Barsbüttel. Stelle ist mehrere Monate vakant gewesen. Jetzt hat Barsbüttels neuer Bauamtschef Andreas Tiedemann sein Büro im Rathaus bezogen.

Andreas Tiedemann kann nicht nur Theorie, zum Beispiel Baugebiete skizzieren und entsprechende Beschlussvorlagen für die Politik verfassen, sondern auch Praxis. Beim Erstellen seines Hauses 2010 in Gallin in Mecklenburg-Vorpommern bewies der gebürtige Boizenburger handwerkliches Geschick, stemmte den Innenausbau in Eigenregie. Dazu zählten das Fliesen und Tapezieren sowie die Elektrik. Auch das Carport zimmerte er zusammen inklusive der Pflasterarbeiten. Der Mann ist also in jeglicher Hinsicht vom Fach und womöglich ein Glücksfall für Barsbüttel. Das hoffen zumindest Bürgermeister Thomas Schreitmüller und örtliche Politiker. Sie haben ihn als neuen Bauamtschef auserkoren. Seit dieser Woche geht der 48-Jährige seinem Job im Rathaus am Stiefenhoferplatz nach.

Die Stelle ist mehrere Monate vakant gewesen. Vorgängerin Rita Dux war offiziell Anfang Februar in den Ruhestand gegangen, hatte aufgrund von Resturlaub schon am 18. Dezember vergangenen Jahres ihren letzten Arbeitstag. Eigentlich sollte sie die neue Führungskraft seit Oktober einarbeiten, doch entweder sprang eine geeignete Kandidatin ab oder Bewerber konnten nichts vollends überzeugen. Dreimal wurde der Posten ausgeschrieben, die ersten beiden Versuche der Gemeinde blieben von Tiedemann unbemerkt. Als er die Anzeige erblickte, stieß die Beschreibung auf sein Interesse. „Wenn was Neues, dann jetzt“, sagt er im Rückblick bezüglich seiner Überlegungen, sich beruflich zu verändern.

Hauptausschuss entscheidet über Besetzung der Stelle

„Ein Tapetenwechsel ist nach so vielen Jahren auch gut. Dann macht es durchaus Sinn, die Komfortzone zu verlassen.“ Seit 2015 war er in gleicher Funktion beim Amt Sandesneben-Nusse beschäftigt, begann in jener Verwaltung im Kreis Herzogtum Lauenburg aber schon 1999.

Kollegen des Fachbereichs Bauen und Umwelt schrieben Tiedemann nette Sätze zur Begrüßung.
Kollegen des Fachbereichs Bauen und Umwelt schrieben Tiedemann nette Sätze zur Begrüßung. © René Soukup | René Soukup

Noch vor dem Schreiben der Bewerbung telefonierte er mit Dux und tauschte sich aus, traf sich dann mit Schreitmüller. Der Verwaltungschef war angetan, das letzte Wort hatte allerdings die Politik. Auch im Hauptausschuss stieß er auf Wohlwollen, bekam kurz vor Weihnachten die Zusage. Mit Barsbüttel hatte der Bauexperte bislang nur wenig Berührungspunkte. „Ich kenne nur das Möbelhaus an der Autobahn 1“, sagt Tiedemann. Informationen über Geschehnisse in der Gemeinde habe er über diese Zeitung eingeholt: etwa die Ambition von Schreitmüller, Verwaltungschef in Ahrensburg zu werden, die Rathaussanierung samt Erweiterung oder Straßenbauthemen.

Tiedemann sagt, er habe Respekt vor der neuen Aufgabe. „Die Schwerpunkte sind anders als vorher.“ Er nennt in diesem Zusammenhang den Ausbau des Gewerbegebiets und allgemein die Nähe zu Hamburg. Zuvor war er im ländlichen Bereich tätig, zuständig für 25 Gemeinden mit rund 16.000 Einwohnern.

In Barsbüttel wird er auch Kontakt mit Unternehmen haben, die dort Bauprojekte anstreben. Das war in seinem vorherigen Job mit einer Ausnahme nicht der Fall. „Es war immer so, dass die Gemeinden Flächen gekauft, erschlossen und als Baugrundstücke zu erschwinglichen Preisen veräußert haben.“ Menschen mit nicht so gut bezahlten Jobs konnten sich so den Traum vom Eigenheim erfüllen. Tiedemann sagt, auch in der ländlichen Region sei der Siedlungsdruck spürbar.

Tiedemann ist Vorgesetzter von 40 Kollegen

Langweilig ist der Job im Nachbarkreis keineswegs gewesen. Tiedemann hat dort gern gearbeitet, auch Erfahrungen mit Bürgerinitiativen gemacht und persönliche Anfeindungen erlebt. „Das Thema Windenergie war immer streitbefangen mit Bürgerbegehren in den Gemeinden“, berichtet er.

In Barsbüttel ist nahezu alles ein bisschen größer. Er ist jetzt Chef von 40 Mitarbeitern, zuvor waren ihm 16 Kräfte unterstellt. Bei der Beamtenbesoldung wurde Tiedemann eine Gruppe höher eingestuft, hat jetzt eine A 13. Nur das Büro im zweiten Stock des Rathauses ist nicht so voluminös wie das alte. An seinem jetzigen Arbeitsplatz steht ein eingerahmtes Bild seiner zehn Jahre alten Tochter. Seine Frau arbeitet bei der Stadt Mölln. Sonst hat Tiedemann noch keine persönlichen Utensilien mitgebracht. An den Wänden hängen Karten, zudem eine Visualisierung eines Gebäudes. Die neuen Kollegen haben ihm einen Ordner angefertigt mit einem Überblick über die wichtigen Themen in der Gemeinde, auf der ersten Seite freundliche Worte zum Einstieg verfasst. Weitere Geschenke sind auf einem kleinen Tisch neben der Tür positioniert: zwei Bücher über die Geschichte Barsbüttels sowie ein gelber Blumenstrauß.

Früher wollte der gebürtige Boizenburger Lehrer werden

„Ich bin sehr herzlich aufgenommen worden“, sagt Tiedemann. Bislang ist er von Termin zu Termin geeilt, hat sich jenen Kollegen, die nicht im Homeoffice sind, vorgestellt. Zügig will er in die Materie eintauchen, formuliert seine Ziele und Pläne so: „Ich will den Ort nach vorne und Projekte zu einem guten Ende bringen.“ Auf der einen Seite ist dafür eine gute Zusammenarbeit mit der Politik unabdingbar, aber auch muss es in der Abteilung passen. „Ich möchte ein Umfeld schaffen, dass jeder seinen Job bestmöglich macht. Dabei ist Kommunikation wichtig.“ Er sei ein Teamplayer und ohne die Menschen um ihn herum nichts. „Alle Mitarbeiter sollen sich hier wohlfühlen“, sagt Tiedemann.

Dass er es zum Amtsleiter bringt, war in jungen Jahren nicht abzusehen. Tiedemann studierte in Rostock auf Lehramt mit Schwerpunkt Sport und Technik, warf nach zwei Jahren hin. In Norderstedt machte er dann eine Ausbildung zum Verwaltungsfachmann, ging in die Heimat zurück und arbeitete in der Behörde. 1999 fing er beim Amt Sandesneben an, das 2008 mit Nusse fusionierte, war unter anderem Sachbearbeiter. Kurz nach Abschluss der Zusatzausbildung für den gehobenen Dienst folgte der Aufstieg zum Bauamtsleiter.

Im Fußball-Team ist Tiedemann Mittelfeldlenker

In seiner Freizeit fährt Tiedemann Rennrad und spielt Fußball im Alten-Herren-Team. Auch dort hat er als Mittelfeldspieler auf der Zehner- oder Achter-Position eine zentrale Rolle. Die Saison ist coronabedingt seit vergangenem Herbst unterbrochen. Seine Mannschaft steht in der Tabelle auf Rang zwei. Tiedemann erzielte zwei Treffer, bewies auch auf dem Platz Führungsqualitäten.