Ahrensburg. In den Gewässern rund um die Schlossstadt leben nur wenige Fischarten. Einjähriges Pilotprojekt der Landesbehörde soll Gründe finden.
Mit einem landesweiten Pilotprojekt wollen der Gewässerpflegeverband Ammersbek-Hunnau und das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) herausfinden, warum sich in den Flüssen und Bächen rund um Ahrensburg nicht mehr Fische tummeln. Geplant ist ein umfangreiches chemisches Monitoring. Von November an werden an 15 Stellen in Ahrensburg, Ammersbek, Großhansdorf und Jersbek ein Jahr lang alle 14 Tage Wasserproben entnommen. Experten untersuchen sie anschließend in einem Labor auf 150 Parameter, darunter auch auf Rückstände von Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln und auf Biozide.
Wasserrahmenrichtlinie macht Zielvorgaben
„Wir wollen wissen, welche Schadstoffe sich in den Gewässern befinden und wo sie herkommen“, sagt Verbandsvorsteher Hans-Jürgen Wriggers. Wenn die Schwerpunkte bekannt seien, „können zielgerichtete Maßnahmen entwickelt und stoffliche Belastungen verringert werden“, sagt LLUR-Sprecher Martin Schmidt. Und weiter: „Ziel ist es, die Lebensbedingungen für die Fließgewässerorganismen und Fische zu verbessern. Dies dient dem übergeordneten Ziel, den guten ökologischen Zustand der Gewässer gemäß Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen.“
Den Impuls für das Projekt habe eine Befischung zur Bestandskontrolle des Hopfenbachs in Ahrensburg gegeben, sagt Wriggers. „Das Ergebnis war grottenschlecht.“ Es seien nur sehr wenig Fische gefunden worden. „Flussbarsche, Stichlinge, Gründlinge und ab und zu mal ein Aal oder Hecht. Mehr gibt es in unseren Gewässern nicht“, sagt er. Der Verband ist für ein etwa 11.500 Hektar großes Gebiet mit 120 Kilometer langen Gewässern zuständig. Warum die Fischbestände so schlecht sind, kann sich der Ammersbeker nicht erklären. „Wir haben tolle Gewässerstrukturen“, sagt er. „Es müssten eigentlich viele hochwertige Fische drin sein.“ Damit meint er zum Beispiel Hasel und Neunaugen, die bestimmte Ansprüche an die Wasserqualität stellen. Und, wenn es sehr gut laufe, auch Bachforellen. In der Alster, in die die Ammersbek in Hamburg-Duvenstedt mündet, seien Forellen schon mal gefangen worden. „Warum nicht auch bei uns?“, fragt Wriggers.
Die 15 Messpunkte wurden in dieser Woche bestimmt
Vor etlichen Jahren habe der Verband mal ein Experiment mit Neunaugen gemacht, sie an der Sohlgleite am Schloss Ahrensburg ausgesetzt. Bei einer Kontrolle drei bis vier Jahre später sei in dem Bereich kein einziger dieser Fische mehr entdeckt worden, dafür habe sich an der Landesgrenze zu Hamburg eine Population mit jungen und alten Neunaugen gebildet. „Vielleicht ist das irgendwann auch mit anderen Fischen möglich“, sagt der Verbandsvorsteher.
Am Donnerstag hat er mit einem LLUR-Mitarbeiter die Standorte für die Entnahme der Proben ausgewählt. Darunter sind neben den Hauptflüssen Ammersbek und Hunnau auch Nebengewässer wie der Hopfenbach in Ahrensburg, der Bunsbach in Jersbek und der Mühlenbach in Großhansdorf. Es gehe darum, alle infrage kommenden Verursacher abzudecken. So wird zum Beispiel vor und hinter den Klärwerken in Ahrensburg und Bargteheide gemessen, genauso an der Autobahn. Auch die Auswirkungen von Industrie- und Wohngebieten sowie der Landwirtschaft sollen untersucht werden. Wriggers sagt: „Das Gute an unserem Flusssystem ist, dass wir hier von allem etwas haben und damit verschiedene Einflüsse analysieren können.“ Laut Schmidt soll zum Beispiel auch das Vorkommen von Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor untersucht werden. Zudem wird es zwei feste Stationen geben, die täglich Temperatur und Sauerstoffgehalt messen. Die genauen Orte will der Verband aus Sorge vor Vandalismus nicht nennen. LLUR-Sprecher Martin Schmidt sagt: „Der gelöste Sauerstoffgehalt ist für das Überleben vieler Organismen essenziell.“
Die Europäische Union fördert das Vorhaben
Basierend auf den Erkenntnissen der einjährigen Analyse will das LLUR Maßnahmen ableiten und planen. „Wir sind die Ersten, die sich an so ein umfangreiches Monitoring heranwagen“, sagt Hans-Jürgen Wriggers. Die EU unterstützt das Vorhaben mit Fördergeld in Höhe von 70.000 Euro. Auch eine Studentin der Universität Kiel sei eingebunden, sie wolle über das Projekt ihre Masterarbeit schreiben. Der Verband wünscht sich nicht nur eine größere Fischvielfalt in den Gewässern, sondern möchte vor allem auch die wirbellose Tierpopulation stabilisieren. Sie dient den Fischen als Nahrungsgrundlage. „Diese wollen wir verbessern“, sagt er.
Das Monitoring solle zudem dazu beitragen, pauschale Vorverurteilungen zu widerlegen. „Etwa dass die Landwirtschaft an allem schuld sei“, wie Hans-Jürgen Wriggers sagt. „Manch einer wird von den Ergebnissen wahrscheinlich nicht begeistert sein. Vielleicht werden wir dann bestätigt bekommen, dass die ganze Gesellschaft zu dem schlechten Zustand der Gewässer beiträgt.“
Fisch-Vorkommen
In den Flüssen und Bächen rund um Ahrensburg, Ammersbek, Bargteheide, Delingsdorf, Elmenhorst, Großensee, Großhansdorf, Jersbek, Hammoor, Hoisdorf, Lütjensee, Siek, Sprenge und Todendorf tummeln sich nach Angaben des zuständigen Gewässerpflegeverbands Ammersbek-Hunnau vor allem Flussbarsche, Stich- und Gründlinge. Flussbarsche sind durchschnittlich 15 bis 30 Zentimeter lang. Sie leben in fließenden und stehenden Gewässern und gelten als äußerst anpassungsfähig.
Stichlinge sind silberfarben, fünf bis acht Zentimeter groß und haben auf dem Rücken Stacheln. Auch sie gelten als relativ unempfindlich gegenüber Gewässerverunreinigungen. Etwas höhere Ansprüche stellen Gründlinge, von denen sich Verbandsvorsteher Hans-Jürgen Wriggers mehr in den Gewässern wünscht. Sie sind meist acht bis 15 Zentimeter groß und ernähren sich von kleinen Bodentieren.
Wriggers hofft auf die Ansiedlung von Neunaugen und Haseln. Bachneunaugen sind keine Fische, sondern gehören zur Klasse der Rundmäuler. Sie gelten als Indikator für intakte Gewässerökosysteme mit guter bis sehr guter Wasserqualität, mögen klare und saubere Flüsse und Bäche ohne Verschmutzungen. Auch der Hasel bevorzugt klare, sauerstoffreiche Fließgewässer. Diese Fische werden meist 15 bis 20 Zentimeter groß und wiegen etwas mehr als 100 Gramm. Riesig freuen würde sich Wriggers über die Ansiedlung von Bachforellen. Sie leben laut Naturschutzbund in klaren, kalten und sauerstoffreichen Fließgewässern und reagieren auf Verschmutzungen sehr empfindlich.