Stapelfeld. Antrag auf vorzeitigen Start der Vorbereitungen für Restmüll- und Klärschlammverbrennung genehmigt. Initiativen legen Widerspruch ein.

Die Müllverbrennungsanlage (MVA) Stapelfeld bereitet ihren Neubau vor. Die Genehmigungsbehörde, das schleswig-holsteinische Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR), hat den vorzeitigen Beginn zugelassen. Die Vereine Bürger-Interessen-Gemeinschaft (BIG!) Stapelfeld und „Das bessere Müllkonzept Schleswig-Holstein“ wollen gegen die Entscheidung Widerspruch einlegen. Der hat laut Behörde allerdings keine aufschiebende Wirkung.

7,8-Millionen-Förderung vom Land ist an Termin gebunden

Die beiden Initiativen kritisieren, dass die EEW Energy from Waste Stapelfeld GmbH, die Teil des chinesischen Konzerns Beijing Enterprises ist, nicht vorab über den Schritt informiert hat. „Die Öffentlichkeit wird weiterhin im Dunkeln gelassen“, so der BIG!-Vorsitzende Gerhard Schack und „Müllkonzept“-Sprecher Klaus Koch aus Siek. „Die Entscheidung des LLUR folgt den Interessen des Investors EEW.“

In der Begründung zum Bescheid steht unter anderem, dass eine spätere Inbetriebnahme der neuen Anlagen mit Einnahmenausfällen verbunden sei und zwischenzeitlich umfangreiche Liefer- und Bauverträge abgeschlossen werden sollen. Außerdem führe eine Inbetriebnahme nach 1. Januar 2023 zum Verlust von Nutzentgelten für die Stromeinspeisung. Weitere 7,8 Millionen Euro Fördergeld des Landes seien an den Termin 30. September 2022 gebunden.

Vorarbeiten sind erlaubt, direkte Bautätigkeiten nicht

Die Erlaubnis aus dem LLUR ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass das Müllheizkraftwerk (MHKW) mit einer Jahreskapazität von bis zu 350.000 Tonnen Restmüll und die zusätzliche Klärschlammverbrennung (KVA) für 32.500 Tonnen Trockensubstanz (plus 2500 Tonnen Reserve) gebaut werden. „Der vorzeitige Beginn ist zulässig, wenn mit einer Genehmigungsentscheidung zugunsten des Antragstellers gerechnet werden kann, und von weiteren Voraussetzungen abhängig, die hier erfüllt sind“, sagt Behördensprecher Martin Schmidt. Grundlage ist das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG).

In Paragraf 8a ist auch geregelt, dass „ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an dem vorzeitigen Beginn“ bestehen muss. Sollte das Vorhaben doch nicht genehmigt werden, ist der frühere Zustand wiederherzustellen. Laut LLUR sind lediglich Vorarbeiten erlaubt, nicht aber direkte Bautätigkeiten wie zum Beispiel die Gründung.

Erdoberfläche wird zur gleichmäßigen Arbeitsfläche

Seit Mitte Oktober sind die Bagger auf dem MVA-Gelände an der Ecke Ahrensburger Weg/Alte Landstraße im Einsatz. „Es wird ein Bauzaun errichtet und die Erdoberfläche des Baufelds nivelliert, damit eine gleichmäßige Arbeitsfläche entsteht“, sagt ein EEW-Sprecher. Der Großteil des Areals war bis zuletzt eine Rennstrecke der Buggy-Interessen-Gemeinschaft Hamburg für funkferngesteuerte Geländeautos.

Ein Bagger lädt Äste und Baumstubben auf einen Treckeranhänger.
Ein Bagger lädt Äste und Baumstubben auf einen Treckeranhänger. © Harald Klix

EEW investiert schätzungsweise 150 Millionen Euro in die neue Anlage. Ein Antrag auf vorzeitigen Baubeginn sei bei solchen Vorhaben durchaus üblich, so das Unternehmen. Die Vorbereitungen erfolgten in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden. „Der eigentliche Anlagenbau wird erst mit Vorliegen des Genehmigungsbescheids zum Gesamtvorhaben erfolgen“, so der Sprecher.

Strommenge aus Stapelfeld soll sich mehr als verdoppeln

Das Sprichwort „Zeit ist Geld“ passt in diesem Fall hundertprozentig. Die neue Anlage habe sich für eine Förderung aus dem Landesprogramm Wirtschaft mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und nach Maßgabe der „Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Energiewende und von Umweltinnovationen (EUI-Richtlinie)“ qualifiziert. Den Ausschlag habe die deutlich höhere Energieeffizienz im Vergleich zur 1979 eröffneten Altanlage gegeben.

„Wir können höhere Strom- und Fernwärmemengen erzeugen“, sagt der Firmensprecher. Das führe unter anderem zu signifikanten Einsparungen beim Einsatz fossiler Energieträger. Die Strommenge aus Stapelfeld soll sich auf 200.000 Megawattstunden/Jahr mehr als verdoppeln. Das reicht für rund 57.000 Haushalte. Bei der Fernwärme sind 400.000 statt 250.000 Megawattstunden möglich. Die 7,8-Millionen-Euro-Förderung ist an die Genehmigung vom LLUR gekoppelt und zeitlich befristet.

Eine der ersten Anlagen nach neuen EU-Umweltstandards

Um Millionenbeträge geht es offenbar auch bei der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV). Paragraf 18 verlangt, dass die Erzeugungsanlage vor Januar 2023 in Betrieb genommen wird. „Bedingt durch Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Projektablauf ist die Einhaltung dieses Termins kritisch“, so der Unternehmenssprecher. Ursprünglich wollte EEW die beiden Öfen für Restabfall und Klärschlamm schon Mitte 2022 hochfahren und dann die alte MVA stilllegen. Aufgrund neuer gesetzlicher Vorgaben musste der Ende 2018 eingereichte Genehmigungsantrag jedoch aktualisiert werden. „Die EU hat ihre Anforderungen an die bestverfügbare Technik fortentwickelt, und wir haben in der Folge unsere Anträge überarbeitet“, sagt Morten Holpert, Technischer Geschäftsführer EEW Stapelfeld.

Die neuen Umweltstandards geben vor, welche Technologie künftig die Umweltauswirkungen minimieren soll. Holpert sagt: „Ich bin davon überzeugt, dass unsere Anlagen, die zu den ersten nach den neuen EU-Vorgaben zu genehmigenden gehören, Maßstäbe hinsichtlich Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz setzen werden.“