Stapelfeld. An der Autobahn entsteht 2021 „spekulativ“ eine 21.000-Quadratmeter-Halle. Noch keine Mieter. Experten erwarten aber große Nachfrage.

Es ist so etwas wie eine gut überlegte 20-Millionen-Euro-Wette auf die nahe Zukunft: Diese Summe investiert das Hamburger Unternehmen Garbe Industrial Real Estate nach eigenen Angaben in ein Logistikzentrum direkt an der Autobahn 1 in Stapelfeld. Der Neubau ist „spekulativ“, wie es der erfahrene Immobilienanbieter selbst beschreibt. Denn für die rund 21.000 Quadratmeter große Halle, die schon Ende nächsten Jahres stehen soll, gibt es noch keine Mieter.

Verkehrsanbindung spielt bei Planung wesentliche Rolle

Für die Garbe-Manager ist das jedoch keinerlei Grund zur Beunruhigung. Sie haben den Standort Stapelfeld direkt an der Landesgrenze zu Hamburg ganz bewusst gewählt. „Es handelt sich um eine der bedeutendsten Wirtschaftsregionen Schleswig-Holsteins“, sagt Jan Dietrich Hempel, Geschäftsführer von Garbe Industrial Real Estate.

Eine wesentliche Rolle spiele die Verkehrsanbindung. Die A 1 bietet in nördlicher Richtung die Verbindung mit Lübeck und in südlicher Richtung mit Bremen und dem Ruhrgebiet. Bis zum Hamburger Flughafen sind es von Stapelfeld 20 Kilometer und bis zum Hafen 30 Kilometer. Auch die Küsten von Nord- und Ostsee sowie die deutsch-dänische Grenze sind schnell zu erreichen.

Das 42.000 Quadratmeter große Grundstück ist baureif

„Die Nachfrage ist groß, das Angebot eher begrenzt. Deshalb haben wir uns entschieden, die Immobilie ohne feste Mietzusagen zu entwickeln“, sagt Jan Dietrich Hempel, Geschäftsführer Garbe Industrial Real Estate.
„Die Nachfrage ist groß, das Angebot eher begrenzt. Deshalb haben wir uns entschieden, die Immobilie ohne feste Mietzusagen zu entwickeln“, sagt Jan Dietrich Hempel, Geschäftsführer Garbe Industrial Real Estate. © Ha

Hinzu komme, dass die Nachfrage nach Lagerflächen in der Metropolregion Hamburg groß sei, doch das Angebot eher begrenzt. „Deshalb haben wir uns entschieden, die Logistikimmobilie ohne feste Mietzusagen zu entwickeln“, so Hempel. Gespräche mit potenziellen Mietern würden in den kommenden Monaten aufgenommen.

Der Geschäftsführer der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS), Detlev Hinselmann, teilt die optimistische Einschätzung der Investoren. „Bei der Lage direkt an der Autobahn sollte es kein Problem sein, Interessenten zu finden“, sagt er. Die WAS selbst hat für ihr in der Nähe gelegenes Gewerbegebiet Minervapark Logistikfirmen ausgeschlossen.

Das 42.000 Quadratmeter große Garbe-Grundstück zwischen der A 1 und der Müllverbrennungsanlage (MVA) ist baureif. Deshalb können die Arbeiter schon im ersten Halbjahr 2021 anfangen. Zu dem 20.000 Quadratmeter großen Lager kommen 1000 Quadratmeter für Büros und Sozialräume. Auf dem Außengelände entstehen 75 Stellplätze für Autos und Lastwagen. Die Lkw können an 22 Toren ent- und beladen werden.

Fast doppelt so groß wie das Amazon-Lager in Bad Oldesloe

Garbe Industrial Real Estate hat angekündigt, beim Bau auf Nachhaltigkeit zu achten. So soll eine zwei Fußballfelder große Fotovoltaikanlage Strom aus der Sonnenenergie erzeugen und das Dach des Bürogebäudes begrünt werden. Weitere umweltfreundliche Maßnahmen seien geplant.

An der A 1 in Stormarn sind in jüngster Vergangenheit etliche große Hallen entstanden. Das Stapelfelder Logistikzentrum wird fast doppelt so groß sein wie das gerade eröffnete Versandlager des Onlinehändlers Amazon im Oldesloer Gewerbegebiet Teichkoppel. Dort hat das in Frankfurt beheimatete Unternehmen P3 Logistic Parks Deutschland in einem halben Jahr eine 12.600 Quadratmeter große Halle hochgezogen und zunächst für zehn Jahre vermietet.

Der zehn Meter hohe Komplex hat zwölf Tore, sieben sogenannte Überladebrücken und zwei Jumbo-Überladebrücken. Der Großteil des 80.000-Quadratmeter-Grundstücks ist ein Parkplatz für die mehr als 200 Auslieferer und etwa 150 Mitarbeiter. Nachts bringen im Normalbetrieb circa 50 Lkw die Pakete, die dann sortiert und auf die kleineren Vans für den Transport zu den Kunden verteilt werden.

Noch ist unklar, wie viel Arbeitsplätze entstehen

Deutlich größer ist das Zentrallager der Discounterkette Lidl an der A 1 in Siek. Die 14 Meter hohe Halle wird in diesen Monaten von rund 36.000 auf fast 46.000 Quadratmeter erweitert. Im Logistikzentrum selbst arbeiten circa 150 Menschen. Hinzu kommen 55 in der Verwaltung. Rund um die Uhr sind 30 bis 35 Lidl-Lastwagen zu 70 Filialen in der Region unterwegs, erledigen täglich 60 bis 80 Touren.

Wie viel Arbeitsplätze in Stapelfeld entstehen und wie viel Verkehr auf die Gemeinde zukommt, lässt sich jetzt noch nicht vorhersagen. Das Großprojekt hat sogar Bürgermeister Jürgen Westphal (Wählergemeinschaft WGS) überrascht. „Wir waren als Gemeinde nicht eingebunden“, sagt er, „deshalb lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt auch nichts über die Auswirkungen sagen.“

Zwei Drittel der Kosten übernimmt der Bund

Um die häufigen Staus im Berufsverkehr an der A-1-Anschlussstelle Stapelfeld (täglich rund 20.000 Fahrzeuge) aufzulösen, wird die L 222 (Alte Landstraße) demnächst ausgebaut. Das hat Landesverkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) jüngst angekündigt. Auf 1,6 Kilometern wird die Fahrbahn zwischen Braak (Höhe Braaker Krug) und der MVA-Kreuzung von zwei auf drei Spuren erweitert. Außerdem erhalten die Rampen an der Autobahn zusätzliche Abbiegespuren.

Zwei Drittel der veranschlagten Kosten von acht Millionen Euro übernimmt der Bund, ein Drittel das Land. Ende 2022 soll die breitere Fahrbahn fertig sein. Solange müssen die Garbe-Manager nicht warten, um zu erfahren, ob ihre 20-Millionen-Euro-Wette auf das Stapelfelder Logistikzentrum aufgegangen ist. Das Ergebnis dürfte schon im Herbst nächsten Jahres feststehen.