Ahrensburg/Reinbek. Ferien in der Heimat. Der 53-Jährige zeigt einige seiner Lieblingsplätze im Kreis und benennt zugleich die größten Baustellen.
In diesem Jahr ist wegen Corona alles anders. Viele Menschen verzichten auf Reisen ins Ausland, verbringen die Sommerferien in der heimischen Region. Auch das macht Spaß, denn es gibt viel zu entdecken in Stormarn. Landrat Henning Görtz ist hier tief verwurzelt, in Bargteheide aufgewachsen und lebt dort immer noch. Der 53-Jährige zeigt im Abendblatt einige seiner Lieblingsplätze, die zum Verweilen einladen und an denen vielfältige Aktivitäten möglich sind. Doch nicht nur das: Zugleich nennt Stormarns oberster Verwaltungschef die größten Baustellen, also Dinge, die ihn beschäftigen, Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt.
Das Naturerlebnis Grabau leiste vorbildliche Arbeit
In Grabau hält sich Görtz gern auf, das dortige Naturerlebnis mit Lehrpfad, Waldspielplatz, Niedrigseilgarten und Lage direkt am See empfiehlt er allen Kindern, Jugendlichen und Familien. Die Sparkassen-Stiftung, deren Vorsitzender der Landrat ob seines Amtes ist, hatte das Projekt ins Leben gerufen. Es ist ein Riesenerfolg. Mädchen und Jungen werden hier pädagogisch begleitet, lernen, wie es sich umweltbewusst lebt. 10.000 von ihnen nutzen das Angebot jedes Jahr. Die Landesregierung zeichnete das Naturerlebnis bereits als Bildungseinrichtung für Nachhaltigkeit aus.
Nachdem wegen der Pandemie einige Wochen geschlossen war, gibt es in den Ferien ein Familienprogramm mit spannenden Expeditionen für die Kleinen und ihre erwachsenen Begleiter. „Hier wird vorbildliche Arbeit für Schulen und Kitas geleistet“, sagt Görtz. Es sei ein Leuchtturmprojekt. „Jedes Kind aus Stormarn soll mindestens einmal das Naturerlebnis besucht haben, das ist zumindest unser Ziel.“
Thema Kita-Reform beschäftigt Görtz nach wie vor
Görtz blickt auf den See, hinter ihm spielen Jungen und Mädchen. Natürlich will er über Corona und Schule sprechen, sagt: „Ich bewundere alle Familien, die das Homeschooling, die Kinderbetreuung und den Job unter einen Hut bekommen haben.“ Dann schwenkt er um auf das Thema Kita-Reform. Es wird ihn noch einige Zeit beschäftigen. Zwar wurde das Inkrafttreten des Gesetztes vom 1. August auf 1. Januar 2021 verschoben, die Entlastung durch einen Beitragsdeckel soll aber schon im kommenden Monat umgesetzt werden.
Ziel ist es auch, die Qualität in den Einrichtungen zu verbessern, indem der Personalschlüssel in Elementargruppen von 1,5 auf zwei erhöht wird. In zahlreichen Kommunen des Kreises gibt es jedoch nicht erst seit heute Schwierigkeiten, Personal zu finden. Görtz sagt, es sei eine Herausforderung, die Reform in Form zu gießen. „Der Kreis muss dafür sorgen, dass genug Plätze vorhanden sind, und die Kommunen müssen es umsetzen. Wir sind also eine Schicksalsgemeinschaft.“
Die Gemeinde Nütschau ist eine Stätte des Ehrenamts
Wenn Stormarns Landrat Abstand vom Job nehmen und sich entspannen will, macht er mitunter eine Paddeltour auf der Trave und quert dabei die Polterbrücke in Nütschau. Der Ort ist zugleich bekannt für sein Kloster. Eine Ruheoase, wo Gäste auch übernachten können und essen können. In diesem Sommer werden unter anderem sogenannte „Pilgern-Chill-Wochenenden“ angeboten mit Spaziergängen rund um die Einrichtung und Grillabenden.
Auch ist Nütschau Sitz der Kreisfeuerwehrzentrale und damit eine Stätte des Ehrenamts. „Und das hat bislang viel geleistet in Corona-Zeiten, ich denke da an die Feuerwehren, die Hilfsorganisationen, aber auch an Kultur, Kirchen, Jugendarbeit oder Kommunalpolitik“, sagt der Landrat. Aufgrund der Altersstruktur in Vereinen, Verbänden und anderen Organisationen stehe vielerorts ein Generationswechsel an. Görtz hat Sorge, dass nicht ausreichend Nachwuchs gefunden wird. „Das Ehrenamt muss die Rahmenbedingungen vorfinden, um überhaupt arbeiten zu können.“ Er meint damit zum Beispiel die Absage der Kinderstadt „Stormini“, was zu viel Frust geführt habe bei den Helfern.
Schwierige Situation für Stormarns Kulturschaffende
Auch die Situation der Kulturschaffenden in Corona-Zeiten umtreibt Görtz. Er bezeichnet sie als Baustelle, zählt das Oldesloer KuB, die Wassermühle in Trittau, das Kleine Theater in Bargteheide, das Schloss Reinbek und den Marstall in Ahrensburg auf. Das seien herausragende Kulturstätten, die für Vielfalt stünden. „Es gibt für das Publikum und die Kulturschaffenden Einschränkungen. Es ist nicht absehbar, wann wir wieder zum normalen Betrieb kommen.“ Für Menschen in der Branche, die tägliche Einnahmen bräuchten, sei es eine ganz schwierige Situation.
Görtz freut sich zumindest, dass Einrichtungen wie der Marstall geöffnet haben. Dort präsentiert die Fotogruppe „fokus“ zum Beispiel am 18. Juli ihre Jahresausstellung bei freiem Eintritt. „Auch die Sparkassen-Kulturstiftung wird nach den Ferien wieder Ausstellungen anbieten. Ich bin gern dabei, um Künstler kennenzulernen und zu betonen, wie wichtig es ist, Kunst der Gegenwart zu unterstützen.“ Er habe positive Erinnerungen an die Ausstellungen wie zum Beispiel von Gesa Lange oder Achim Hoops.
Es geht auch um Verkehrsthemen und die Kreisentwicklung
Während Görtz bei solchen Anlässen oft ein Jackett trägt, bevorzugt er bei seinen Radtouren luftigere Kleidung. Sein Tipp: Sportler sollten auf jeden Fall Stormarns BahnRadWeg B zwischen Bad Oldesloe und Trittau, der über Lütjensee führt, nutzen und zugleich Freizeitdetektiv werden. Denn seit Kurzem präsentiert das Tourismusmanagement entlang der einstigen Trasse auf neun Kilometern ein Gruppenerlebnis, das an einen berühmten britischen Postzugraub angelehnt ist: den Krimi-Trail. Benötigt werden internetfähige Smartphones. Mehr Infos auf www.tourismus-stormarn.de/krimitrail.
Dieses Projekt bringt Görtz in Verbindung mit Verkehrsthemen und der Kreisentwicklung. Da ist zum einen der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). „Die Politik spricht über weitere Verdichtungen und engere Taktungen im Busbereich zum Fahrplanwechsel im Dezember. Ideen, die auf dem Tisch liegen, kosten allerdings rund 500.000 Euro im Jahr“, berichtet der Landrat.
Stormarn benötigt vor allem neue Geschosswohnungen
Zudem brauche Stormarn 1000 neue Wohnungen pro Jahr, zwischen 700 und 800 Einheiten entstünden derzeit per anno. Dazu zählten auch Einzelhäuser. „Die Nachfrage ist jedoch groß bei Geschosswohnungen. Da tut sich zu wenig.“ Mit dem „Stormarner Bündnis für bezahlbares Wohnen“ versucht der Kreis, die Situation zu verbessern. Neben ihm gehören der im April 2018 gegründeten Allianz 36 Städte und Gemeinden sowie Unternehmen an. „Und wir müssen uns überlegen, wo wir Gewerbeflächen schaffen“, sagt Görtz. Er gehe davon aus, dass die Nachfrage so bleibe wie bisher.
Der Landrat ist seit 2016 im Amt und hat sein Büro in Bad Oldesloe. Bei der Kreisgründung 1867 hatte Wilhelm von Levetzau diese Position inne und seinen Sitz im Schloss Reinbek. Das Denkmal samt der Umgebung mit dem Mühlenteich ist ein weiterer Ort, an dem sich der Bargteheider gern aufhält. Dort beginnt auch der Stormarnwanderweg, über den man bis nach Lübeck gelangt und den Görtz nicht nur Touristen nahelegt.
Landrat macht Sommerurlaub mit Fahrrad in Deutschland
Der oberste Verwaltungschef wünscht sich mehr Gäste in der Region von Reinbek bis Reinfeld. Deswegen wird demnächst ein neues Tourismuskonzept für Stormarn erstellt. Es kostet rund 40.000 Euro, 23.000 davon steuern drei Aktivregionen bei. „Wir können zwar nicht mit der Lübecker Bucht mithalten, wollen aber unsere Stärken mehr betonen und sichtbarer werden“, sagt der Landrat.
Eine Zielgruppe gibt es noch nicht. Ob der Fokus auf Tagesgästen liegen soll oder solchen, die in Stormarn übernachten – alles offen. 2019 registrierten Hotels mit zehn und mehr Betten 415.000 Übernachtungen. Für Ferienwohnungen und Campingplätze liegen Tourismusmanagerin Rabea Stahl keine Zahlen vor.
Übrigens: Seinen Sommerurlaub hat Henning Görtz in diesem Jahr in Deutschland verbracht. Er war mit seiner Frau eine Woche radeln entlang der Saar und Mosel. Sein Lieblingsort schlechthin ist jedoch der eigene Garten in Bargteheide. Dort war der promovierte Diplom-Betriebswirt Bürgermeister, bevor er Landrat wurde.