Ahrensburg/Meddewade. Das Amtsgericht Ahrensburg hat einen 41-Jährigen aus Meddewade wegen Betrugs in 49 Fällen verurteilt. 257.000 Euro Schaden.

„Das Gericht ist der Überzeugung, dass eine Gefängnisstrafe die einzige Sprache ist, die Sie verstehen“, sagte Richter Ulf Thiele zur Urteilsbegründung in Richtung des Angeklagten Michael W. (alle Namen geändert). Und appellierte: „Sie müssen aufhören, Straftaten zu begehen, um sich zu bereichern.“ Vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Ahrensburg ist am Donnerstag das Verfahren gegen den 41-Jährigen aus Meddewade mit einer zweijährigen Haftstrafe für den Angeklagten zu Ende gegangen.

41-Jähriger bestellte 286 Handys und Tablet-PCs ohne zu bezahlen

Die Staatsanwaltschaft hatte Michael W. besonders schweren Betrug in 49 Fällen vorgeworfen. Zwischen Juni 2017 und März 2019 soll der Vater von fünf Kindern 286 hochwertige Mobiltelefone und Tablet-PCs der Marken Apple, Huawei und Samsung bei einem großen deutschen Mobilfunkanbieter bestellt haben, ohne die Geräte zu bezahlen. Anschließend soll W. sie weiterverkauft haben.

Für den Schwindel soll der 41-Jährige ein umfangreiches Netz aus Scheinfirmen aufgebaut haben, unter deren Namen er die Bestellungen tätigte. Dem Mobilfunkanbieter entstand ein Schaden in Höhe von rund 257.000 Euro.

W. möchte bei der Mobilfunkfirma einen Insider gehabt haben

W. hatte die Taten zu Beginn des Verfahrens zwar grundsätzlich zugegeben, beharrt jedoch darauf, dass er einen hochrangigen Helfer bei der Mobilfunkfirma hatte. Von diesem sei die Idee des Betrugs ausgegangen und an ihn sei auch ein Großteil des Verkaufserlöses geflossen.

„Ohne einen Insider wäre es nicht möglich gewesen, Geräte in einem solchen Umfang zu bestellen, ohne dass das auffliegt“, sagte W. am ersten Verhandlungstag vor zwei Wochen.

Im Gerichtssaal liefert er Namen und Telefonnummern des Maulwurfs

Im Gerichtssaal nannte der Meddewader sowohl den Namen des vermeintlichen Maulwurfs, Pascal B., als auch drei Telefonnummern, über die er mit ihm kommuniziert habe. „Mit meiner damaligen Firma war ich Kunde bei dem Anbieter“, sagte W. So habe er B. kennengelernt. Der sei damals bei dem Mobilfunkunternehmen als Betreuer für Gewerbekunden zuständig gewesen.

Staatsanwaltschaft und Gericht hatten von Beginn an Zweifel an dieser Darstellung geäußert. Ermittlungen hätten ergeben, dass bei dem Unternehmen kein Mitarbeiter mit dem Namen Pascal B. existiere. Die drei Telefonnummern seien inzwischen abgeschaltet.

Mitarbeiter des Mobilfunkanbieters sagt vor Gericht aus

W.s Verteidigerin, Bettina von Hindte, hatte daraufhin beantragt, den für den Fall zuständigen Mitarbeiter aus der Sicherheitsabteilung des Anbieters vorzuladen. Neben der Existenz eines Pascal B. sollte er Auskunft dazu geben, wie es überhaupt möglich gewesen sei, über so einen langen Zeitraum Geräte zu beziehen, ohne das der Betrug aufflog.

Das interessierte auch Richter Ulf Thiele. „Wie kann es passieren, dass ein einzelner Mensch über eineinhalb Jahre so viele schöne Telefone geschickt bekommt, ohne auch nur eines davon zu bezahlen?“, wollte er von dem Zeugen wissen. Der 54-Jährige antwortete ausweichend. „Letztlich ist es ja aufgefallen“, sagte er.

Michael W. nutzte eine Sicherheitslücke

Michael W. habe eine Sicherheitslücke genutzt. „Die Bestellungen wurden über eine E-Mail-Adresse für Großkunden aufgegeben, die zwar noch existierte, aber schon lange nicht mehr genutzt wurde“, sagte der Mitarbeiter.

Es sei gängig, dass sein Unternehmen großen Firmenkunden hin und wieder größere Mengen an Endgeräten zur Verfügung stelle. Wie der 41-Jährige Kenntnis von der Sicherheitslücke erlangt habe, könne er nicht sagen. „Die Adresse war nur für Bestandskunden gedacht und nicht öffentlich einsehbar.“

Der Betrug fiel dem Unternehmen erst spät auf

Deshalb sei sie auch nicht weiter betrachtet worden und somit erst spät aufgefallen, dass die Bestellungen stets an dieselbe Adresse in Meddewade gingen. Inzwischen sei die Lücke beseitigt worden. Auch habe das Unternehmen neben den internen Mitarbeitern alle Angestellten von Tochtergesellschaften und externen Partnern überprüft. „Einen Pascal B. hat es nie gegeben“, so der Zeuge. Auch hätten die Telefonnummern keinem Mitarbeiter dieses Namens gehört, vielmehr sei eine schon 16 Jahre vor dem Tatzeitraum deaktiviert worden.

Das Gericht geht deshalb davon aus, dass Pascal B. erfunden ist. „Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für dessen Existenz“, so Thiele. „Es ist nachvollziehbar, dass Sie versucht haben, die von Ihnen begangene und eindeutig bewiesene Tat durch das Einbringen eines Mittäters abzufedern“, so der Vorsitzende des Schöffengerichts. Aus Sicht des Gerichts handele es sich jedoch um eine „unglaubwürdige Schutzbehauptung“. Was mit dem Geld aus dem Verkauf der Geräte geschehen sei, habe hingegen nicht aufgeklärt werden können.

W. ist bereits mehrfach wegen Betrugs vorbestraft

W. ist bereits fünffach wegen Betruges, Steuerhinterziehung und Insolvenzverschleppung vorbestraft. Vor dem Amtsgericht Reinbek läuft ein weiteres Verfahren wegen Betrugs, in einem anderen Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft Lüneburg. „Das alles trägt nicht zum Vertrauen in Ihre Angaben bei“, so Thiele. Auch habe W. die angeklagten Taten in der Bewährungszeit für ein weiteres Vergehen, wegen dem er 2018 verurteilt worden war, begangen. „Eine erneute Bewährung ist deshalb aus Sicht des Gerichts ausgeschlossen“, sagte Thiele, sprach von einer „hohen kriminellen Energie“, mit der W. vorgegangen sei.

Das sah auch Staatsanwältin Hanna Klatt so, deren Antrag das Gericht mit der zweijährigen Haftstrafe folgte. Die Verteidigerin des 41-Jährige forderte ein Jahr und acht Monate Haft auf Bewährung. „Wir können nicht ausschließen, dass es Pascal B. gegeben hat und die Taten in erheblichem Maße von ihm ausgingen“, so von Hindte. Sie halte es weiterhin für unwahrscheinlich, dass ihr Mandant so lange ohne Hilfe aus dem Unternehmen habe unentdeckt bleiben können. W. kann das Urteil innerhalb einer Woche anfechten.