Ahrensburg/Bargteheide. 2200 der 68.000 privaten Haushalte im Kreis haben keinen Wertstoffbehälter – aus unterschiedlichen Gründen. Größe sorgt für Unmut.

Der Ärger über die Gelbe Tonne hat sich bei Dirk Ramm auch Monate nach der Einführung in Stormarn nicht gelegt. Im Gegenteil: „Ich halte sie immer noch für überdimensioniert und habe sie aus diesem Grund abbestellt“, sagt der 78-Jährige. Damit ist er nicht allein: Etwa 2200 der kreisweit mehr als 68.000 privaten Haushalte haben nach Angaben der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) auf eigenen Wunsch keinen der neuen Behälter bekommen, die seit Frühjahr 2020 den Gelben Sack ersetzen. Das sind rund drei Prozent der Kunden.

Bürger teilen sich die Tonne mit Nachbarn

Bei vielen Bürgern hatte die Größe für Unmut gesorgt. Statt der vorgegebenen Tonne mit einem Fassungsvermögen von 240 Litern wünschten sie sich eine kleinere mit 120 Litern. Doch das war laut AWSH nicht möglich. Anders als beim Bio- und Restmüll muss die Gesellschaft bei der Gelben Tonne mit der gewinnorientierten privaten Entsorgungswirtschaft zusammenarbeiten. Und der Verhandlungspartner, die BellandVision GmbH aus Bayern, akzeptierte keine kleineren Behälter. Zahlreiche Beschwerdeanrufe gingen deshalb im Vorfeld der Umstellung bei den Mitarbeitern im Servicecenter der AWSH ein. „Mittlerweile hat sich alles eingespielt, es gibt nur noch vereinzelte Beschwerden wegen der Größe“, sagt AWSH-Sprecher Olaf Stötefalke. „Es gibt sogar Menschen, die die Gelbe Tonne erst abbestellt und nun doch noch nachgefordert haben.“ Das Unternehmen ist zufrieden mit der Entwicklung. Im ersten Halbjahr seien im Kreis Stormarn 4060 Tonnen Wertstoffe gesammelt worden, ein Plus von 580 Tonnen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Auch der Bargteheider Werner Siebenhaar hat sich mit der neuen Situation arrangiert. Zu Jahresbeginn kritisierte er im Gespräch mit unserer Redaktion, dass von den Abfallentsorgern nur eine 240-Liter-Tonne bereitgestellt wird, sagte: „Es hätte vorher der tatsächliche Bedarf der Haushalte ermittelt werden sollen.“ Inzwischen steht an seiner Garageneinfahrt trotz anfänglichen Unmuts eine Gelbe Tonne, die er sich mit Nachbarn teile. „Insgesamt sind wir vier Personen, die sie nutzen. Trotzdem wird sie in 14 Tagen nicht voll“, sagt Siebenhaar. Ärgern tue er sich darüber aber nicht mehr: „Das Thema ist für uns erledigt.“

Wiederverwertbare Materialien zu Hause sammeln

Anders sieht es bei Hans-Joachim Zepke aus. Der Ahrensburger ist immer noch empört darüber, dass die AWSH den Kunden keine Wahlmöglichkeit eingeräumt hat. Die 240-Liter-Tonne sei für seinen Zwei-Personen-Haushalt viel zu groß. „Wir bräuchten Wochen, um sie voll zu bekommen“, sagt der 69-Jährige. „Außerdem müssten wir auf unserem Grundstück umbauen, um Platz für die Tonne zu schaffen.“ Aus diesen Gründen habe er sie abbestellt, entsorge seinen Verpackungsmüll jetzt in der Grauen Tonne für den Restabfall. „Solange uns die AWSH keine kleinere Tonne oder die Rückkehr zum Gelben Sack erlaubt, machen wir das so“, sagt Zepke. Bisher habe es vonseiten des Entsorgers keine Reaktion darauf gegeben.

Genauso verhält sich Dirk Ramm. „Ich bin gesetzlich nicht zum Trennen verpflichtet“, sagt der Bargteheider. Früher habe er das zwar gern getan und halte es auch immer noch für sinnvoll, aber er wolle sich eben nicht vorschreiben lassen, welche Tonnengröße er sich auf sein Grundstück stelle. „Ich hätte den Behälter in meinem Vorgarten platzieren müssen, wie sieht das denn aus?“, fragt er aufgebracht. Wer die Gelbe Tonne abbestellt hat, kann wiederverwertbare Materialien zu Hause sammeln und kostenlos bei einem Recyclinghof der AWSH abgeben. Stötefalke sagt: „Vereinzelt wird das auch gemacht.“

„Elektroschrott gehört nicht in die Gelbe Tonne“

Nach Angaben der Abfallwirtschaft Südholstein ist der Großteil der Gelben Tonnen bis Juni ausgeliefert worden. Nur in Einzelfällen hätten Kunden, etwa aufgrund von Datenfehlern, die neuen Behälter noch nicht bekommen. Neben Verpackungen dürfen darin auch sogenannte stoffgleiche Nichtverpackungen aus Metall oder Plastik entsorgt werden. Dazu zählen laut AWSH zum Beispiel Eimer, Gießkannen, Töpfe, Pfannen, Schüsseln, Schalen, Werkzeuge und Kinderspielzeug. Fälschlicherweise landen laut Stötefalke manchmal aber auch Sperrmüll, Altkleider, Bauschutt und Elektroschrott darin. Insbesondere Letzterer bereitet der AWSH Sorgen. Stötefalke mahnt: „Elektroschrott gehört nicht in die Gelbe Tonne. Das ist gefährlich.“ Vor rund drei Wochen habe im Kreis Herzogtum Lauenburg ein Müllwagen gebrannt, möglicherweise wegen einer falsch entsorgten Lithium-Ionen-Batterie.

Die AWSH verfolgt mit der Gelben Tonne das Ziel, dass mehr Wertstoffe recycelt werden können. Inwieweit der Plan aufgehe, lässt sich laut Stötefalke zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. „Wir werden voraussichtlich im nächsten oder übernächsten Jahr eine Analyse vornehmen“, sagt er. „Denn wir wollen natürlich genau wissen, was besser geworden ist und wo es noch Nachholbedarf gibt.“

Verärgerte Kunden entsorgen Wertstoffe in Restmülltonne

Fest stehe, dass immer noch zu viele Stoffe in der Restmülltonne landeten und nicht wiederverwertet würden. Gemeinsam mit sechs anderen Betrieben der Abfallwirtschaft in Schleswig-Holstein hat die AWSH deshalb unter dem Motto „Wir lieben Recycling“ eine Kampagne gestartet, um die Mülltrennung zu verbessern und aufzuklären. Auf Abfallwagen und Bannern an den Recyclinghöfen wird künftig die Botschaft „Trennen rockt“ zu lesen sein. Stötefalke sagt: „Nur mithilfe aller Bürger kann eine Kreislaufwirtschaft wirklich funktionieren und ein effektiver Ressourcen- und Klimaschutz von uns geleistet werden.“