Großhansdorf. Strecke am Waldreiterweg war aus Naturschutzgründen gesperrt worden. Forstbehörde lehnt alle Vorschläge für Alternativstandort ab.
Lange haben die überwiegend jungen Mountainbiker in Großhansdorf für einen Parcours gekämpft, auf dem sie ihren Sport ausüben können. Jetzt ist klar: Einen solchen wird es in der Waldgemeinde nicht geben. Seit der Trail am Waldreiterweg Ende Januar von der Forstbehörde aus Naturschutzgründen gesperrt wurde, hatte Bürgermeister Janhinnerk Voß gemeinsam mit den Bikern nach einer Lösung gesucht – ohne Erfolg. „Wir haben die Suche nach einem Alternativstandort aufgegeben“, sagt der Verwaltungschef unserer Redaktion. Alle Vorschläge, die die Gemeinde gemeinsam mit den Nutzern der Strecke erarbeitet habe, seien von der Forstbehörde abgelehnt worden.
Bürgermeister sieht Forstbehörde in Verantwortung
„Ich hätte den Jugendlichen gern einen neuen Parcours ermöglicht, weil ich es begrüße, wenn sie sich an der frischen Luft sportlich betätigen, anstatt zu Hause vor dem Computer zu sitzen“, sagt Voß und fügt hinzu: „Mir ist wichtig zu betonen, dass d as Projekt nicht an uns als Verwaltung gescheitert ist.“ Die Entscheidungsbefugnis über alles, was die Großhansdorfer Waldgebiete betreffe, liege bei der Unteren Forstbehörde beim Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR).
Eben jene hatte den bestehenden Trail am Waldreiterweg unweit der U-Bahn-Brücke Ende Januar gesperrt, weil er gegen Naturschutzbestimmungen verstößt. Seitdem gilt das Befahren als Ordnungswidrigkeit. In dem Waldstück hatten die Mountainbiker jahrelang zahlreiche Sprungschanzen, Rampen und Steilkurven aus Holz und Erde errichtet, um dort Tricks und Sprünge zu trainieren. Rund 40 Mountainbikefahrer waren dort zuletzt regelmäßig unterwegs.
Anlagen sind in geschütztem Waldgebiet nicht erlaubt
Genau darin sah die Forstbehörde das Problem. „Bei den Rampen handelt es sich rechtlich um bauliche Anlagen und die sind in einem geschützten Waldgebiet, und dazu zählt das betroffene Areal, nicht erlaubt“, erklärte Jonas Krause von der Forstschutzbehörde damals. Der Großhansdorfer Parcours führe zudem genau durch eines von zwei besonders geschützten Biotopen in dem Forst. Schon jetzt hätten diese durch die Mountainbiker Schaden genommen.
Bei den Nutzern der Strecke war die Enttäuschung groß. „Ich komme seit zehn Jahren, über die ganze Zeit wurde das geduldet“, sagte Dominik Schuppwolf zum Abendblatt. Der 28-Jährige kam regelmäßig aus Lütjensee, um in Großhansdorf zu fahren. „Das hügelige Gelände ist ideal und fern von Wanderwegen stört es niemanden“, argumentierte er. „Nehmen Sie den Kindern die Strecke nicht weg, wo sollen sie denn mit ihren Bikes hin“, appellierte Hannah Eisenbach aus Großhansdorf, deren Sohn oft zum Waldreiterweg kam. Vergleichbare Anlagen gibt es laut Aussage der Biker in der Nähe nicht, die nächsten Pisten seien in Harburg und Malente.
Lösung durch Pacht eines Areals schien möglich
Zahlreiche Biker wandten sich mit ihrem Unmut an den Bürgermeister. Janhinnerk Voß hatte daraufhin im Februar zu einer Diskussionsveranstaltung mit Vertretern der Forstbehörde, der Naturschutzbehörde und der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten, die Eigentümer des Areals sind, in den Waldreitersaal geladen. Mehr als 80 überwiegend jugendliche Nutzer des Parcours kamen. „Wir haben selten bei kommunalpolitischen Veranstaltungen einen solchen Andrang, das hat uns die Bedeutung dieses Themas für die Jugendlichen nochmals vor Augen geführt“, sagt Voß.
Der Bürgermeister schlug einen sogenannten Pump Track, eine künstlich angelegte Anlage auf einem gemeindeeigenen Grundstück vor. Doch die Idee stieß bei den Bikern auf Ablehnung. Das sei nicht dasselbe, wie im Wald zu fahren, zudem hätten viele spezielle Räder zum Downhill-Fahren für den Gebrauch im hügeligen Gelände angeschafft. Julia Paravicini, Vertreterin der Landesforsten, brachte eine Lösung ins Spiel, bei der ihr Unternehmen ein Teilareal des Waldes an einen Verein zur Nutzung durch die Biker verpachtet.
Forstbehörde lehnte zwei Alternativstandorte ab
„Seitdem haben wir gemeinsam mit einer Gruppe aus elf Mountainbikern nach einem neuen Standort gesucht“, sagt Voß. „Wir haben uns im Juni zum Ortstermin getroffen und sind potenzielle Strecken gemeinsam abgefahren“, sagt Karin Franke, die im Großhansdorfer Kulturamt für die Koordination der Suche zuständig war.
„Dabei haben wir uns auf Gebiete mit Nadelwald fokussiert, weil vonseiten der Behörden kommuniziert wurde, dass die naturschutzrechtlich weniger problematisch sind“, sagt sie. Letztlich habe die Verwaltung mit den Bikern zwei Standortvorschläge erarbeitet und der Unteren Forstbehörde sowie den Landesforsten unterbreitet. „Daraufhin hieß es dann im August, keiner der Standorte sei möglich“, so Franke. Als Grund sei erneut der Naturschutz angeführt worden. „Zusätzlich gab es rechtliche Bedenken, etwa wer für die Verkehrssicherung zuständig ist und wer bei Unfällen haftet.“
„Geltende Gesetze lassen und keinen Spielraum“
Auf Abendblatt-Anfrage sagt Ionut Huma, Sprecher der Landesforsten: „Auf die geltenden Gesetze haben wir keinen Einfluss und sie lassen uns auch keinen Spielraum.“ Er verweist auf das LLUR. Dessen Sprecher Martin Schmidt sagt: „Die Gemeinde Großhansdorf hat uns lediglich Standorte vorgeschlagen, die im selben Waldgebiet liegen, wie die gesperrte Strecke.“
Das Areal sei Teil eines Landschaftsschutzgebietes und als „historisch alter Wald“ besonders wertvoll. Durch das Befahren mit Rädern abseits der Wanderwege würde der Krautbewuchs am Waldboden zerstört, zudem durch Fahrspuren das Relief verändert. Es sei nicht auszuschließen, dass Erholungssuchende durch die Biker gestört oder gefährdet würden. Schmidt: Eine alternative Flächensuche sollte prioritär außerhalb von Waldflächen erfolgen.“
Bürgermeister sieht keine Chance mehr für neuen Trail
Großhansdorfs Bürgermeister sieht jetzt keine Chance mehr, um noch einen geeigneten Standort zu finden. „Wir werden keine neuen Vorschläge unterbreiten, wir können bei den Jugendlichen nicht immer wieder Hoffnungen wecken“, sagt Voß. „Ich hätte mir gewünscht, dass gleich klar kommuniziert worden wäre, dass ein Parcours im Wald wenig aussichtsreich ist“, sagt er. Der Ausgang sei deshalb so bitter, weil sich viele Jugendliche über Monate in der Standortsuche engagiert hätten. Voß: „Aber zur Kommunalpolitik gehört leider, dass manchmal Ideen scheitern.“