Glinde. Politik hatte Projekt mit Stimmenmehrheit von SPD und Grünen abgelehnt. Mediziner besucht Parteien und hofft auf Kursänderung.
Er lässt nicht locker: Der Arzt Sebastian Bowien hält an seinen Plänen fest, ein zahnmedizinisches Versorgungszentrum an der Avenue St. Sebastien in der Glinder Innenstadt zu schaffen. Wie berichtet, hatte die Politik mit der Stimmenmehrheit von SPD und Grünen dem Projekt eine Absage erteilt. Nun ist der Zahnarzt noch einmal bei Parteien vorstellig geworden und hat ein weiteres Gespräch vor sich. Seine Chancen auf eine Umsetzung des Vorhabens sind allerdings nicht gestiegen, der Kampf scheint verloren zu sein.
Nur CDU und FDP votierten für das Zahnzentrum
Dabei hatte Bowien berechtigte Hoffnungen, sein Ziel zu erreichen, als er im Dezember vergangenen Jahres die Pläne im nicht öffentlichen Teil des Bauausschusses vorstellte. Denn nur die SPD stellte sich von Beginn an quer. Der Glinder Zahnarzt möchte ein viergeschossiges Haus mit rund 600 Quadratmetern mieten, das die Grundstückseignerin Anna Siemers in der City errichten lassen will. Der Bebauungsplan erlaubt ein solches Gebäude, allerdings nur mit Wohnungen. Mit einer Nutzungsänderung wäre das Problem für Bowien beseitigt. Die kann Bürgermeister Rainhard Zug zwar aussprechen, doch der Verwaltungschef wollte keinen Alleingang wagen und ließ deshalb die Parteien entscheiden.
Hinter verschlossenen Türen im März dieses Jahres votierten dann nur CDU und FDP für das Zahnzentrum. Das reichte nicht. Darüber freuten sich auch andere Zahnärzte aus der 18.700 Einwohner zählenden Stadt. Mehrere Mediziner, die seit Jahrzehnten in Glinde arbeiten und dort eine Praxis betreiben, hatten zuvor protestiert. Sie signierten ein Schreiben und schickten es an den Bürgermeister sowie die Parteien. Die Ärzte sprachen von „einem massiven Verdrängungswettbewerb“ für den Fall, dass Bowiens Projekt bewilligt wird und äußerten Existenzängste. „Glinde wäre dann bei einer Überversorgung nahe der 200-Prozent-Grenze“, sagte Zahnarzt Roger Gilles, der seit 1996 in der Stadt praktiziert.
Zahnarzt war auch bei den Liberalen vorstellig
Dass Glinde keine weiteren Experten auf diesem Gebiet benötigt, bestätigte die Kassenzahnärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein. Zwölf Zahnärzte und eine Kieferorthopädin seien ausreichend, hieß es. Der Versorgungsgrad liegt demnach bei 109 Prozent. Zulassungsbeschränkungen gibt es vom Gesetzgeber nicht.
„Unsere Meinung hat sich nicht geändert. In der Verwaltung wird das Projekt positiv beurteilt“, sagt Bürgermeister Zug. Bowien hatte ihn nach dem Votum im Rathaus besucht. Auch bei den Liberalen ist der Zahnarzt vorstellig gewesen. Die Stippvisite bei den Grünen dauerte rund 30 Minuten. Ein wichtiger Termin für den Zahnarzt mit dem Ziel, ein Umdenken der Entscheider herbeizuführen. Gelungen ist das nicht.
Bowien will das Personal deutlich aufstocken
„Wir bleiben bei unserer Haltung. Glinde hat eine gute Versorgung mit Zahnärzten, neue Wohnungen stehen für uns an erster Stelle“, sagt die Fraktionsvorsitzende Petra Grüner. Teilnehmer der Runde berichten, Bowien habe sich in Sachen Wohnungen nicht kompromissbereit gezeigt. Eine Möglichkeit wäre gewesen, das Gebäude aufzuteilen. Schlechte Karten hat der Mediziner nach wie vor auch bei den Sozialdemokraten. Dort wird er demnächst vorsprechen. Der Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach sagt: „Wenn Herr Bowien an seinen Plänen nichts ändert, bleiben wir bei unserer Meinung.“ Die SPD wünscht sich mehr Kinder- und Augenärzte in Glinde statt Zahnmediziner. Bowien will sich zum Thema gegenüber dieser Zeitung erst nach dem Treffen mit den Sozialdemokraten äußern.
Er betreibt derzeit eine Praxis am Glinder Berg und will expandieren, das Personal deutlich aufstocken: unter anderem von derzeit drei auf bis zu zehn Zahnärzte. Für sie sind im Neubau 20 Behandlungszimmer vorgesehen. Auch eine Kieferorthopädie-Abteilung soll integriert werden.
Die Alternative sind elf neue Wohnungen
Was passiert jetzt mit dem Areal? „Wir sind in einer wartenden Position und noch in Gesprächen mit Herrn Bowien“, sagt Architekt Sven Kosemund, der Mann von Anna Siemers. Sie hat auf einem angrenzenden Grundstück an der Ecke zum Oher Weg bereits ein sechsgeschossiges Gebäude mit Wohnungen und Geschäften gebaut. In dem Haus mit Zahnzentrum sind alternativ elf Wohnungen skizziert. Kosemund: „Wir haben die Fläche nicht gekauft, um sie brach liegen zu lassen.“