Barsbüttel. Baugenossenschaft erstellt Gebäude mit 20 Einheiten. Für weitere 150 plant Unternehmen Großprojekt – inklusive Carsharing.

An der Stemwarder Landstraße im Barsbütteler Ortsteil Willinghusen gegenüber der Grundschule herrscht Hochbetrieb. Ein Dutzend Handwerker von zwei Firmen mauern, sägen und schrauben. Der gelbe Baukran ist von Weitem zu sehen. Hier schafft die Baugenossenschaft Sachsenwald gerade 20 öffentlich geförderte Wohnungen für Jung und Alt in einem Gebäude mit zwei Geschossen plus Staffelgeschoss, investiert dafür rund vier Millionen Euro inklusive des Grundstücks, das sie von der Gemeinde gekauft hat.

Doch damit nicht genug der Aktivitäten. In der Nachbarkommune Glinde plant die Organisation 150 neue Wohnungen. Die Politik hat das Großprojekt bereits auf den Weg gebracht und den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan abgesegnet.

Genossenschaft will Wohnungsnot in Stormarn entgegenwirken

Dirk Reiche (41) und Stefan Ellendt (46), die beiden Vorstände der Genossenschaft, sind an diesem Morgen auf der Baustelle in Willinghusen und verschaffen sich einen Überblick. Sie waren vor vier Jahren als Führungsduo angetreten, versuchen nun, der Wohnungsnot in Stormarn entgegenzuwirken. Mit Augenmaß.

Ellendt beschreibt die Strategie so: „Wir wollen gesund expandieren.“ Der Wohnungsbestand liegt bei 785, die Objekte befinden sich in Reinbek und Glinde. Barsbüttel ist der dritte Standort. „Wir können uns auch vorstellen, in Oststeinbek, Trittau, Wentorf, Wohltorf und Aumühle zu bauen“, sagt Reiche. Um voranzukommen, ist die Genossenschaft mit Sitz an der Röntgenstraße in Reinbek dem „Stormarner Bündnis für bezahlbares Wohnen“ beigetreten.

Dirk Reiche (l.) und Stefan Ellendt, Vorstände der Reinbeker Baugenossenschaft, auf der Baustelle in Willinghusen. Sie treiben die Expansion voran.
Dirk Reiche (l.) und Stefan Ellendt, Vorstände der Reinbeker Baugenossenschaft, auf der Baustelle in Willinghusen. Sie treiben die Expansion voran. © René Soukup

Die Allianz besteht seit April 2018. Ihr gehören der Kreis, 36 Städte und Gemeinden, acht Wohnungsunternehmen, darunter fünf Genossenschaften, der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) sowie der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Nord (BFW) an.

Ziel ist der Bau von 500 günstigen Wohnungen im Kreis pro Jahr. Die Kreisbehörde hat dafür extra eine Geschäftsstelle in Bad Oldesloe eingerichtet, agiert als Vermittler zwischen Kommunen und Partnern aus der Wirtschaft. Über diesen Weg sind Ellendt und Reiche in Barsbüttel zum Zug gekommen. Ursprünglich wollte die Gemeinde das Projekt in Eigenregie umsetzen.

Kaltmiete liegt bei 8,30 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche

Sie hat in Sachen Mieter Vorschlagsrecht, Interessenten müssen sich im Rathaus bewerben. Die Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnungen mit einer Größe zwischen 44 und 82 Quadratmetern sind auch für Feuerwehrleute und Verwaltungsmitarbeiter angedacht. Sie werden über den zweiten Förderweg vergeben. Die Miete liegt bei 8,30 Euro pro Quadratmeter kalt. Das geklinkerte Gebäude ist mit einem Aufzug sowie einer Wärmepumpe ausgestattet.

Die Handwerker sind seit Anfang April auf der Baustelle. „Wir hatten überlegt, wegen der Corona-Pandemie später zu starten, waren auch ob der Lieferketten verunsichert“, sagt Reiche. Nach Rücksprache mit dem Architekten habe man sich entschlossen loszulegen. „Sonst hätten die Firmen andere Projekte vorgezogen und uns in eine lange Warteschleife geschickt“, so der Vorstand. Man sei voll im Zeitplan. 80 Prozent des Kellers sind fertiggestellt. In der kommenden Woche sollen die Deckenarbeiten beginnen. Wenn es weiter so zügig vorangeht und nichts Unvorhergesehenes passiert, könnten die Mieter im April 2021 einziehen.

30 Prozent der Einheiten werden öffentlich gefördert

Ein voluminöseres Projekt plant die 1948 gegründete Genossenschaft im Glinder Stadtteil Wiesenfeld nördlich des Buchenwegs. An dem Standort hat sie bereits 52 Wohnungen in fünf Gebäuden. Diese sollen abgerissen werden und maximal 150 neue Einheiten, 30 Prozent davon öffentlich gefördert, entstehen. Auf Skizzen sind neun Mehrfamilienhäuser gezeichnet, überwiegend mit zwei Geschossen plus Staffelgeschoss. Ein Gebäude in zentraler Lage hat vier Geschosse plus Staffelgeschoss.

Die Genossenschaft hat ein Erbbaugrundstück zwecks Expansion erworben. Deshalb muss auch ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Überlegungen, das erste Haus mit acht Wohnungen schon jetzt auf dem gut einen Hektar großen Areal zu bauen, was der aktuelle B-Plan zulässt, wurden verworfen. Die Vorstände wollen erst das Konzept vervollständigen. Änderungen haben sie schon vorgenommen und die Zahl der Wohnungen um sechs verringert. Auch die Tiefgarage wird nicht wie eigentlich vorgesehen Platz für 158 Autos bieten und wesentlich kleiner ausfallen. Stattdessen sollen im Erdgeschoss zweier Gebäude Stellplätze errichtet werden.

Carsharing-Anbieter haben Interesse an Kooperation

„Später könnte man den Bereich zu Wohnungen umfunktionieren. Man weiß ja nicht, wie sich das Mobilitätsverhalten der Menschen ändert. Womöglich arbeiten immer mehr im Homeoffice und benötigen kein Auto mehr“, sagt Ellendt. Die Baugenossenschaft will ihren Mietern in Wiesenfeld zudem Carsharing ermöglichen.

Zwei Anbieter haben zwecks Kooperation Interesse signalisiert. Namen wollen die Vorstände nicht verraten. Sie haben auch die Idee, dort Elektro-Lastenräder zu verleihen, sich aber noch nicht konkret damit auseinandergesetzt. Ellendt und Reiche hoffen, dass die Politiker dem Entwurf des Bebauungsplans noch in diesem Jahr zustimmen, damit das Projekt 2021 beginnen kann. Das Quartier soll binnen zehn Jahren fertig sein.