Bad Oldesloe. Im Vorjahr ist das Bußgeldaufkommen auf die Rekordsumme von 3,26 Millionen Euro gestiegen.

Die Missachtung von Tempolimits spült dem Kreis Stormarn Jahr für Jahr viel Geld in die Kasse, Tendenz steigend. Im Vorjahr wurden erstmals mehr als 50.000 Geschwindigkeitsverstöße geahndet. Von Anfang Januar bis Ende Dezember 2020 waren es exakt 50.253 – und damit rund 20.000 mehr als 2019. Damit belief sich die Summe an eingenommenen Bußgeldern auf 3,26 Millionen Euro, so viel wie niemals zuvor.

Als wahre Geldquelle hat sich dabei die Autobahn 1 erwiesen, die den Kreis auf einer Länge von knapp 60 Kilometern durchquert. „Allein auf diese Trasse entfielen im Vorjahr 22.136 und damit fast die Hälfte aller aktenkundig gewordenen Fälle“, sagt Ingo Lange, Leiter des Fachdienstes Öffentliche Sicherheit in der Stormarner Kreisverwaltung.

Die meisten Vergehen passierten in Baustellen

Die enorme Steigerung der Fallzahlen resultierte in erster Linie aus Geschwindigkeitsvergehen in den A-1-Baustellen an der Raststätte Buddikate und bei Hamberge, kurz vor dem Kreuz Lübeck Richtung Norden. Hier war es zu mehreren Schwerpunktmessungen gekommen, die sich jedes Mal als äußerst ergiebig erwiesen.

Insbesondere beim Einsatz des so genannten Enforcement-Trailers. Dabei handelt es sich um ein mobiles Messgerät, das der für die A 1 zuständige Verkehrsüberwachungsdienst Süd aus Neumünster immer wieder in Stellung bringt. Auf den ersten Blick sieht der Trailer wie ein kleiner Autoanhänger aus, der am Fahrbahnrand vergessen wurde. In Wahrheit verbergen sich hinter einer rechteckigen „Schießscharte“ gleich mehrere Blitzer, die alle drei Fahrspuren zugleich überwachen können.

2599 Bußgeldfälle in nur vier Tagen

Im Herbst 2020 stand der Enforcement-Trailer am Anfang der Baustelle vor dem Kreuz Lübeck. An besagtem Messpunkt, der noch zum Stormarner Kreisgebiet gehört, galt Tempo 60 als Richtgeschwindigkeit. Eine Tatsache, die viele Autofahrer geflissentlich ignorierten. Und dafür mit einem Foto samt Zahlungsaufforderung bestraft wurden.

„Innerhalb von nur vier Tagen bekamen wir von den Kollegen etwa 2500 Bußgeldfälle übermittelt“, so Lange. Die Bußgelder hätten sich in einem Bereich zwischen 60 und 440 Euro bewegt. Der schlimmste Temposünder war mit 150 Stundenkilometer geblitzt worden. Er war damit mehr als doppelt so schnell unterwegs, als an dieser Stelle erlaubt. Alles in allem führten die Messergebnisse zu mehr als 100 Fahrverboten.

„Spitzenreiter“ war 107 km/h zu schnell

Mit seiner Tempoüberschreitung von 90 km/h war der Raser am Kreuz Lübeck unterdessen noch nicht mal „Spitzenreiter“ auf der Autobahn 1 in Stormarn. Dieser unrühmliche Titel gebührte im Vorjahr einem Fahrer, der bei erlaubten 120 Stundenkilometer mit 219 km/h unterwegs war, einer Überschreitung von 99 km/h. Noch verantwortungsloser gab ein Raser Gas, der in einem Tempo-80-Bereich mit 187 km/h gemessen wurde und es damit auf eine Überschreitung von 107 Stundenkilometer brachte.

Dass bei Geschwindigkeitskontrollen auf der A 1 innerhalb kurzer Zeit ein enormes Bußgeldaufkommen generiert werden kann, hatten bereits Schwerpunktmessungen im Jahr 2019 gezeigt. Etwa am 11. Juli, als zwischen 9 und 19 Uhr im auf Tempo 80 reduzierten Streckenabschnitt vor der Raststätte Buddikate zehn Stunden lang geblitzt worden ist. Dort waren seinerzeit 4600 von 28.000 gemessenen Fahrzeugen schneller als erlaubt unterwegs, eine Beanstandungsquote von 16 Prozent. Einen Tag später wurden am Barsbütteler Übergang zur Autobahn 24 innerhalb von vier Stunden weitere 3500 von 12.000 Fahrzeugen mit überhöhter Geschwindigkeit registriert, was sogar einer Bußgeldquote von 29 Prozent entsprach.

Immer mehr Anwälte fordern Akteneinsicht

Allerdings ist die Vollstreckung der Bescheide deutlich schwieriger geworden als in den zurückliegenden Jahren. „Immer mehr Anwälte fordern neuerdings erweiterte Akteneinsicht“, weiß Lange. Gab es 2019 und 2020 noch jeweils rund 2000 „strittige“ Fälle, so waren es bis Ende April bereits 1500. Durch jüngste Urteile bei anhängigen Verfahren und eine veränderte Rechtslage würden immer mehr Temposünder Einspruch gegen verhängte Bußgelder einlegen.

Das bedeute für das Verwaltungsteam, das die Verkehrsordnungswidrigkeiten bearbeitet, einen deutlich höheren Aufwand. Um alle angeforderten Unterlagen bereitzustellen, dauere es inzwischen bis zu 45 Minuten. Pro Fall, versteht sich. „Da wird heute buchstäblich alles hinterfragt, bis hin zur Qualifikation der Beamten und dem genauen Aufbau der Messtechnik“, weiß Ingo Lange zu berichten.

Leicht zurückgegangen sind 2020 die Vergehen im „ruhenden Verkehr“. Verteilten Polizeistreifen und Mitarbeiter der Ordnungsämter 2019 im Kreisgebiet noch 3812 „Knöllchen“ für Falschparker, so lag die Zahl 2020 mit 3724 knapp unter dem Vorjahresniveau.