Barsbüttel. Gebürtiger Hesse engagiert sich für sein Dorf in Kommunalpolitik und Feuerwehr. Er kam durch Zufall in die SPD, gibt sich bürgernah.
Neulich im Barsbütteler Planungsausschuss: Ein wütender Senior klagt über die Verkehrssituation in einem Bereich der Gemeinde, überzieht die Redezeit von drei Minuten um ein Vielfaches, pöbelt und attackiert vor allem Bürgermeister Thomas Schreitmüller verbal. Der Vorsitzende des Gremiums, Klaus-Jürgen Krüger, spricht mit ruhiger Stimme auf den Protestler ein. Als das nicht funktioniert, beendet der Sozialdemokrat den Monolog, indem er das Wort ergreift – in freundlicher Manier. Und verspricht, sich um die Angelegenheit zu kümmern.
Die Art Krügers, Politik zu machen, kommt an
Inzwischen hat der 62-Jährige den Rentner angerufen zwecks eines Termins, wird bei ihm demnächst auf der Couch sitzen. Das ist kein Einzelfall. So macht Krüger Politik. Und das kommt an. Er ist der Entscheidungsträger, dem die Bürger vertrauen. Bei der Kommunalwahl 2018 erhielt der SPD-Mann in seinem Bezirk, dem Ortsteil Stemwarde und einem Zipfel des benachbarten Stellaus, 58 Prozent. In seinem Wohnort Stemwarde allein waren es sogar mehr als 70 Prozent.
„Jeder, der einen Brief schreibt und sich beschwert, den besuche ich“, sagt der selbstständige Finanzberater. Ein bis zwei Stunden lasse er sich in der Regel für solche Treffen Zeit, um intensiv auf den Gegenüber einzugehen und ihm das Gefühl zu geben, den Gesprächspartner ernst zu nehmen. Beim Thema Verkehrsgutachten rund um den Soltausredder, wo Schulen, Kita und Sportverein angesiedelt sind, machte er allein vier Hausbesuche. Und vor jeder Wahl klingelt er an allen Türen in seinem Wahlbezirk, stellt sich vor und will um Sorgen und Nöte der Bürger wissen. „Aber ich bin natürlich für alle Barsbütteler da“, sagt Krüger, der seit 2002 im 550 Einwohner zählenden Stemwarde lebt.
Er schaute aus Langeweile bei SPD-Ortsgruppe vorbei
Das Dorf ist ungefähr so groß wie sein Heimatort Altenlotheim in Nordhessen. Dort wächst er mit zwei Geschwistern auf, macht nach der mittleren Reife eine Ausbildung zum Krankenpfleger. Der Job, dem auch seine Mutter nachging. Der Verdienst ist dürftig, deswegen arbeitet er nebenher mit seinem Großcousin in der Finanzberatung. Die beiden Männer beschließen, in diesem Segment ihr Heil zu suchen, ziehen 1980 nach Hamburg. Hier lässt sich gutes Geld verdienen. Krüger wohnt auch in Dassendorf, Altengamme und Jenfeld, bevor er nach Stormarn kommt.
Er hat immer einen Blick für die Schwächeren und ist auf Gerechtigkeit aus, engagierte sich in jungen Jahren als Krankenpfleger im Betriebsrat. Vater und Bruder sind da schon in der SPD aktiv, Klaus-Jürgen Krüger hat mit der Politik zu dieser Zeit aber nichts am Hut. Dass er jetzt als Genosse fungiert, ist eher dem Zufall geschuldet. „Als ich nach Stemwarde kam, wollte ich unbedingt in die Feuerwehr. Man sagte mir jedoch, ich müsse ein Jahr hier wohnen und dürfte erst dann eintreten.“ Aus Langeweile habe er dann mal bei der SPD vorbeigeschaut – und gehörte sofort dem Ortsbeirat an. Das war 2013.
Jugendfeuerwehr ist Jungbrunnen des Politikers
Inzwischen ist Krüger auch in der Wehr und macht in seinem fortgeschrittenen Alter noch den Jugendwart neben seinen Einsätzen als Aktiver bei Unfällen oder Hausbränden.
Was er lieber mag? Krüger kneift die Lippen zusammen und überlegt eine Weile. Dann sprudelt es aus ihm heraus: „Die Jugendfeuerwehr ist mein Jungbrunnen. Diesen Menschen etwas mit auf den Weg zu geben, das ist meine Motivation.“ Zehn Jahre hatte der Barsbütteler noch ein weiteres Ehrenamt, war Gründungsmitglied der örtlichen Tafel, Kassenwart und auch Fahrer.
Klaus-Jürgen Krüger ist lieber hinter den Kulissen aktiv
Der Witwer, der inzwischen wieder eine Lebensgefährtin und noch einmal ein Haus gebaut hat, ist kein Selbstdarsteller. Über politische Erfolge redet er ungern, im Mittelpunkt zu stehen, ist seine Sache nicht.
Krüger arbeitet viel hinter den Kulissen, fädelte unter anderem mit den alteingesessenen CDU-Politikern Wolfgang Böckmann und Friedrich-Wilhelm Tehge den Bau des Kunstrasenplatzes im Ortsteil Willinghusen ein. Auch für das Dorfgemeinschaftshaus in seinem Ortsteil hatte er sich stark gemacht.
Sozialdemokrat kümmert sich um persönliche Belange der Bürger
„Klaus-Jürgen Krüger hat ein gutes Standing bei Politikern anderer Parteien“, sagt der Grünen-Fraktionsvorsitzende Joachim Germer. Er sei nicht so stromlinienförmig wie viele Entscheidungsträger, habe nach dem Einstieg bei der SPD eine erstaunliche Entwicklung hingelegt. „Ich schätze an ihm sehr, dass er sich um die persönlichen Belange der Leute kümmert“, so Germer.
Der stellvertretende SPD-Fraktionschef ist zugleich stellvertretender Bürgervorsteher, vertritt in dieser Funktion die Gemeinde etwa bei Jubiläen und Seniorengeburtstagen. Das Amt des Bürgervorstehers wäre für ihn wie geschaffen, sagt manch ein Barsbütteler. Das Vorschlagsrecht hat jedoch die stärkste Fraktion. Und das ist seit der vergangenen Kommunalwahl die Wählergemeinschaft Bürger für Barsbüttel (BfB), die mit Peter Eckwerth einen Kandidaten stellte, der gewählt wurde.
„Mit 65 Jahren muss man sich nicht mehr zur Wahl stellen“
Die Chance, diesen Schritt zu machen, würde sich für Krüger erst 2023 bei der nächsten Wahl bieten. Doch ob der Sozialdemokrat dann noch will? „Das kommt auf die Personaldecke an.“ Er sei dann 65 Jahre, ein Alter, in dem man sich nicht mehr zur Wahl stellen müsse. Krüger sagt: „Junge Menschen müssen eigentlich den Ort gestalten und somit bestimmen.“ Herausforderungen gebe es für ihn noch zu Genüge, zum Beispiel als Gemeindevertreter mitzuwirken, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. In zwei Jahren fallen laut Krüger rund 50 Sozialwohnungen im Ort aus der Mietpreisbindung. Bewohner der Häuser müssen deshalb mit höheren Kosten rechnen. Das beschäftigt ihn.
Beim Blick auf die Bundes-SPD und ihren Umfragewerten schüttelt der Barsbütteler mit dem Kopf, sagt: „Wir werden nicht mehr als die Partei des kleinen Mannes wahrgenommen.“ Mit Gerhard Schröder und Hartz IV sei viel kaputtgegangen, man hätte bei diesem Thema in den vergangenen Jahren einiges überarbeiten müssen.
Politisches Engagement des Stemwarders gilt nur Heimatgemeinde
Krüger hat keine Ambitionen, außerhalb seiner Gemeinde politisch aktiv zu werden. Er liebt das beschauliche Umfeld an seinem Wohnort und die gute Nachbarschaft. „Wir hocken zwar nicht aufeinander rum, aber wenn ich Hilfe benötigen würde, wären bestimmt 20, 30 Leute zur Stelle“, sagt der Mann, den so schnell nichts aus der Ruhe bringt.
Wenn sich Krüger ungerecht behandelt fühlt, kann er aber auch anders. Mit einem Gemeindevertreter, der nicht der SPD angehört, hatte er sich bis kurz vor der Kommunalwahl geduzt. Im Rennen um die Stimmen habe der Konkurrent ihm jedoch Dinge unterstellt, die nicht der Wahrheit entsprechen. Seitdem siezen sich die beiden Männer wieder.