Stapelfeld. Genehmigungsbehörde schreibt für Restmüll- und Klärschlammverbrennung neue Regeln für geringeren Schadstoffausstoß vor.

Die Müllverbrennungsanlage (MVA) Stapelfeld muss für ihren Neubau strengere Abgas-Grenzwerte berücksichtigen als in ihrem vor fast eineinhalb Jahren eingereichten Genehmigungsantrag vorgesehen. Die mittlerweile verschärften EU-Vorschriften zur „Besten verfügbaren Technik“ (BVT) gelten. Das hat das schleswig-holsteinische Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) auf Nachfrage zweier Stormarner Bürgerinitiativen bestätigt.

Jahreskapazität von bis zu 350.000 Tonnen Restmüll

„Die Berücksichtigung der anzuwendenden BVT-Schlussfolgerungen wird in den Entscheidungen über die Genehmigungsanträge einfließen“, sagt LLUR-Sprecher Martin Schmidt. Das schreibe die Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Paragraf 12, Absatz 1a) so vor. Die neue BVT-Vorgabe war Anfang Dezember 2019 – wenige Tage vor dem dreitägigen Termin zur Erörterung von rund 580 Einwendungen in Großhansdorf – rechtskräftig geworden.

Das Unternehmen EEW Energy from Waste möchte an der Autobahn in Stapelfeld ein neues Müllheizkraftwerk (MHKW) mit einer Jahreskapazität von bis zu 350.000 Tonnen Restmüll sowie eine Extra-Klärschlammverbrennung (KVA) für 32.500 Tonnen Trockensubstanz (plus 2500 Tonnen Reserve) bauen. Einweihung soll Mitte 2022 sein. Branchenkenner schätzen die Kosten auf rund 150 Millionen Euro. Die 1979 eröffnete alte „Mülle“ wird stillgelegt.

Bürgerinitiativen forderten die „beste verfügbare Technik“

„Wir könnten die ersten in Deutschland sein, die eine Anlage nach den neuen Vorgaben bauen“, sagt Morten Holpert, Geschäftsführer MVA Stapelfeld.
„Wir könnten die ersten in Deutschland sein, die eine Anlage nach den neuen Vorgaben bauen“, sagt Morten Holpert, Geschäftsführer MVA Stapelfeld. © Marc R. Hofmann

„Die Immissionssituation verbessert sich dadurch für diejenigen Schadstoffe, die gemäß BVT zu reduzieren sind, gegenüber den bisher beantragten, bereits teilweise abgesenkten Grenzwerten“, sagt Martin Schmidt. Es ergäben sich keine Verschlechterungen, sondern Verbesserungen für die Bürger durch geringere Zusatzbelastungen an Luftschadstoffen. Deshalb sei kein neues Verfahren nötig. Entweder beantrage EEW geänderte Grenzwerte oder das LLUR setze diese in der Genehmigung fest.

„Das ist ein wichtiger Beitrag zur Gesundheit der Menschen in der Umgebung“, sagt Gerhard Schack, Vorstand der Bürger-Interessen-Gemeinschaft Stapelfeld (BIG!). Die BIG!, der Verein „Das bessere Müllkonzept“ in Schleswig-Holstein sowie die Stormarner Kreisgruppen der Umweltverbände BUND und Nabu hatten die Einhaltung der strengeren BVT-Richtlinie schon beim Erörterungstermin in Großhansdorf vehement gefordert.

Für die Klärschlammverbrennung seien Reduktionsmittel einzusetzen

BIG-Sprecher Gerhard Schack und der Sieker Klaus Koch („Besseres Müllkonzept“) erwarten von den nunmehr umzusetzenden Maßnahmen „erhebliche Auswirkungen für beide Abfallverbrennungsanlagen“:Die Grenzwerte für Chlorwasserstoffe seien bis zum Vierfachen, für Quecksilber bis zum Fünffachen, für Dioxine/Furane und Schwermetalle um das Vierfache niedriger als zuvor beantragt. Quecksilber- Emissionen seien periodisch zu kontrollieren, Dioxine/Furane und Schwermetalle kontinuierlich Pflicht.

Für die Klärschlammverbrennung seien zur Reduzierung von Quecksilber Reduktionsmittel oder die Eindüsung von Aktivkohle einzusetzen. Klaus Koch und Gerhard Schack wundern sich darüber, dass das LLUR trotz der neuen Sachlage Rodungsarbeiten auf dem Baugelände genehmigt hatte. Im Februar seien Laubbäume gefäält worden ohne begleitende Umweltaufsicht sowie Schutzmaßnahmen für überwinternde Tiere wie Kammmolche.

Betreiber EEW hält Aufrüstung für problemlos machbar

Skeptisch beurteilen die Bürgerinitiativen auch den neuen Umweltbeirat für die Müllverbrennungsanlage in Stapelfeld, den EEW gründen möchte. Mitglieder sind neben dem MVA-Geschäftsführer Stormarns Landrat, Vertreter der Kreistagsfraktionen, der Gemeinde Stapelfeld, des Amtes Siek und des Kreises Herzogtum Lauenburg.

Themen sollen auch Umweltschutz, Liefermengen, Emissionssituation und besondere Vorkommnisse sein. Bereits heute sei die MVA Stapelfeld der größte CO2-Emittent in Stormarn mit jährlich 133.000 Tonnen. Für die Initiativen soll der Beirat lediglich das Umweltimage von EEW in der Öffentlichkeit auffrischen – „mehr nicht“.

Baubeginn in Stapelfeld soll noch dieses Jahr erfolgen

EEW selbst erwartet wegen der neuen BVT-Regeln keine Verzögerungen. „Wir könnten die ersten in Deutschland sein, die eine Anlage nach den neuen Vorgaben bauen“, sagt Morten Holpert Geschäftsführer der MVA Stapelfeld. Die Änderungen seien ja schon länger im Gespräch gewesen. „Technisch lässt sich die Aufrüstung ohne Probleme realisieren“, so Holpert.

Baubeginn in Stapelfeld soll noch dieses Jahr sein. Die Kapazität der Müllverbrennung bleibt gleich. Hinzu kommt ein Ofen für Klärschlamm. Der Schornstein misst nur noch 63 statt 110 Meter.