Glinde. Neuer Flächennutzungsplan soll ab 2022 erarbeitet werden. In Vorbereitung auf das Projekt trifft sich demnächst eine Arbeitsgruppe.
Es ist ein heikles Thema: Wie groß darf Glinde noch werden? Und an welchem Punkt ist dem Bevölkerungswachstum ein Ende zu setzen? Derzeit hat die Stadt nahezu 19.000 Einwohner, annähernd 20.000 dürfen es laut einem formulierten Leitziel sein. Über eine mögliche Änderung werden demnächst zwei Politiker aus jeder Fraktion in einer Arbeitsgruppe diskutieren. Diese hatte es schon einmal gegeben und wird von Bürgermeister Rainhard Zug jetzt reaktiviert.
„Ich gehe davon aus, dass die Fraktionen mitziehen“
Hintergrund ist, dass die Verwaltung einen neuen Flächennutzungsplan aufstellen lassen will. In ihm sind die Bereiche aufgeführt, die bebaut werden können. Das aktuelle Stück wurde im Dezember 1987 wirksam und seitdem 30 Mal geändert. Gleichzeitig soll der Landschaftsplan aus dem Jahr 1994 ersetzt werden. Über eine entsprechende Beschlussvorlage stimmte der jüngst gegründete Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz bei seiner ersten Sitzung nicht ab. Das lag daran, dass die Unterlagen den Parteien spät zugeschickt worden sind. Die Fraktionen hatten so keine Möglichkeit, sich im Vorfeld zu beraten. Das können sie jetzt nachholen, ein Antrag der Grünen diesbezüglich wurde durchgewunken.
Bereits am 1. Oktober wird das Thema in dem Gremium dann wieder auf der Agenda stehen. „Ich gehe davon aus, dass die Fraktionen mitziehen“, sagt Peter Michael Geierhaas (SPD). Er stehe einem neuen F-Plan positiv gegenüber und halte die Umsetzung für wichtig. Potenzial, weit über 20.000 Einwohner zu wachsen, sieht der Politiker nicht.
Arbeitsgruppe soll bereits im Oktober zusammenkommen
Der Flächennutzungsplan soll eine Perspektive für den Zeitraum von maximal 25 Jahren in den Blick nehmen, Themen wie Gewerbe- und Einzelhandelsentwicklung, Verkehrsplanung, Klimaschutz sowie Energiewirtschaft und Bodenschutz sind dabei auch zu berücksichtigen. Die Neuaufstellung soll 2022 beginnen und wird voraussichtlich fünf bis zehn Jahre dauern. Allein die Kosten für Öffentlichkeitsarbeit mit Veranstaltungen zur Bürgerbeteiligung beziffert das Rathaus auf 50.000 Euro. Das komplette Projekt mit zwei Bauleitverfahren ist auf 325.000 Euro geschätzt.
Bereits im Oktober soll die Arbeitsgruppe zusammenkommen. „Sie ist ein Instrument für die Vorbereitung des F-Plans“, sagt Verwaltungschef Zug und nimmt auch Stellung zur Zukunft der Stadt: „Es geht darum, verdichteter und besser zu bauen als früher sowie um ein langsames Wachstum bei optimaler Auslastung der Infrastruktur.“
2500 Menschen wohnen im Neubaugebiet Alte Wache
Verläuft dieser Prozess zu schnell, hat das auch finanzielle Folgen für die Stadt. Sie müsste bei einer Ansiedlung von vielen jungen Familien binnen kürzester Zeit zum Beispiel mehr Geld für Kindertagesstätten investieren. Zug erinnert an das Beispiel Neubaugebiet Alte Wache auf dem ehemaligen Depotgelände. Dort sind binnen sechs Jahren 750 Wohneinheiten, darunter Einzel-, Doppel- und Reihenhäuser, Eigentums- sowie Mietwohnungen, entstanden. Das Projekt wurde bis 2014 umgesetzt. 2500 Menschen leben auf dem Areal. „Wir haben mit den Folgewirkungen dieses starken Zuzugs immer noch zu kämpfen, beispielsweise mussten die Schulgebäude in einem erheblichen Umfang erweitert werden“, sagt der Bürgermeister. Mit Projekten, die derzeit in Planung oder beabsichtigt seien, werde Platz für 1200 Menschen geschaffen.
Diese sind aber mitunter langfristig ausgelegt. So will die Baugenossenschaft Sachsenwald im Stadtteil Wiesenfeld fünf Gebäude mit 52 Wohnungen abreißen und maximal 150 neue Einheiten über mehrere Jahre bauen, 30 Prozent davon öffentlich gefördert. Die Politik hat das Vorhaben bereits auf den Weg gebracht. An der Ecke Möllner Landstraße/Am Sportplatz plant das Unternehmen Semmelhaack 89 Wohnungen, davon 62 für Menschen mit wenig Einkommen, und 30 Reihenhäuser zur Miete. Der Bebauungsplan ist längst abgesegnet. Doch das Projekt am Gleisdreieck im Zentrum befindet sich in der Warteschleife, weil Anwohner ein Normenkontrollverfahren initiiert haben. Noch ist unklar, wann es losgeht.
„Wir wollen Innenverdichtung, aber kein zweites Depot“
Außerdem gibt es ein Ortsmittenkonzept. Zentraler Bestandteil der City-Neugestaltung ist die Schaffung von 300 Wohnungen, 100 davon mit günstigen Mieten. Vor Kurzem hat auch die Entwicklungsgesellschaft Gut Glinde ein Konzept für 600 Wohnungen auf den Fußballplätzen des TSV Glinde und angrenzenden Bereichen vorgestellt. Die Entscheidungsträger haben das zur Kenntnis genommen.
„Letztendlich wächst Glinde weiter. Wir wollen Innenverdichtung, aber kein zweites Depot“, sagt Grünen-Fraktionschefin Petra Grüner. Ihr Pendant von der FDP, Thomas Kopsch, sieht es ähnlich. Man werde wohl ohnehin die 20.000er-Marke überspringen. „Ich möchte aber keine Mietskasernen, die Lebensqualität steht im Mittelpunkt.“ 24.000 Einwohner könne er sich aber nicht vorstellen.