Hammoor. Tempolimit von 30 km/h soll Verkehrslärm an Hauptstraße reduzieren. Umgehung, die nördlich am Ort vorbeiführen soll, wird geplant.
Als seine Schwägerin ihn auf die neuen Tempo-30-Schilder an der Hauptstraße (L 89) in Hammoor anspricht, glaubt Andreas Jendrejewski im ersten Moment an neue Aufsteller einer Bürgerinitiative für die Ortsumgehung. „Als Bürgermeister wäre ich ja wohl der Erste, der so etwas wüsste“, habe er entgegnet. Doch kurz darauf überzeugen ihn Fotos, die er per Kurznachrichtendienst WhatsApp direkt auf sein Handy erhält: An den beiden Ortseingängen der 1300-Einwohner-Gemeinde stehen tatsächlich zwei echte Verkehrsschilder, die Lastwagen zwischen 22 und 6 Uhr in der Nacht nur noch eine Maximalgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde auf der viel befahrenen Straße erlauben.
LBV stellte Überschreitung der Lärmrichtwerte fest
Veranlasst hat sie die Verkehrslenkung des Kreises Stormarn, „weil es an der Ortsdurchfahrt zu laut ist“, wie der zuständige Verwaltungsmitarbeiter Hans-Jürgen Zimmermann auf Anfrage dieser Zeitung erklärt. Berechnungen des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr (LBV) hätten ergeben, dass die Lärmrichtwerte nachts überschritten werden, sich die Lautstärke aber durch Tempo 30 für Lastwagen um etwa drei Dezibel verringern ließe. „Deshalb durften wir eine Geschwindigkeitsbegrenzung einführen“, sagt Zimmermann. Tagsüber werde der Richtwert an zwei Gebäuden zwar ebenfalls überschritten, „ein Tempolimit hätte den Berechnungen zufolge in diesem Fall aber nicht den gewünschten Effekt“, sagt er. „Daher dürfen wir es nicht verhängen.“
Auch wenn Bürgermeister Andreas Jendrejewski von der Allgemeinen Wählergemeinschaft Hammoor (AWH) von den neuen Schildern völlig überrascht wurde, freut er sich darüber. „Das ist ein erster Schritt, um die Situation erträglicher zu machen“, sagt er. „Die Geschwindigkeitsbegrenzung hat auf jeden Fall eine positive Wirkung.“ Anwohner hätten ihm bereits nach den ersten Tagen erzählt, dass es nachts ruhiger sei. In der Zeit gibt es laut Jendrejewski viel Anlieferverkehr vom und zum Bargteheider Gewerbegebiet, in dem auch das Aldi-Zentrallager steht. „Die Lastwagen fahren nun langsamer, teilweise sogar tagsüber“, sagt der Bürgermeister. „Denn einige nehmen die Beschränkung auf nachts nicht sofort wahr.“
Rund 13.500 Fahrzeuge rollen täglich über die Hauptstraße
Täglich rollen rund 13.500 Fahrzeuge über die Hauptstraße, darunter fast 800 Lastwagen (Verkehrszählung vom November 2015). In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten habe die Gemeinde bei den zuständigen Behörden immer wieder Anträge auf eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung gestellt. „Alle sind abgelehnt worden“, sagt der Bürgermeister. Die nun erfolgten neuen Berechnungen sind laut Zimmermann aber eine Reaktion auf die Anträge.
Für Andreas Jendrejewski ist das Tempolimit nur der erste Schritt. „Wir wollen die Ortsumgehung“, sagt er. Der LBV befindet sich mitten in den Planungen. Vor zwei Jahren entschied die Behörde, dass Hammoor eine Nordumgehung bekommen soll, weil dann deutlich weniger Autos und Lastwagen durch den Ort fahren würden. Einer Prognose für das Jahr 2030 zufolge wären es 1500 bis 1700 Auto- und Lastwagenfahrer, die weiter die L 89 nutzen würden. Bei einer Südumfahrung wären es 9500 Fahrzeuge. Ohne Umgehung kämen voraussichtlich mehr als 15.000 zusammen.
Umgehungsstraße soll hinter der A-21-Brücke starten
„Die Trassenführung bleibt so, wie damals besprochen“, sagt der Bürgermeister. Und weiter: „Die Straße ist inzwischen bis auf den letzten Meter festgelegt.“ Zuletzt sei es noch darum gegangen, den Anschluss der Umgehung auf der östlichen Seite zu klären. Zwischen der Brücke über die Autobahn 21 und der Landschlachterei Hoose stehe nur ein schmaler Korridor zur Verfügung, sagt er. Mittlerweile sei aber alles vermessen worden.
Nun stehe fest, dass die Umgehungsstraße bereits vor der Schlachterei rechts abgehen soll. Wer nach Ahrensburg wolle, müsse sich in Zukunft schon vor dem dortigen Schuppen links einordnen, die Schlachterei wiederum solle über eine Sackgasse aus Richtung Hammoor zu erreichen sein. Beim Zeitplan orientiert sich Jendrejewski an einem Zehn-Jahres-Versprechen von 2015. „Wir befinden uns jetzt auf der Hälfte. In fünf Jahren werden wir wissen, ob wir im Bau sind oder ob es Komplikationen gab“, sagt er. „Aber ich bin sehr positiv gestimmt, denn wir sind schon relativ weit.“
Kosten für Trasse wurden auf 6,9 Millionen Euro geschätzt
Der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) konnte auf Anfrage dieser Zeitung bis Dienstagnachmittag keine Angaben zum aktuellen Planungsstand des Projekts machen. Bereits 1986 forderte die Bürgerinitiative „Sichere Straßen Hammoor“ eine Ortsumgehung, ein Jahr später begannen die ersten Planungen. Seitdem gab es immer wieder neue Ideen, aber auch Widerstände und Streit – insbesondere über die Frage, ob die Tangente im Norden oder im Süden an der Gemeinde vorbeiführen soll. 2007 beschlossen die Gemeindevertreter den Bau, doch dann passierte erst einmal lange nichts. 2012 legte Hammoor eine Trasse im Süden fest, doch drei Jahre später wurde das Planfeststellungsverfahren eingestellt, weil das Land erhebliche juristische Risiken sah. Danach gaben die Kommunalpolitiker wegen der verfahrenen Situation die Planungshoheit ans Land ab.
Die Entscheidung für die nördliche Seite hatte vor allem bei mehreren Bauern für Unmut gesorgt, die in dem Bereich ihre Höfe und Felder haben. Bei der Bürgerinformationsveranstaltung vor zwei Jahren kündigte ein Landwirt bereits an, nicht verkaufen zu wollen. Ein anderer Unternehmer drohte mit einer Sammelklage. „Die Bauern werden entschädigt“, hieß es damals vom LBV. Das Geld sei auch schon in den Kosten für die Trasse berücksichtigt worden, die die Behörde damals auf 6,9 Millionen Euro schätzte.