Glinde. Baugenossenschaft plant 149 Wohnungen in sieben Gebäuden. Sie, will ein halbes Dutzend Autos kaufen und diese an Bewohner vermieten.

Die Baugenossenschaft Sachsenwald ist gerade dabei, ein Mobilitätskonzept für ihr neues Quartier am Buchenweg in Glinde zu entwickeln und mit den Planungen weit fortgeschritten. Details werden die Vorstände Stefan Ellendt und Dirk Reiche den Kommunalpolitikern im Februar präsentieren. Der Fokus ist dabei auf den Klimaschutz gerichtet, ein wesentlicher Bestandteil soll Carsharing sein. Das Unternehmen will ein halbes Dutzend Autos kaufen, die von Bewohnern gemietet werden können. Und davon gibt es viele. Auf einem 1,2 Hektar großen Areal sollen 149 Wohnungen in sieben Gebäuden entstehen. Das Investitionsvolumen schätzen die Chefs auf bis zu 40 Millionen Euro.

Wo Autos parken, könnten später Wohnungen entstehen

Dirk Reiche (l.) und Stefan Ellendt im Juni auf der Baustelle in Willinghusen. Dort entstehen gerade 20 Wohnungen. Einzug ist im Frühjahr.
Dirk Reiche (l.) und Stefan Ellendt im Juni auf der Baustelle in Willinghusen. Dort entstehen gerade 20 Wohnungen. Einzug ist im Frühjahr. © René Soukup

„Der Charakter des Quartiers soll autofrei sein“, sagt Reiche. Konkret bedeutet das: Es werden wenig Flächen für Stellplätze versiegelt. Eine geringe Anzahl steht Besuchern nur im Einfahrtsbereich zur Verfügung. Bewohner stellen die Fahrzeuge in einer Tiefgarage ab oder im Erdgeschoss von zwei Häusern. Der Bereich könnte später zu Wohnungen umfunktioniert werden, so Ellendt. „Denn nicht jeder braucht künftig wohl ein eigenes Fahrzeug, manch einer bleibt im Homeoffice.“

Den Schritt, das Auto zu verkaufen, könnte das Carsharing-Angebot beschleunigen. Buchung und Wartung der Pkw soll über einen Dienstleister geregelt werden. Die Baugenossenschaft will E-Autos und Verbrenner anschaffen sowie Ladestationen installieren. Diesbezüglich laufen Gespräche mit dem E-Werk Sachsenwald. Der kommunale Energieversorger baut seit Jahren ein Stromtankstellennetz im Süden Stormarns und in Teilen des Kreises Herzogtum Lauenburg auf. Zum Mobilitätskonzept gehört auch ein Lastenrad-Verleih. Auf den Geräten kann problemlos ein Kühlschrank transportiert werden. Sie eignen sich für Großeinkäufe und sind eine Alternative zum Auto.

30 Prozent der Wohneinheiten sind öffentlich gefördert

Der Glinder SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach befürwortet Carsharing.
Der Glinder SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach befürwortet Carsharing. © sven Hinzpeter

Das Unternehmen hat am Buchenweg im Stadtteil Wiesenfeld derzeit 52 Wohnungen in fünf Gebäuden. Sie wurden in den 50er- und 60er-Jahren gebaut, genügen nicht mehr den heutigen Ansprüchen und werden abgerissen. 2019 kauften Reiche und Ellendt das Erbbaugrundstück. Bevor das Projekt umgesetzt wird, muss der Bebauungsplan geändert werden. Den Aufstellungsbeschluss hat die Politik abgesegnet und damit Unterstützung signalisiert. Nicht zuletzt, weil 30 Prozent der Einheiten öffentlich gefördert sind. Bindenden Charakter hat das Votum aber nicht. Es ist davon auszugehen, dass die Genossenschaft mit dem Mobilitätskonzept ein weiteres überzeugendes Argument liefert. Über Carsharing im neuen Quartier sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach: „Alles, was der Umwelt dient und den Individualverkehr einschränkt, ist eine gute Sache.“ Vielleicht könne sich die Stadt einbringen und helfen, das Angebot zu erweitern.

Reiche hofft auf den Satzungsbeschluss im kommenden Mai, um dann einen Bauantrag zu stellen und die Arbeiten im August beginnen zu lassen. Über den genauen Ablauf herrscht noch keine Klarheit. Zum Beispiel, ob ein oder zwei alte Blöcke abgerissen werden, bevor ein neues Haus entsteht. Geplant ist derzeit ein Drei-Phasen-Bau über mehrere Jahre. Den Mietern am Buchenweg werden Übergangswohnungen zur Verfügung gestellt. Diese sind nicht zwangsläufig im Bestand der Baugenossenschaft Sachsenwald. „Wir reden mit befreundeten Wohnungsunternehmen“, sagt Ellendt. Ab Februar sind seine Mitarbeiter vom Umzugsmanagement in einem Container vor Ort. Sie werden den Mietern Angebote machen.

Wohnanlage soll eigenes Blockheizkraftwerk bekommen

Die beiden Vorstände bezeichnen das Projekt auch ob des Volumens als Meilenstein für ihren Betrieb. Die Gebäude haben zwei, drei oder vier Geschosse plus Staffelgeschoss. Darin befinden sich Wohnungen von eineinhalb bis vier Zimmern für Familien, Paare und Singles. Alle haben Balkon oder Terrasse. Die Grundrisse werden erst noch entwickelt.

Die Wohnanlage erhält ein eigenes Blockheizkraftwerk. „Außerdem wollen wir die Dächer begrünen, der Müll verschwindet dank Unterflursystem unter der Erde“, sagt Projektleiterin Sonja Okelmann. In dem höchsten Haus wird ein Nachbarschaftstreff eingerichtet. Dort können Bewohner Spielnachmittage und andere Veranstaltungen organisieren, Geburtstag feiern oder sonstige Familienfeste abhalten. Das Areal wird einen parkähnlichen Charakter haben mit Bänken, Bäumen und Kinderspielplätzen. Eingezäunt wird es nicht. „Auch Nicht-Mitglieder können durchgehen oder dort eine Pause machen auf dem Weg zum Markt“, sagt Ellendt.

Wohnungsbestand steigt 2021 auf mehr als 800 Einheiten

Die Baugenossenschaft Sachsenwald mit Sitz in Reinbek hat rund 1200 Mitglieder und 785 Wohnungen in Stormarns zweitgrößter Stadt sowie in Glinde. Sie expandiert nach Barsbüttel, baut gerade im Ortsteil Willinghusen ein Mehrfamilienhaus. Die 20 Wohnungen sind öffentlich gefördert. Einzug ist im Frühjahr. Das Investitionsvolumen beträgt rund vier Millionen Euro. Auch Oststeinbek, Trittau, Wentorf, Aumühle und Wohltorf haben Ellendt und Reiche im Blick, könnten sich dort ein Engagement vorstellen, wenn das Grundstück bezahlbar ist.

Um voranzukommen, ist die Genossenschaft dem „Stormarner Bündnis für bezahlbares Wohnen“ beigetreten. Ihm gehören der Kreis, 36 Städte und Gemeinden sowie acht Wohnungsunternehmen an. Ziel der Allianz ist der Bau von 500 günstigen Wohnungen im Kreis pro Jahr. Die Kreisbehörde hat dafür eine Geschäftsstelle in Bad Oldesloe eingerichtet, agiert als Vermittler zwischen Kommunen und Partnern aus der Wirtschaft. Über diesen Weg sind Ellendt und Reiche übrigens in Barsbüttel zum Zug gekommen. Ursprünglich wollte die Gemeinde das Projekt in Eigenregie umsetzen.