensburg stößt das bei vielen Bürgern auf Unverständnis. Sie beklagen, dass die Verwaltung seit Beginn der Pandemie kaum zu erreichen sei, zudem sei es eine Herausforderung, überhaupt einen Termin zu bekommen. „Angesichts der niedrigen Infektionszahlen gibt es keinen Grund, an der Pflicht zur Terminvereinbarung festzuhalten“, sagt Peter Schüler. Der Ahrensburger hat über einen Monat auf einen Termin gewartet, um einen neuen Personalausweis zu beantragen. Das alte Dokument war Ende Mai abgelaufen.
Ahrensburger wartete vier Wochen auf einen Termin
„Vor vier Wochen bin ich das erste Mal zum Rathaus gegangen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass immer noch die Terminpflicht gilt“, sagt Schüler. „Eigentlich wollte der Wachmann mich wegschicken und verwies darauf, dass ich per E-Mail einen Termin vereinbaren solle“, so der Ahrensburger. Doch Schüler ließ sich nicht abwimmeln. „Ich bin ein hartnäckiger Mensch“, sagt er.
Schüler pocht angesichts der niedrigen Inzidenz auf eine Öffnung
Schließlich habe der Wachmann ihn zum Empfang vorgelassen, sodass er dort einen Termin habe vereinbaren können. „Der war aber vier Wochen später, Mitte Juli“, ärgert sich Schüler. „Vor der Pandemie konnte man morgens vorbeikommen, hat eine Nummer gezogen, 15 bis 20 Minuten gewartet und dann war man dran.“ Warum das jetzt trotz niedriger Inzidenz nicht möglich sein soll, kann Schüler nicht nachvollziehen.
Geschäfte, Fitnessstudios und Kinos sind längst wieder offen
Andere Ahrensburger äußern dieselbe Kritik. „Es ist unverantwortlich, dass das Rathaus immer noch für die Öffentlichkeit geschlossen ist“, sagt etwa Christiane Reuber. „Geschäfte, Fitnessstudios, Kinos – alles ist wieder offen, nur die Verwaltung nicht“, beklagt die 71-Jährige. Dabei seien doch Kassierer im Supermarkt oder die Angestellten am Bankschalter einem deutlich höheren Infektionsrisiko ausgesetzt als die Sachbearbeiter im Rathaus. „Und inzwischen gibt es die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen, das geht überall anders ja auch“, meint die Ahrensburgerin.
Terminanfragen per E-Mail blieben wochenlang unbeantwortet
Auch Christiane Reuber benötigt einen neuen Personalausweis. Seit Anfang Mai hat sie versucht, einen Termin im Einwohnermeldeamt zu bekommen. „Die Erreichbarkeit ist miserabel“, kritisiert sie. Über mehrere Tage habe sie wiederholt versucht, unter der angegebenen Telefonnummer einen Termin zu vereinbaren. Nie habe jemand abgenommen. Auch Terminanfragen per E-Mail beantworteten die Rathausmitarbeiter nur unzuverlässig, bemängelt Reuber. „Nach der ersten Mail gab es fast drei Wochen keine Antwort“, so die 71-Jährige. „Dann habe ich Mitte Juni eine zweite geschrieben und da hat es geklappt und ich habe einen Termin bekommen.“
Auch per Telefon ist die Verwaltung schwer zu erreichen
Auch Karl-Heinz Eckert hat sich lange vergeblich um einen Termin im Einwohnermeldeamt bemüht. „Ende Mai habe ich sämtliche Ausweisdokumente verloren und benötige dringend Ersatz“, sagt der 72-Jährige, der selbst bis zur seiner Pensionierung als Verwaltungsbeamter tätig war. „Ich habe unzählige Male versucht, anzurufen, aber keiner hat abgenommen“, sagt er.
72-Jähriger wartet noch immer auf seine Papiere
Erst per E-Mail war Eckert erfolgreich. „Ich hatte im Juni einen Termin, aber das Passfoto, das ich dabei hatte, entsprach nicht den Anforderungen“, erzählt er. „Anstatt es mich am nächsten Tag nachreichen zu lassen, musste ich einen neuen Termin vereinbaren.“ Der nächstmögliche sei im August gewesen. Aktuell wartet der 72-Jährige noch immer auf seine Papiere. „Die Corona-Auflagen müssen enden“, fordert Eckert.
Verwaltung räumt „Probleme bei der Erreichbarkeit“ ein
Ahrensburgs Stadtsprecher Fabian Dorow räumt „gelegentliche Probleme bei der Erreichbarkeit“ ein. „Wir versuchen das Bestmögliche, aber in Pandemiezeiten dieselbe Erreichbarkeit zu gewährleisten wie zuvor ist eine Herausforderung“, sagt er. So sei die Telefonanlage der Verwaltung veraltet und stoße schnell an ihre Grenzen. „Im Zuge der Rathaussanierung wird sie erneuert und das Problem damit beseitigt“, versichert Dorow.
Terminvergabe über das Internet soll Ende des Sommers starten
Zusätzlich soll zum Ende des Sommers auf der Internetseite ein Tool zur Onlineterminvereinbarung zur Verfügung stehen, wie es das in anderen Kommunen, etwa Reinbek, bereits gibt. „Eigentlich sollte das System schon zu Beginn der Sommerferien starten, aber aufgrund technischer und datenschutzrechtlicher Schwierigkeiten mussten wir den Start um einige Wochen nach hinten verschieben“, sagt Dorow. Ziel sei, dass die Verwaltung nach der Pandemie organisatorisch besser aufgestellt sei als zuvor.
Sprecher weist Kritik an zögerlicher Öffnung zurück
Die Kritik am Festhalten an der Terminpflicht weist Dorow zurück. „Die Verwaltung beobachtet die derzeitigen Öffnungsschritte mit Blick auf die aktuelle Entwicklung in anderen Ländern mit Sorge“, sagt er. „Die Stadt Ahrensburg stimmt sich bezüglich der Öffnungsschritte regelmäßig mit den anderen Kommunen im Kreis und der Kreisverwaltung ab“, betont Dorow.
Bargteheide und Barsbüttel lassen Publikumsverkehr teilweise wieder zu
Tatsächlich gehen die Kommunen in Stormarn unterschiedlich mit den gesunkenen Corona-Fallzahlen um. Während die Mehrzahl, darunter Ammersbek, Bad Oldesloe, Glinde, Großhansdorf, Oststeinbek, Reinbek, Reinfeld und Trittau, ebenfalls einen Termin verlangen, sind die Rathäuser in Barsbüttel und Bargteheide bereits eingeschränkt wieder ohne Anmeldung erreichbar. In Bargteheide kann das Einwohnermeldeamt in Begleitung des Wachdienstes ohne Termin aufgesucht werden, in Barsbüttel wird nur für einen Besuch des Bürgerbüros und des Bereichs Arbeit und Soziales noch eine Anmeldung verlangt. Peter Schüler hofft indes, dass die Ahrensburger Verwaltung langfristig bürgerfreundlicher wird. „Eine zentrale Anlaufstelle, die einen weitervermittelt, wäre wünschenswert“, sagt er.